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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Versuch, das Fleisch der Kastaniezu essen, Finger und Zungen verbrannt hatten, kapitulierten sie und blieben stehen, um den komischen Streit zwischen einem Weinhändler und einem Gaukler, der den Eingang des Weinladens versperrte, zu verfolgen, während sie darauf warteten, dass ihr Einkauf abkühlte.
    Als Nächstes sahen sie einem Usires-Spiel zu, das vor einer Meute kreischender Kinder und hingerissener Erwachsener aufgeführt wurde. Die Puppen hüpften auf und ab und machten ihre Verbeugungen; Usires in seinem weißen Gewand wurde vom Imperator Crexis verfolgt, der Ziegenhörner und einen Bart trug und mit einer langen Hellebarde mit Widerhaken an der Spitze umherfuchtelte. Endlich wurde Usires gefangen genommen und am Richtbaum aufgehängt. Crexis sprang mit schrillen Rufen um den Baum herum und stach und quälte den an das Holz genagelten Erlöser. Die Kinder, in wilder Aufregung, schrien dem Bocksprünge machenden Imperator Beschimpfungen zu.
    Cadrach stieß Simon in die Seite. »Siehst du?«, fragte er und zeigte mit einem dicken Finger auf die Vorderseite der Puppenbühne. Der Vorhang, der bis auf den Boden hinunterhing, wogte wie von einer starken Brise bewegt. Wieder stieß Cadrach Simon an.
    »Würdest du nicht auch sagen, dass das eine großartige Darstellung Unseres Herrn ist?«, fragte er, den Blick unverwandt auf das flatternde Tuch gerichtet. Oben tanzte Crexis herum, und Usires litt. »Während der Mensch seine Vorstellung gibt, bleibt der Spielleiter unsichtbar; wir kennen ihn nicht von Angesicht, sondern erkennen ihn nur an der Art, wie seine Puppen sich bewegen. Und manchmal bewegt sich ganz leicht der Vorhang, der ihn vor seinem getreuen Publikum verbirgt. Ach, und wie dankbar sind wir schon für die bloße Bewegung hinter dem Vorhang – dankbar!«
    Simon glotzte. Endlich löste Cadrach den Blick vom Puppentheater und sah Simon in die Augen. Ein seltsames, trauriges Lächeln kräuselte den Mundwinkel des Mönchs und passte ausnahmsweise zum Ausdruck seiner Augen.
    »Ach, Junge«, erklärte er, »was solltest du auch schon von Fragen der Religion verstehen?«Noch eine Weile schlenderten sie auf und ab, bis Bruder Cadrach sich endlich mit vielem Dank für die Gastfreundschaft von dem jungen Mann verabschiedete. Als der Mönch gegangen war, streunte Simon noch lange ziellos umher, und frühe Dunkelheit bedeckte bereits den Himmel, der durch die Löcher im Zeltdach zu sehen war, als ihm endlich sein Auftrag wieder einfiel und er zur Bude des Gewürzkrämers eilte. Dort entdeckte er, dass sein Geldbeutel verschwunden war.
    Simons Herz schlug mit dreifacher Geschwindigkeit, als er voller Panik zurückdachte. Er wusste, dass er den Beutel noch am Gürtel gespürt hatte, als Cadrach und er stehen geblieben und Maronen gekauft hatten; aber er konnte sich nicht erinnern, ob er ihn im weiteren Verlauf des Nachmittags noch gehabt hatte. Wann immer er aber auch weggekommen war, jetzt war er jedenfalls nicht mehr da – und mit ihm nicht nur sein eigenes Fithingstück, sondern auch die beiden Pfenninge, die Judith ihm anvertraut hatte!
    Vergeblich suchte er den Markt ab, bis die Himmelslöcher so schwarz geworden waren wie ein alter Kessel. Der Schnee, den er vorher kaum wahrgenommen hatte, schien ihm sehr kalt und sehr nass, als er mit leeren Händen auf die Burg zurückkehrte.
    Schlimmer als eine Tracht Prügel war, wie Simon herausfand, als er ohne Gewürze und Geld sein Heim erreichte, der enttäuschte Blick der guten, dicken, mehlbestäubten Judith. Auch Rachel bediente sich dieses unfairsten aller Schachzüge, indem sie ihm keine schmerzhaftere Strafe auferlegte als ihren angewiderten Gesichtsausdruck, voller Abscheu über sein kindisches Benehmen, und ihm versprach, dass er sich »die Finger bis auf die Knochen abarbeiten« würde, um das Geld wieder zu verdienen. Selbst Morgenes, zu dem Simon in halber Hoffnung auf Mitgefühl lief, schien über die Unachtsamkeit des Jungen ein wenig überrascht zu sein. Insgesamt hatte Simon, auch wenn ihm die Prügel erspart geblieben waren, sich noch nie so elend gefühlt und sich selbst derartig bedauert.

    Sonntag kam und ging, ein dunkler, matschiger Tag, an dem sich der größte Teil der Dienerschaft auf dem Hochhorst in der Kapelle aufzuhalten und ein Gebet für König Johan zu sprechen schien. Simon hatte genau dieses juckende, gereizte Gefühl, bei dem man am liebsten gegen irgendetwas treten möchte, das er normalerweise durch einen Besuch bei Morgenes oder

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