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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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darauf stieg der Rauch wieder auf wie gewöhnlich.
    Simon hatte den Atem angehalten. Jetzt stieß er die Luft aus. »Und weißt du jetzt, wo wir sind?«, fragte er. Binabik drehte sich um und lächelte zufrieden.
    »Morgengrüße. Ja, ich glaube, ich weiß es jetzt auf das hübscheste. Wir dürften kaum Schwierigkeiten, dafür aber einen langen Fußweg vor uns haben, bis wir Geloës Haus erreichen.«
    »Haus?«, fragte Simon. » Ein Haus im Aldheorte? Wie sieht es aus?«
    »Ah«, meinte Binabik, streckte die Beine aus und rieb sich die Waden, »es ist anders als alle Häuser, die du …« Er verstummte und starrte wie gebannt über Simons Schulter. Erschreckt fuhr der Junge herum, aber es war nichts zu sehen.
    »Was ist?«
    »Pssst.« Binabik starrte immer noch. »Dort. Hörst du?«
    Eine Sekunde später hörte er es: das ferne Gebell, das sie auf ihrem Weg durch die Grashügel zum Wald schon vernommen hatten. Simon fühlte, wie er eine Gänsehaut bekam.
    »Wieder die Hunde!«, sagte er. »Aber es hört sich an, als seien sie noch weit weg.«
    »Du begreifst noch nicht.« Binabik sah auf die Feuergrube, dann hinauf nach dem Morgenlicht, das durch die Baumwipfel heruntersickerte, rot wie Blut. »Sie sind in der Nacht an uns vorbeigezogen. Sie müssen die ganze Nacht gerannt sein. Und jetzt, wenn mir meine Ohren keinen Streich spielen, laufen sie wieder zu uns zurück!«
    »Wessen Hunde sind das?« Simon merkte, dass seine Handflächen feucht wurden von Schweiß, und wischte sie am Mantel ab. »Verfolgen sie uns? Sie können uns doch nicht im Wald jagen, oder?«
    Binabik scharrte mit seinem kleinen Stiefel die Federn auseinander und begann seinen Rucksack zu packen. »Ich weiß es nicht«, entgegnete er. »Ich kenne auf alle drei Fragen keine Antwort. Es ist eine Macht in diesem Wald, die Jagdhunde vielleicht verwirrt – gewöhnliche Hunde. Aber ich bezweifle, dass irgendein Baron aus dieser Gegend, der sich ein Jagdvergnügen machen will, seine Hunde die ganze Nacht lang rennen lässt, und ich habe noch nie von Hunden gehört, die dazu imstande wären.«
    Binabik rief Qantaqa. Simon setzte sich auf und zog rasch seine Stiefel an. Er fühlte sich am ganzen Körper wie zerschlagen und ahnte doch, dass er schon bald wieder würde rennen müssen.
    »Es ist Elias, nicht wahr?«, fragte er grimmig und zuckte zusammen, als er seinen mit Blasen bedeckten Fuß auf den Stiefelabsatz hinabschob.
    »Vielleicht.« Qantaqa trottete herbei, und Binabik warf ein Bein über ihren Rücken und zog sich hinauf. »Aber was macht den Gehilfen des Doktors so wichtig für ihn – und wo findet der König Hunde, die zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang zwanzig Meilen laufen?« Binabik setzte seinen Rucksack vor sich auf Qantaqas Rücken und reichte Simon seinen Wanderstab. »Bitte verlier ihn nicht. Ich wünschte, wir hätten für dich ein Pferd zum Reiten gefunden.«
    Die beiden stiegen den Hang hinunter bis an den Wasserlauf, dann auf der anderen Seite wieder nach oben.
    »Sind sie schon nah?«, fragte Simon. »Und wie weit ist es noch?«
    »Weder Hunde noch Haus sind nah«, erwiderte Binabik. »Ich werde neben dir herrennen, sobald Qantaqa müde wird. Kikkasut! «, fluchte er, »wie sehr ich mir doch ein Pferd wünsche!«
    »Ich auch«, keuchte Simon.
    So zogen sie den ganzen Morgen weiter nach Osten, immer tiefer in den Wald hinein. Sie stiegen Felsentäler hinauf und hinunter, und hinter ihnen wurde das Bellen minutenlang leiser, nur um dann nochlauter als zuvor wieder zu ertönen. Binabik hielt Wort und sprang von Qantaqas Rücken, als die Wölfin langsamer wurde. Nun trottete er neben ihr her, und seine kurzen Beine benötigten zwei Schritte für jeden Schritt Simons. Er hatte die Zähne entblößt, und seine Wangen blähten sich beim Ausatmen.
    Als die Sonne bereits recht hoch am Himmel stand, hielten sie an, um Wasser zu trinken und sich ein wenig auszuruhen. Simon riss von seinen beiden Päckchen Streifen ab, um die Blasen an seinen Fersen zu verbinden. Dann gab er Binabik die Bündel, damit er sie in seinen Rucksack steckte; er hielt es einfach nicht mehr aus, sie beim Gehen und Rennen gegen seinen Oberschenkel schlagen zu fühlen. Als sie sich mit den letzten muffigen Tropfen aus dem Wasserschlauch die Backentaschen ausspülten und mühsam wieder zu Atem kamen, war das Geräusch der Verfolger wieder zu hören. Diesmal klang der unverwechselbare Lärm der Hunde so viel näher, dass sie sich sofort, wenn auch schwankend,

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