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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Schultern. Aber das Licht nahm jetzt schnell ab, und er war sich nicht sicher – es konnte auch nur ein weiterer schwarzer Fleck sein, der vor seinen Augen tanzte.
    Er hatte Seitenstechen, als hätte jemand seine Rippen zwischen Rubens Schmiedezange geklemmt. Morgenes, der vorausgehumpelt war, hielt die Tür auf. Simon torkelte hinein, setzte Josua sorgsam ab und brach dann der Länge nach auf den kühlen Steinplatten zusammen, verschwitzt und atemlos. Um ihn drehte sich die Welt in schwindelerregendem Tanz.
    »Hier, Hoheit, trinkt das, hier, nehmt«, hörte er Morgenes sagen. Etwas später schlug Simon die Augen wieder auf und stützte sich auf einen Ellenbogen. Josua saß an die Wand gelehnt da; vor ihm hockte Morgenes mit einem braunen Tonkrug.
    »Besser?«, erkundigte sich der Doktor.
    Der Prinz nickte schwach. »Schon kräftiger. Dieser Trank schmeckt wie das, was Pryrates mir gab … nur nicht so bitter. Er meinte, ich würde zu schnell schwächer … sie brauchten mich heute Nacht.«
    »Brauchten Euch? Das hört sich nicht gut an … gar nicht gut.« Morgenes reichte Simon den Krug. Das Getränk warf Blasen und schmeckte sauer, aber es tat gut. Der Doktor spähte zur Tür hinaus und schob dann den Riegel ins Schloss.
    »Morgen ist Belthainnstag, der erste Maia«, sagte er. »Heute Nacht ist … heute Nacht ist eine besonders gefährliche Nacht, mein Prinz. Steinigungsnacht nennt man sie.«
    Simon fühlte, wie der Trank des Doktors auf dem Weg in seinen Magen angenehm brannte. Der Schmerz in seinen Gelenken ließ nach, als habe man einen festgezwirbelten Stoffstreifen ein oder zwei Umdrehungen gelockert. Er setzte sich auf; ihm war noch immer schwindlig.
    »Es beunruhigt mich, dass sie Euch ausgerechnet in solch einer Nacht ›brauchen‹«, wiederholte Morgenes. »Ich fürchte, es geht hier um weit Schlimmeres als nur die Gefangenschaft des königlichen Bruders.«
    »Der Kerker war schlimm genug.« Ein schiefes Grinsen verzerrte Josuas Züge und verschwand dann, um tiefen Sorgenfalten Platz zumachen. »Morgenes«, fuhr er gleich darauf mit unsicherer Stimme fort, »diese … diese Bastarde von Hurensöhnen haben meine Männer umgebracht. Es war ein Hinterhalt.«
    Der Doktor hob die Hand, als wollte er den Prinzen an der Schulter packen, ließ sie dann aber ungeschickt wieder sinken. »Gewiss, Herr, gewiss. Seid Ihr sicher, dass Euer Bruder dafür verantwortlich ist? Oder könnte Pryrates auf eigene Faust gehandelt haben?«
    Josua schüttelte müde den Kopf. »Ich weiß nicht. Die Männer, die uns überfielen, trugen keine Abzeichen, und nachdem man mich in dieses Loch gebracht hatte, sah ich nur noch den Priester, sonst niemanden … aber es kommt mir seltsam vor, dass Pryrates etwas Derartiges ohne Elias’ Zustimmung unternommen haben sollte.«
    »Das ist wahr.«
    »Aber wieso? Verdammt sollen sie sein, wieso? Ich trage kein Verlangen nach der Macht – eher das Gegenteil! Ihr wisst es, Morgenes. Warum also sollte er so etwas tun?«
    »Ich fürchte, mein Prinz, dass ich diese Frage im Augenblick auch nicht beantworten kann; aber ich muss gestehen, dass die ganze Angelegenheit meinen Verdacht in Bezug auf … andere Dinge … sehr stark bekräftigt. Andere … nördliche Dinge. Erinnert Ihr Euch, jemals von den Weißfüchsen gehört zu haben?« Morgenes’ Ton war bedeutungsschwer, aber der Prinz hob nur eine Braue und sagte nichts. »Ihr habt recht, wir haben jetzt keine Muße, uns über meine Befürchtungen zu unterhalten. Unsere Zeit ist knapp, es gibt Dringlicheres zu tun.«
    Morgenes half Simon, vom Boden aufzustehen, und begann dann herumzustöbern und nach etwas zu suchen. Der Junge stand da und betrachtete Prinz Josua, der mit geschlossenen Augen an der Wand lehnte, mit scheuen Blicken. Der Doktor kam mit einem Hammer, dessen Kopf vom häufigen Gebrauch rund geworden war, und einem Meißel zurück.
    »Schlag Josua die Ketten herunter, Junge, ja? Ich muss noch ein paar Sachen erledigen.« Eilig trottete er wieder fort.
    »Hoheit?«, sagte Simon ruhig und trat zu dem Prinzen. Josua schlug die trüben Augen auf und starrte zuerst auf den Jungen, dann auf die Werkzeuge in seiner Hand.
    Er nickte.
    Simon kniete neben dem Prinzen nieder und zerbrach mit ein paar scharfen Hieben das Schloss des Gurtes, der Josuas rechten Arm umspannte. Als er auf die linke Seite des Prinzen hinüberwechselte, öffnete Josua erneut die Augen und legte Simon abwehrend die Hand auf den Arm.
    »Nimm mir an dieser Seite nur die

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