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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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war nichts zu erkennen. Er drehte sich um und richtete den Hackklotz auf, drückte ihn fest in die morastige Grubenwand und ging dann wieder zu Qantaqa. Er legte die Arme um ihren Leib und nötigte sie dazu aufzustehen.
    »Er ist verrückt, stimmt’s?«, fragte der sauertöpfische Mann Sangfugol halb im Flüsterton.
    »Halt den Mund«, knurrte Simon und musterte seine sauberen Stiefel und Kleider, die schon längst mit Schlamm beschmiert waren. »Nimm das Seil und zieh, wenn ich es sage. Sangfugol, schneidet ihm den Kopf ab, wenn er trödelt!«
    »Nun aber!«, meinte der Mann vorwurfsvoll, griff aber nach dem Seil. Der Harfner stellte sich hinter ihn, um zu helfen. Simon drängte Qantaqa auf den Baumstumpf zu und überredete sie endlich, die Vorderbeine darauf zu stellen. Dann schob er seine Schulter unter ihr breites, pelzfransiges Hinterteil.
    »Fertig. Jetzt zieht!«, rief er. Das Seil straffte sich. Zuerst wehrte sich Qantaqa gegen die vereinte Kraft der Männer, die sie hochhieven wollten. Ihr beträchtliches Gewicht sackte auf Simon nieder, dessen Füße im Schlamm unter ihm wegzurutschen begannen. Gerade, als er das Gefühl bekam, darin zu versinken und von einem großen Wolf in einer Schlammgrube erdrückt zu werden, gab Qantaqa nach und folgte dem Zug des Seils. Simon glitt zwar trotzdemaus, sah jedoch befriedigt, wie die Wölfin strampelnd über den Rand der Grube kletterte. Von dem Stallknecht und Sangfugol kam ein Aufschrei der Überraschung und Bestürzung, als ihr gelbäugiger Kopf über der Kante auftauchte.
    Simon kletterte mit Hilfe des Blockes ebenfalls heraus. Der Stallknecht wich verängstigt vor der Wölfin zurück, die ihn boshaft musterte. Und auch Sangfugol, der nicht weniger beunruhigt aussah, rutschte vorsichtig auf dem Gesäß von ihr fort und achtete dabei gar nicht auf seine prächtigen Gewänder.
    Simon lachte und half dem Harfner auf die Füße. »Kommt mit«, sagte er. »Wir liefern Qantaqa bei ihrem Freund und Herrn ab, den Ihr ohnehin kennenlernen solltet – und dann nichts wie auf zum Essen, von dem wir gesprochen haben …«
    Sangfugol nickte langsam. »Nachdem ich jetzt Simon, den Gefährten der Wölfe, gesehen habe, sind ein paar andere Dinge leichter zu glauben. Unbedingt. Gehen wir.«
    Qantaqa stieß den am Boden dahingestreckten Stallknecht ein letztes Mal mit der Nase an und entlockte ihm ein angstvolles Wimmern. Simon band ihr Seil von dem Pfahl los, und sie machten sich auf den Weg durch die Stallungen, vier Paar schlammige Fußspuren hinter sich herziehend.
    Während Binabik und Qantaqa ihr Wiedersehensfest feierten, gab sich Simon alle Mühe, den noch immer geschwächten Troll vor den ungestümen Freudenausbrüchen seines Reittieres zu beschützen. Sangfugol schlüpfte derweil in die Küche und kehrte schon bald mit einem Bierkrug und einer stattlichen, in ein Tuch gewickelten Portion Hammelfleisch, Käse und Brot zurück. Zu Simons Überraschung trug er noch immer dieselben schlammbespritzten Kleider.
    »Die südliche Festungsmauer, auf der wir speisen wollen, ist recht staubig«, erklärte der Harfner. »Und der Teufel soll mich holen, wenn ich mir heute noch ein zweites Wams ruiniere.«
    Als sie sich dem Haupttor der Burg näherten, von dem eine steile Treppe zu den Zinnen führte, machte Simon eine Bemerkung über die vielen Menschen, die sich auf dem Burganger drängten, und die über die Freifläche verstreuten Zelte und Hütten.
    »Zuflucht suchen sie, jedenfalls viele von ihnen«, erläuterte Sangfugol. »Der größte Teil kommt aus der Frostmark und dem Tal des Grünwate-Flusses. Ein paar sind auch aus Utanyeat; solche, die Graf Guthwulfs Hand ein wenig zu streng gefunden haben. Aber die meisten sind durch Räuber oder das Wetter aus ihrer Heimat vertrieben worden. Oder durch noch andere Dinge – wie die Hunen .« Er deutete im Vorbeigehen auf den fertigen Scheiterhaufen. Die Männer hatten sich entfernt; der Holzstoß erhob sich stumm und bedeutungsschwer wie eine zerstörte Kirche.
    Oben auf der Mauer setzten sie sich auf die roh behauenen Steine. Die Sonne stand hoch am Himmel und brannte durch die wenigen noch übrigen Wolken heiß auf sie herunter. Simon wünschte, er hätte einen Hut.
    »Entweder du oder sonst jemand hat gutes Wetter mitgebracht.«
    Sangfugol öffnete sein Wams der warmen Luft. »Es war das sonderbarste Maia-Wetter, seit ich mich erinnern kann – Schneetreiben in der Frostmark, kalter Regen in Utanyeat … und Hagel! Vor zwei Wochen

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