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Der Dorfpfarrer (German Edition)

Der Dorfpfarrer (German Edition)

Titel: Der Dorfpfarrer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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in der Auvergne geboren und das Platt brachte sie einander um vieles näher; dann hatte sie jene derbe Figur, die Frauen den härtesten Arbeiten zu widerstehen erlaubt; auch begleitete sie Sauviat auf seinen Wegen. Sie trug Eisen oder Blei auf ihrem Rücken und fuhr den elenden Packwagen voll Töpfereien, mit denen ihr Ehemann einen heimlichen Wucher trieb. Braun, sonnenverbrannt, bei bester Gesundheit wie sie war, zeigte die Champagnac beim Lachen weiße, wie Mandeln lange und breite Zähne; endlich besaß sie den Oberkörper und die Hüften jener Frauen, welche die Natur dazu geschaffen hat, Mütter zu sein.
    Wenn dies kräftige Mädchen sich nicht eher verheiratet hatte, mußte man ihr Zölibat Harpagons »mitgiftlos« zuschreiben, dem ihr Vater nacheiferte, ohne Moliére je gelesen zu haben. Sauviat erschrak vor dem »mitgiftlos« nicht; außerdem durfte ein fünfzigjähriger Mann keine Schwierigkeiten machen, da sein Weib ihm die Kosten einer Magd ersparen sollte. Er fügte nichts zu dem Hausrat seines Zimmers hinzu, wo es von seinem Hochzeitstage an bis zu seinem Auszuge immer nur ein Himmelbett, das mit einem ausgeschlagenen Himmel und mit grünen Sergevorhängen geschmückt war, eine Truhe, eine Kommode, einen Sessel, einen Tisch und einen Spiegel gab, alles aus verschiedenen Räumlichkeiten zusammengetragen. Die Truhe enthielt in ihrer oberen Hälfte ein Zinngeschirr, dessen sämtliche Stücke untereinander verschieden waren. Nach dem Schlafzimmer kann jedweder sich die Küche vorstellen. Weder der Ehemann noch seine Frau konnten lesen, ein leichter Erziehungsfehler, der sie nicht hinderte, wunderbar zu rechnen und den blühendsten Handel zu treiben. Denn Sauviat kaufte keinen Gegenstand ohne die Gewißheit, ihn mit hundert Prozent Nutzen wieder verkaufen zu können. Um keine Bücher und keine Kasse führen zu müssen, bezahlte und verkaufte er alles gegen bar. Im übrigen hatte er ein so wunderbares Gedächtnis, daß seine Frau und er sich jedes Gegenstandes, mochte er auch fünf Jahre in seinem Laden bleiben, und bis auf den Heller auch seines Einkaufspreises zuzüglich der jährlichen Zinsen erinnerten. Außer der Zeit, wo sie sich um die Sorgen des Haushaltes kümmerte, saß die Sauviat immer auf einem schlechten Holzstuhl, an den Pfeiler ihres Kramladens gelehnt; die Vorübergehenden musternd, strickte sie, wachte über ihr altes Eisen und verkaufte, wog und lieferte es selbst ab, wenn Sauviat der Ankäufe wegen unterwegs war. Bei Tagesanbruch hörte man den Alteisenhändler seine Fensterläden öffnen, der Hund lief schnell in die Straßen, und bald erschien die Sauviat und half ihrem Manne auf die natürlichen Stützen, welche die kleinen Mauern auf der Rue de la Vieille-Poste und der Rue de la Cite bildeten, Glocken, alte Sprungfedern, Schellen, zerbrochene Gewehrläufe, den Lumpenkram ihres Handels stellen, die als Verkaufsschild dienten und dem Laden, in welchem es oft für zwanzigtausend Franken Blei, Stahl und Glocken gab, ein ziemlich klägliches Aussehen verliehen. Niemals sprachen weder der ehemalige Jahrmarktströdler noch seine Frau von ihrem Vermögen; lange Zeit über vermutete man, daß sie die Gold- und Talerstücke beschnitten. Als Champagnac starb, machten die Sauviat kein Inventar, mit Rattenklugheit durchwühlten sie alle Winkel seines Hauses, ließen es nackt wie einen Kadaver und verkauften selber die Keßlerarbeiten in ihrem Laden. Einmal jährlich, im Dezember, reiste Sauviat nach Paris und bediente sich dann der öffentlichen Post. Auch vermuteten die Aufpasser im Viertel, daß der Alteisenhändler, um seine Vermögensverhältnisse zu verbergen, sein Geld selber in Paris anlege. Später erfuhr man, daß er, der seit seiner Jugend mit einem der berühmtesten Metallhändler in Paris, Auvergnate wie er, verbunden war, seine Gelder in der Kasse des Hauses Brézac arbeiten ließ, der Hauptstütze jener berüchtigten, die »schwarze Bande« genannten Gesellschaft, die sich, wie gesagt wurde, nach Sauviats, eines der Teilhaber Rate dort bildete.
    Sauviat war ein kleiner dicker Mann mit müdem Gesicht, das mit einer rechtschaffenen Miene begabt worden war, welche die Käufer verführte, und dies Aussehen diente ihm dazu, vorteilhaft einzuhandeln. Die Trockenheit seiner Versicherungen, und die vollkommene Gleichgültigkeit seines Verhaltens kamen seinen Forderungen zugute. Seine dunkle Hautfarbe ließ sich unter dem metallischen und schwarzen Staube, mit dem seine krausen Haare und sein

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