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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Schmerzes. »Drei Nächte und zwei Tage hing ich in der Falle jenes Sterblichen. Bald wäre ich gestorben, auch dann, wenn der Holzfäller nicht gekommen wäre – vor Scham.« Seine Miene änderte sich, als habe er über seine Verletzlichkeit einen Deckel geschlossen. »Nun kommt«, sagte er, »wir müssen euch zu essen geben. Es ist bedauerlich, dass wir euch nicht so gute Dinge vorsetzen können, wie ich es gern täte, aber wir bringen nur wenig mit in unsere«, er machte eine weit ausholende Geste, während er das passende Wort suchte, »… Jagdhütte.« Obwohl er die Westerlingsprache wesentlich geläufiger sprach, als Simon es bei ihrer ersten Begegnung für möglich gehalten hätte, zeigte seine Redeweise doch etwas Zögerliches und zugleich Übergenaues, das darauf hindeutete, wie fremdartig die Sprache ihm erscheinen musste.
    »Ihr seid … zum Jagen hier?«, fragte Simon, während Jiriki sie ansFeuer führte und dort Platz nehmen ließ. »Was jagt Ihr? Die Berge kommen mir jetzt so leer vor.«
    »Ah, aber das Wild, das wir suchen, ist zahlreicher denn je«, antwortete Jiriki und schritt an ihm vorbei auf eine Reihe von Gegenständen zu, die, zugedeckt mit einem schimmernden Tuch, an einer Wand der Höhle aufgestellt waren.
    Der grüngekleidete, rothaarige Sitha stand vom Spieltisch auf, an dem An’nai Jirikis Platz eingenommen hatte, und sagte etwas in der Sithisprache, das fragend, vielleicht auch zornig klang.
    »Ich will unseren Besuchern nur unsere Jagdbeute zeigen, Onkel Khendraja’aro«, erklärte Jiriki munter, aber wieder schien es Simon, als sei das Lächeln des Sitha unvollständig.
    Jiriki kniete geschmeidig neben dem Tuch nieder, als lande ein Seevogel. Mit einer schwungvollen Bewegung zog er es fort und enthüllte ein halbes Dutzend große, weißhaarige Köpfe, die toten Gesichter zu geiferndem Hass erstarrt.
    »Bei Chukkus Eiern!«, fluchte Binabik. Die anderen schnappten nach Luft.
    Simon brauchte einen entsetzten Augenblick, bis er die lederhäutigen Züge erkannte.
    »Riesen!«, stammelte er endlich. »Hunen!«
    »In der Tat«, erwiderte Prinz Jiriki und drehte sich zu ihm um. In seiner Stimme blitzte etwas Bedrohliches auf. »Und ihr, sterbliche Eindringlinge … was jagt ihr in meines Vaters Bergen?«

38
Uralte Lieder

    eornoth erwachte in eisiger Dunkelheit. Er schwitzte. Draußen zischte und heulte der Wind und krallte sich in die Fensterläden wie ein Schwarm einsamer Toter. Deornoths Herz blieb fast stehen, als er eine dunkle Gestalt vor sich stehen sah, ein scharfer Umriss vor der Glut im Kamin.
    »Hauptmann!« Es war einer seiner Männer, Panik in der flüsternden Stimme. »Jemand kommt auf das Tor zu! Bewaffnete!«
    »Gottes Baum !«, fluchte er und zwängte sich in die Stiefel. Er warf das Kettenhemd über den Kopf, packte Schwertscheide und Helm und folgte dem Soldaten nach draußen.
    Vier weitere Männer kauerten, hinter die Brüstung geduckt, auf der obersten Plattform des Torhauses. Der Wind warf Deornoth fast um. Hastig ließ er sich in die Hocke fallen.
    »Dort, Hauptmann!« Es war der Mann, der ihn geweckt hatte. »Sie kommen durch den Ort, die Straße hoch!« Er beugte sich an Deornoth vorbei nach vorn und deutete mit dem Finger.
    Das Mondlicht, das durch die vorüberströmenden Wolken drang, versilberte das schäbige Stroh auf den dicht aneinandergedrängten Hausdächern der Stadt Naglimund. Tatsächlich gab es eine Bewegung auf der Straße, ein kleiner Trupp Berittener, vielleicht ein Dutzend stark.
    Die Männer auf dem Torhaus beobachteten, wie die Reiter näher kamen. Einer der Soldaten stöhnte leise auf. Auch Deornoth empfand die Notwendigkeit, abwarten zu müssen, wie einen Schmerz. Besser war es, wenn die Hörner gellten und das Schlachtfeld voller Rufe war.
    Es ist das Warten, das uns alle so entmutigt, dachte Deornoth. Wennsie erst wieder Blut geleckt haben, werden unsere Naglimunder sich wacker schlagen.
    »Es müssen noch mehr sein; sie haben sich versteckt!«, flüsterte ein anderer Soldat. »Was sollen wir tun?« Selbst im Schreien des Windes kam seine Stimme ihnen laut vor. Wie konnten die Reiter dort unten sie nicht hören?
    »Nichts«, erklärte Deornoth fest. »Abwarten.«
    Es schien Stunden zu dauern, bis die Reiter näher kamen. Der Mond ließ die Speerspitzen und Helme aufblitzen, als die schweigenden Männer vor dem schweren Tor die Pferde zügelten und dasaßen, als lauschten sie auf etwas. Einer der Torwächter stand auf, spannte den Bogen und

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