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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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winselte Qantaqa und legte lauschend den Kopf auf die andere Seite. Binabik stellte vorsichtig seinen Rucksack ab, brachte die darin leise klappernden Knochen und Steine zum Schweigen und spitzte selber die Ohren.
    Gerade wollte der Troll, dem das Haar strähnig in die Augen hing, den Mund öffnen und etwas sagen, da hörte Simon es auch: ein dünnes, schwaches Geräusch, an- und abschwellend, als zöge eine Kette schreiender Gänse meilenhoch über ihnen vorbei, weit über den Wolken. Aber das Geräusch schien nicht vom Himmel zu kommen; vielmehr klang es, als rollte es den langen Gang zwischen Wald und Bergen hinunter, ob von Norden oder Süden, konnte Simon nicht sagen.
    »Was …?«, wollte er fragen. Qantaqa winselte erneut und schüttelte den Kopf, als sei ihr der Ton unangenehm in den Ohren. Der Troll hob die kleine braune Hand und lauschte einen weiteren Moment. Dann schulterte er seinen Rucksack wieder und winkte Simon, ihm zu den dämmrigen Ausläufern des Waldes zu folgen.
    »Hunde, denke ich«, erklärte er. Die Wölfin trottete in unregelmäßigen Ovalen um sie herum, kam näher und sprang wieder fort. »Mir scheint, sie sind noch weit weg, südlich der Berge … draußen in der Frostmark. Trotzdem, je schneller wir in den Wald kommen, desto besser …«
    »Vielleicht«, sagte Simon, der gut vorwärtskam, als er mit langen Schritten neben dem kleinen Mann herlief, der seinerseits halb trabte, »aber sie klangen anders als alle Hunde, die ich je gehört habe.«
    »Das«, grunzte Binabik, »ist auch mein Gedanke … und der Grund, weshalb wir so schnell laufen, wie wir können.«
    Simon dachte über Binabiks Worte nach und fühlte eine kalte Hand nach seinen Eingeweiden greifen.
    »Halt«, sagte er und hielt an.
    »Was tust du?«, zischte der Kleine. »Sie sind noch weit hinter uns, aber …«
    »Ruf Qantaqa.« Simon stand geduldig da. Binabik musterte ihn kurz und pfiff dann der Wölfin, die schon zu ihm zurücktrottete.
    »Ich hoffe, du wirst mir bald erklären …«, begann der Troll. Simon zeigte auf Qantaqa.
    »Reite auf ihr. Schnell, steig auf! Wenn wir uns beeilen müssen, kann ich rennen – aber deine Beine sind zu kurz.«
    »Simon«, sagte Binabik mit Zornfältchen um die Augen, »ich rannte über die schmalen Grate von Mintahoq, als ich noch ein kleines Kind war …«
    »Aber hier ist flacher Boden, und es geht bergab. Bitte, Binabik, du hast gesagt, wir müssten uns beeilen!«
    Der Troll sah ihn an, machte dann kehrt und schnalzte Qantaqa etwas zu, die sich sogleich im kargen Gras niederließ. Binabik warf ein Bein über ihren breiten Rücken und setzte sich zurecht, indem er ihr dickes Nackenfell als Sattelknopf benutzte. Wieder schnalzte er, und die Wölfin stand auf – erst mit den Vorder-, dann mit den Hinterfüßen –, wobei Binabik auf ihrem Rücken schwankte.
    » Ummu, Qantaqa«, befahl er kurz, und sie setzte sich in Marsch. Simon verlängerte seine Schritte und begann neben ihnen herzutraben. Sie konnten jetzt außer dem Geräusch ihrer eigenen Schrittenichts mehr hören, aber der Gedanke an das Heulen in der Ferne verursachte ein Prickeln in Simons Nacken, und Aldheortes dunkles Antlitz kam ihm immer mehr wie das Willkommenslächeln eines Freundes vor. Binabik duckte sich tief über Qantaqas Hals und wollte Simon lange Zeit nicht in die Augen sehen.
    Seite an Seite rannten sie den langen Hang hinunter. Endlich, als die flache, graue Sonne schon auf die Berge hinter ihnen zu sinken begann, erreichten sie die erste Baumreihe, eine Schar schlanker Birken – blasse Dienstmägde, die Besucher ins Haus ihres dunklen, alten Gebieters geleiteten.
    Obwohl es draußen in den Hügeln noch hell vom schräg einfallenden Sonnenlicht war, tauchten die Gefährten, sobald die Bäume über ihnen aufzuragen begannen, schon bald in eine düstere Dämmerung ein. Der weiche Waldboden dämpfte ihre Schritte, und sie rannten stumm wie Gespenster durch den schütteren äußeren Forst.
    Lichtstrahlen drangen wie Speere durch das Astwerk, und hinter ihnen stieg Staub auf, der glitzernd zwischen den Schatten schwebte.
    Simon wurde jetzt schnell müde. Schweiß rann ihm in schmutzigen Bächen über Gesicht und Hals.
    »Weiter müssen wir«, rief ihm Binabik von seinem schwankenden Halt auf Qantaqas Rücken zu. »Schon bald wird dieser Weg so zugewachsen und das Licht so schwach sein, dass keine Schnelligkeit möglich ist. Dann werden wir rasten.«
    Simon antwortete nicht, sondern kämpfte sich weiter. Sein

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