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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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dachte, Prinz Josua wollte gar nicht König werden«, wandte Simon ein.
    »Will er auch nicht. Aber Elias gehört nicht zu den Menschen, die das begreifen. Ehrgeizige Männer glauben nie, dass andere anders sind. Außerdem hat er Pryrates neben sich, der ihm mit seiner Schlangenzunge giftigen Rat ins Ohr träufelt.«
    »Aber sind Josua und der König nicht schon jahrelang verfeindet? Lange bevor Pryrates auftauchte?«
    Sangfugol nickte. »Es hat eine Menge Zwistigkeiten zwischen beiden gegeben. Einst liebten sie einander und standen sich näher als die meisten Brüder – wenigstens erzählen es Josuas ältere Gefolgsleute so. Aber sie gerieten in Streit, und dann starb Hylissa.«
    »Hylissa?«
    »Elias’ Nabbanai-Gemahlin. Josua sollte sie zu Elias bringen, der damals noch ein Prinz war und für seinen Vater in den Thrithingen Krieg führte. Räuber aus den Thrithingen überfielen den Geleitzug.
    Josua verlor bei Hylissas Verteidigung die Hand, vergeblich – die Räuber waren zu viele.«
    Simon stieß einen tiefen Atemzug aus. »Also so ist das passiert!«
    »Damit war alle Liebe zwischen ihnen gestorben … so heißt es jedenfalls.«
    Nachdem er eine Weile über Sangfugols Worte nachgedacht hatte, stand Simon auf und reckte sich; die wunde Stelle an seinen Rippen stach und warnte. »Und was wird Prinz Josua nun unternehmen?«, fragte er.
    Der Harfner kratzte sich am Arm und starrte in den Burganger hinunter. »Ich habe keine Ahnung. Prinz Josua ist vorsichtig und entschließt sich schwer zum Handeln; außerdem zieht man mich in der Regel nicht hinzu, wenn es um strategische Probleme geht.« Er lachte leise. »Man redet davon, dass wichtige Gesandte zu uns kommen und dass Josua in den nächsten sieben Tagen einen formellen Raed einberufen wird.«
    »Einen was?«
    »Einen Raed. Das ist die alte erkynländische Bezeichnung für so etwas wie eine Ratsversammlung. Die Leute hier bei uns neigen dazu, an überkommenen Bräuchen festzuhalten. Draußen im Land, weiter weg von der Burg, benutzen viele noch die alte Sprache. Ein Hochhorstmann wie du würde wahrscheinlich einen einheimischen Übersetzer brauchen.«
    Simon wollte sich durch Reden über ländliche Sonderbarkeiten nicht ablenken lassen. »Eine Ratsversammlung, sagt Ihr … ein … ein Raed? Könnte es ein … Kriegsrat sein?«
    »Heutzutage«, erwiderte der Musikant, und erneut war sein Gesicht düster, »heutzutage dürfte jede Ratsversammlung in Naglimund ein Kriegsrat sein.«Sie gingen auf der Festungsmauer entlang.
    »Ich bin überrascht«, bemerkte Sangfugol, »dass mein Gebieter dich trotz der großen Dienste, die du ihm erwiesen hast, noch nicht zur Audienz berufen hat.«
    »Ich habe heute Morgen erst das Bett verlassen«, antwortete Simon. »Außerdem hat er mich vielleicht gar nicht erkannt … auf einer dunklen Lichtung, neben einem sterbenden Riesen, in dem ganzen Durcheinander.«
    »Vermutlich hast du recht«, sagte der Harfner und hielt seine Mütze fest, die sich nach Kräften bemühte, mit dem Wind davonzufliegen.
    Trotzdem, dachte Simon, wenn Marya ihm die Botschaft der Prinzessin überbracht hat, sollte sie doch wohl ihre Gefährten erwähnt haben. Ich kann nicht glauben, dass sie uns einfach vergisst.
    Aber er musste gerecht sein: Welches Mädchen, das plötzlich aus einer feuchten und gefährlichen Wildnis gerettet wird, würde seine Zeit nicht lieber mit den Edelleuten der Burg verbringen als mit einem mageren Küchenjungen?
    »Ihr habt nicht zufällig das Mädchen Marya gesehen, das mit uns hierherkam?«, erkundigte er sich.
    Sangfugol schüttelte den Kopf. »Jeden Tag kommen neue Leute zum Tor herein. Und nicht nur solche, die von den Höfen und aus den Dörfern der Umgebung zu uns fliehen. Gestern Nacht trafen die Vorreiter von Prinz Gwythinn von Hernystir ein, auf schäumenden Rossen. Der Prinz und sein Gefolge müssten heute Abend ankommen. Seit einer Woche ist Herr Ethelferth von Tinsett hier, mit zweihundert Männern. Gleich nach ihm kam Baron Ordmaer mit hundert Männern aus Utersall. Andere Adlige aus der ganzen Gegend finden sich mit ihrem Aufgebot ein. Die Jagd hat begonnen, Simon, auch wenn Ädon allein weiß, wer hier wen jagt.«
    Sie hatten den Nordostturm der Mauer erreicht. Sangfugol grüßte lässig den jungen Soldaten, der hier patrouillierte. Hinter seiner graugewandeten Schulter ragte die Masse des Weldhelms auf; die schweren Berge schienen zum Greifen nah.
    »Aber auch wenn er sehr beschäftigt ist«, begann der Harfner

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