Der Drache aus dem blauen Ei
paar Glückskekse. Baby-Bo half Lavundel dabei, seine Drachenhöhle leer zu räumen. Nur das Lavendelsäckchen durfte bleiben. Erst sah es ziemlich kahl aus, aber schon am Nachmittag erstrahlte Lavundels Heim in ganz neuem Glanz.
Sanft plätscherte Wasser im Zimmerbrunnen. Die Glückskekse hingen an Bindfäden direkt über dem Bett. Das Bett selbst war eine schöne blau-weiße Schale mit einer Matratze aus weichen, duftenden Lavendelsäckchen. Mama hatte einen grünen Seidenschal über den Käfig gebreitet. Und überall hingen Bilder von chinesischen Drachen, die Papa im Internet gefunden und ausgedruckt hatte. Jetzt blätterte er noch in einem Buch über chinesische Fabeltiere.
„Seht mal, Kinder“, sagte er. „In China besitzt der Drache die Merkmale mehrerer Tiere. Er hat ein Geweih wie ein Hirsch, einen Pferdekopf, den Hals einer Schlange, die Krallen eines Adlers, die Ohren einer Maus und Fischschuppen.“
„Nun, zumindest das mit den Schuppen stimmt“, sagte Mama.
„Und auch die chinesischen Drachen fliegen“, ergänzte Anja. „Im Lexikon steht: Sie schwingen sich hoch in den Himmel, schütteln die Wolken durch und lassen es regnen.“
„Na, da wird sich Frau Schreckschraube aber freuen“, sagte Alexander mit blitzenden Augen. „Vielleicht kann Lavundel es auch nur über einem einzigen Haus regnen lassen?“
Bei dieser Vorstellung brachen alle in Gelächter aus. Am Abend schließlich kochte Papa Reis und Bambussprossen mit Ananas und Hühnchenfleisch. In großer Runde saßen sie am Tisch und Lavundel in einer leeren Porzellanschale mitten unter ihnen.
Plötzlich sprang Mama noch einmal vom Tisch auf. „Wir müssen doch ein Foto machen!“, rief sie aus. „Wer weiß, ob er morgen immer noch grün ist!“
Gleich darauf kam sie mit der Kamera zurück und alle rückten gehorsam zusammen. Herr Meisenbeißer, der zu Besuch gekommen war, hob sogar Mogli hoch, der natürlich zappelte und jaulte.
„Ich zähle bis drei und dann sagt ihr ,China‘!“, befahl Mama gut gelaunt. „Eins, zwei, drei …“
„Chiiina!“, riefen alle.
„Uff“, machte Lavundel, als es blitzte. Alle brachen in Gelächter aus.
Bo-Frosch
Lavundel war auch am nächsten Tag noch grün. Aber beim Frühstück passierte gleich wieder eine Überraschung. Lavundel mochte seine heiße Milch nicht mehr. Er stellte sich richtig zimperlich an.
„Bäh! Eklig!“, sagte er und schüttelte sich.
„Dann eben nicht“, sagte Mama ungeduldig. „Er wird sich schon melden, wenn er Hunger bekommt. Wir färben jetzt erst einmal Ostereier.“
„Au ja!“, rief Yasemin. Da sie aus einer türkischen Familie kam, wurden bei ihr zu Hause keine Ostereier gefärbt. Aber ihr machte es Riesenspaß, die Farben zu mischen. Auch Anja, die gerne malte, freute sich schon. Nach kurzer Zeit standen Schalen mit Farben auf dem Tisch. Es gab Rosa, Hell- und Dunkelgrün, Lila, Blau, Gelb und Orange. Anja und Yasemin tunkten die noch warmen Eier in rotes und gelbes Wasser. Mama nahm das Schälchen mit der blauen Farbe. Doch als sie ein Ei grün-blau färben wollte, war komischerweise die grüne Farbe weg. Eben hatten die beiden Schälchen noch am Rand des Tisches gestanden. Jetzt waren sie verschwunden. Aber viel Zeit zum Wundern blieb Mama nicht. Denn sie musste Lavundel davon abhalten, in das Schälchen mit der gelben Farbe zu springen. Er war ganz aus dem Häuschen.
„Rut!“, rief er jedes Mal, wenn ein neues Ei Farbe bekommen hatte. „Rusa! Gelb!“
„Und Grün!“, krähte plötzlich jemand ganz stolz. Alle blickten zur Küchentür. „Um Himmels willen, Bo, was hast du denn gemacht!“, rief Mama entsetzt aus. Dabei sah es jeder auf den ersten Blick.
Lavundel begann zu lachen. „Au toll! Jetzt sind wir Zwullinge“, giggelte er.
Leider stimmte das. Der kleine Dieb hatte nämlich die grünen Farben stibitzt und sich das Grün ins Gesicht gerieben: Der Hals war grün, die Ohren, die Nase, die Hände. Sogar in die Haare hatte er sich die Farbe geschmiert! Lavundel sprang vom Tisch und kletterte an Bo hoch. Er hockte sich auf seine Schulter und streichelte bewundernd Bos grasgrün leuchtendes Ohr. „Glücksdruchen-Bo!“, piepste er ganz begeistert.
„Eher Frosch-Bo“, flüsterte Yasemin Anja zu und kicherte. „Jetzt kann er in der Sesamstraße auftreten.“
Mama wusste nicht, ob sie schimpfen oder lachen sollte. Schließlich entschied sie sich für einen tiefen Seufzer. „Los, ab ins Bad! Ich hoffe nur, wir bekommen die Farbe
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