Der Dorfpfarrer (German Edition)
Kerzen anzündete, wohin sie ihre Ex-voto und Blumen stellte. Im Hintergrunde des Kramladens führte eine wurmstichige Treppe in die beiden oberen Stockwerke, über denen sich ein Speicher befand. Das sich an zwei Nachbarhäuser lehnende Haus besaß keine Tiefe und erhielt sein Licht nur durch Fenster. Jedes Stockwerk enthielt nur zwei kleine Zimmer, deren jedes durch ein Fenster erhellt wurde; eines ging nach der Rue de la Cité, das andere nach der Rue de la Vieille-Poste hinaus. Besser hauste im Mittelalter ein Handwerker nicht. Augenscheinlich hatte das Haus ehemals Panzerhemdenmachern und Messerschmieden, irgendwelchen Handwerksmeistern gehört, deren Beruf das Tageslicht nicht scheute; unmöglich konnte man dort deutlich sehen, ohne daß die eisenbeschlagenen Fensterläden nach jeder Front hin aufgestoßen wurden, wo sich auf jeder Pfeilerseite wie bei vielen, an Straßenecken gelegenen Kramläden eine Tür befand. Bei jeder Türe begann nach einer schönen, im Laufe der Jahrhunderte abgenutzten Steinschwelle eine kleine Mauer in Brusthöhe, in der sich ein im Balken oben wiederholter Einschnitt befand, auf dem die Mauer jeder Fassade ruhte. Seit Menschengedenken schob man plumpe Fensterläden in diesen Einschnitt und befestigte sie mit übergroßen eisenverbolzten Bändern; dann befanden sich, nachdem beide Türen durch einen ähnlichen Mechanismus einmal geschlossen worden waren, die Kaufleute in ihren Häusern wie in einer Festung. Bei der Untersuchung des Inneren, das die Limousiner die ersten zwanzig Jahre dieses Jahrhunderts über mit altem Eisen, Kupfer, Spiralfedern, Radbändern, Glocken und allen Metallarten, welche Hausabbrüche liefern, vollgestopft sahen, bemerkten Leute, welche dies Ueberbleibsel der alten Stadt interessierte, den Platz eines Schmiederohrs, das durch einen langen Rußstreifen angezeigt wurde, eine Einzelheit, welche die Vermutungen der Archäologen über die anfängliche Bestimmung des Ladens bekräftigte. Im ersten Stock lagen ein Zimmer und eine Küche, im zweiten gab's zwei Kammern. Der Speicher diente als Lagerraum der Gegenstände, die sorgfältiger gearbeitet worden waren als die im Laden durcheinandergeworfenen.
Dies zuerst vermietete Haus wurde später von einem Manne namens Sauviat gekauft, einem Jahrmarktshändler, der von 1792 bis 1796 die Landstriche der Auvergne in einem Umkreis von fünfzig Meilen durchzog, wo er Töpfe, Schüsseln, Teller, Gläser, kurz alle für die ärmsten Haushalte notwendigen Sachen gegen altes Eisen, Kupfer, Blei, gegen alles Metall, unter welcher Form es sich verbarg, eintauschte. Der Auvergnate gab eine irdene Pfanne zu zwei Sous für ein Pfund Blei, oder für zwei Pfund Eisen, zerbrochene Spaten, zerschlagene Hacken, alte zerspaltene Fleischtöpfe her; und immer Richter in seiner eigenen Sache, wog er selber seinen Eisenkram ab. Vom dritten Jahre an verband Sauviat mit diesem Handel noch den mit Keßlerarbeit. 1793 konnte er ein auf Befehl der Nation zu verkaufendes Schloß erstehen und riß es nieder; den Gewinst, den er machte, wiederholte er zweifelsohne in mehreren Orten des Bereiches, in welchem er operierte; später brachten ihn diese Versuche auf den Gedanken, einem seiner Landsleute in Paris ein Geschäft großen Stils vorzuschlagen. So entsprang die durch ihre Verwüstungen so berüchtigte »schwarze Bande« in des alten Sauviats, des Jahrmarktshändlers, Gehirn, den ganz Limoges siebenundzwanzig Jahre über in jenem alten Kramladen inmitten seiner zerbrochenen Glocken, seiner eisernen Griffe, seiner Ketten, seiner Träger, seiner Dachrinnen aus gewundenem Blei, seines Alteisenkrams jeglicher Art gesehen hat. Man muß ihm die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß er niemals weder die Berüchtigung noch die Ausdehnung dieser Gesellschaft kannte; er benutzte sie nur im Verhältnis zu den Kapitalien, die er dem berühmten Hause Brézac anvertraut hatte. Als er es müde war, auf die Jahrmärkte und in die Dörfer zu ziehen, ließ er sich in Limoges nieder, wo er 1797 die Tochter eines verwitweten Kesselschmieds namens Champagnac geheiratet hatte. Als der Schwiegervater starb, kaufte er das Haus, wo er seinen Alteisenhandel festlegte, nachdem er ihn noch drei Jahre über in Gesellschaft seines Weibes im Herumziehen ausgeübt hatte. Sauviat näherte sich seinem fünfzigsten Lebensjahre, als er die Tochter des alten Champagnac heiratete, die ihrerseits nicht weniger als dreißig Jahre alt war. Weder schön noch hübsch war die Champagnac
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