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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schüttelte den Kopf. »Und was haben sie hier? Einen Palast!«
    Etwa ein Dutzend Sithi – soweit Simon auf Anhieb erkennen konnte, alles Männer – hielten sich in der Höhle auf. Mehrere hatten sich schweigend vor einem Paar niedergelassen, das auf einem hohen Felsblock saß. Der eine hielt ein langes, flötenähnliches Instrument, während der andere sang. Die Musik klang so seltsam in Simons Ohren, dass er ein Weilchen brauchte, um Stimme und Flöte voneinander zu unterscheiden und beide gegen die fortdauernde Melodie des Wasserfalles abzugrenzen. Aber das zarte, trillernde Lied, das sie spielten, griff ihm so schmerzlich ans Herz, dass seine kurzen Nackenhaare sich sträubten. So fremdartig es sich auch anhörte, es lag etwas darin, das ihn wünschen ließ, gleich hier niederzusinken und sich nicht mehr zu rühren, solange die sanfte Musik weiterspielte.
    Die nicht um die Musizierenden Versammelten unterhielten sich leise oder lagen einfach auf dem Rücken und blickten nach oben, als könnten sie durch das massive Gestein des Berges in den Nachthimmel darüber sehen. Die meisten drehten sich einen Augenblick um und warfen einen prüfenden Blick auf die Gefangenen am Höhleneingang, gerade so, wie ein Mann, der eben einer guten Geschichtelauscht, vielleicht den Kopf hebt und einer vorbeilaufenden Katze nachschaut.
    Simon und seine Gefährten, von niemandem auf einen solchen Anblick vorbereitet, waren mit großen Augen stehen geblieben. Der Anführer ihrer Bewacher durchquerte den Raum. An der gegenüberliegenden Wand saßen an einem Tisch, der aus einem glänzend weißen, oben abgeflachten, hohen Steinknollen bestand, zwei weitere Sithi. Sie saßen einander gegenüber und starrten angestrengt auf die ebenfalls von einer der seltsamen Lampen erhellte Tischplatte. Der Waldhüter blieb stehen und verharrte wortlos in einiger Entfernung, als warte er darauf, bemerkt zu werden.
    Der Sitha, der den Gefährten den Rücken zukehrte, trug eine wundervolle laubgrüne Jacke mit hohem Kragen, dazu Hosen und hohe Stiefel in derselben Farbe. Sein langes, geflochtenes Haar war von noch feurigerem Rot als Simons, und seine Hände, mit denen er etwas über die Tischplatte bewegte, glitzerten von Ringen. Ihm gegenüber saß ein anderer, der gespannt die Bewegungen seiner Hand beobachtete. Dieser zweite war in ein loses, weißes Gewand gehüllt, das er von den mit Armbändern geschmückten Unterarmen zurückgestreift hatte. Sein Haar zeigte die blasse Tönung bläulichen Heidekrautes und war von einer glitzernden Krähenfeder geschmückt. Noch während Simon zu ihm hinübersah, blitzten die Zähne des Weißgekleideten; er sagte etwas zu dem Mann auf der anderen Tischseite, griff dann nach unten und schob irgendetwas nach vorn. Simon blinzelte: Ja, es war der Sitha, den er aus der Falle des Kätners befreit hatte. Er war sich ganz sicher.
    »Das ist er!«, flüsterte er Binabik erregt zu. »Der, dem der Pfeil gehört.«
    Noch während er das sagte, näherte sich ihr Wärter dem Tisch, und der von Simon Wiedererkannte schaute auf. Der Sitha sprach ein paar schnelle Worte, aber der Weißgekleidete warf den Gefangenen nur einen kurzen Blick zu, machte eine entlassende Handbewegung und widmete seine Aufmerksamkeit wieder dem, was Simon jetzt entweder als Landkarte oder ein Spielbrett ausmachte. Sein rothaariges Gegenüber drehte sich nicht einmal um, und gleich darauf kam ihr Ergreifer wieder zu ihnen.
    »Ihr müsst warten, bis der edle Jiriki fertig ist.« Er richtete den ausdruckslosen Blick auf Simon. »Weil dir der Pfeil gehört, darfst du dich ohne Fesseln bewegen. Die anderen müssen gebunden bleiben.«
    Simon, nur einen Steinwurf von dem Mann entfernt, der sich zu seinem Schuldner erklärt hatte, ohne dass dieser ihn überhaupt beachtete, war in Versuchung, sich durchzudrängen und dem weißgekleideten Sitha unmittelbar gegenüberzutreten – Jiriki oder wie er hieß. Binabik, der seine Anspannung spürte, stieß ihn warnend an.
    »Wenn die anderen gefesselt bleiben müssen, will ich es auch«, antwortete Simon endlich. Zum ersten Mal sah er etwas Unerwartetes über das Gesicht des Sitha huschen: Unbehagen.
    »Aber es ist ein Weißer Pfeil«, beharrte der Anführer der Wächter. »Du solltest kein Gefangener sein, solange nicht bewiesen ist, dass du ihn unredlich erworben hast; aber ich kann deine Gefährten nicht freilassen.«
    »Dann bleibe auch ich gebunden«, erwiderte Simon fest.
    Der andere warf ihm einen kurzen Blick zu

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