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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Soldaten angefeuert hatte, warf ihm einen fröhlichen Blick zu.
    »Und weißt du, was er um den Hals gehabt hat?«, fragte er. Simon, auf beiden Seiten eingezwängt, schüttelte den Kopf. »Schädel !«, rief der Mann so zufrieden, als hätte er sie selber dem toten Riesen geschenkt. »Wie’n Halsband hat er sie getragen. Gibt ihnen ein ädonitisches Begräbnis, der Prinz – obwohl kein Schwein weiß, wem sie mal gehört haben.« Er wandte sich wieder dem Schauspiel zu.
    Inzwischen hatten mehrere Soldaten die Spitze des Scheiterhaufens erklettert und halfen den Trägern, den schweren Körper zurechtzulegen. Als sie ihn mühsam so zurechtgerückt hatten, dass der Riese ganz oben und auf dem Rücken lag, zogen sie den Pfahl zwischen den gekreuzten Armen und Beinen heraus und stiegen dann alle zusammen nach unten. Als der letzte Mann heruntersprang, rutschte der große Körper ein Stückchen nach vorn, und die plötzliche Bewegung ließ eine Frau aufschreien. Mehrere Kinder fingen an zu heulen. Ein Offizier im grauen Mantel schrie einen Befehl. Einer der Soldaten beugte sich vor und stieß eine Fackel tief in die Strohbündel hinein, die man rund um den Holzstoß gelegt hatte. Die Flammen, in der späten Nachmittagssonne merkwürdig farblos, begannen um das Stroh zu züngeln und auf der Suche nach kräftigerer Nahrung in die Höhe zu greifen. Rauchfahnen umwehten die Gestalt des Riesen, und sein zottiger Pelz wehte im Luftzug wie trockenes Sommergras.
    Da! Simon hatte sie wieder gesehen, dort drüben hinter dem Scheiterhaufen.
    Bei dem Versuch, sich vorwärtszudrängen, rannte ihm jemand, der um einen guten Aussichtsplatz kämpfte, einen spitzenEllenbogen in die Rippen. In ohnmächtigem Zorn blieb er stehen und starrte die Stelle an, an der er sie entdeckt zu haben glaubte.
    Und dann sah er sie wirklich und erkannte, dass es nicht Marya war. Diese Schwarzhaarige, in einen düsteren, wundervoll genähten Mantel gehüllt, war gewiss zwanzig Jahre älter. Aber schön war sie, sehr schön, mit einer Haut wie Elfenbein und großen, schrägen Augen.
    Während Simon sie so betrachtete, schaute sie ihrerseits auf den brennenden Riesen, dessen Haare sich jetzt zu kräuseln und schwarz zu werden begannen, als das Feuer den Stapel aus Fichtenstämmen immer höher hinaufstieg. Rauch wallte auf und bildete einen Vorhang, der sich vor Simons Blick legte; er fragte sich, wer sie wohl sein mochte und warum sie, während überall ringsum das Volk von Naglimund johlte und die Fäuste nach der Rauchsäule reckte, mit so traurigen, zornigen Augen in die Flammen starrte.

31
Der Rat des Prinzen

    bwohl er bei seinem Spaziergang mit Sangfugol über die Burgmauern ziemlichen Hunger gehabt hatte, stellte Simon fest, dass dieser Appetit verschwunden war, als Vater Strangyeard zu ihm kam, um ihn in die Küche zu führen und damit – leicht verspätet – einzulösen, was er am Morgen versprochen hatte. Der Gestank der Verbrennung vom Nachmittag haftete noch immer in seiner Nase; als er hinter dem Burgarchivar hertrottete, konnte er den klebrigen Rauch fast noch am Körper spüren.
    Nachdem Simon ziemlich lustlos in einem Teller mit Brot und Wurst herumgestochert hatte, den eine gestrenge Küchenfrau barsch vor ihn hingestellt hatte, gingen die beiden wieder über den nebligen Burganger zurück, und Strangyeard tat sein Bestes, um ein Gespräch in Gang zu halten.
    »Vielleicht bist du einfach … einfach müde, Junge. Ja, das wird es sein. Dein Appetit wird bestimmt bald zurückkehren. Junge Leute haben immer Hunger.«
    »Gewiss habt Ihr recht, Vater«, entgegnete Simon. Er war tatsächlich müde, und manchmal war es einfacher, wenn man nur beipflichtete, anstatt lange Erklärungen abzugeben. Außerdem wusste er selbst nicht recht, warum er sich so erschöpft und leer fühlte.
    So wanderten sie eine Weile durch den dämmrigen Innenbereich der Burg, bis der Priester endlich sagte: »Ach … was ich dich noch fragen wollte … ich hoffe, du hältst mich nicht für gierig …«
    »Ja?«
    »Nun … Binbines … das heißt, Binabik … er hat mir von einem … einem gewissen Manuskript erzählt. Einer Handschrift von DoktorMorgenes von Erchester. So ein großer Mann, solch tragischer Verlust für die Gemeinschaft der Gelehrten …«
    Strangyeard schüttelte sorgenvoll den Kopf und vergaß dann anscheinend, wonach er gefragt hatte, denn er legte in trübem Sinnen mehrere weitere Schritte zurück. Endlich fühlte Simon sich veranlasst, das Schweigen

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