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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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einer sonderbaren Geste die beringten Hände.
    »Allerdings, Onkel. Aber ich glaube, dass jetzt nicht der Augenblick ist, darüber zu sprechen.«
    »Aber dieser andere, den der Knabe erwähnt hat …«, begann Khendraja’aro von neuem, Sorge in den gelben Augen, aufkeimenden Zorn in der Stimme. »Der Schwarze unter Nakkiga … «
    »Nicht jetzt.« Das Wort des Sithiprinzen war scharf. Er wandte sich an die fünf Menschen. »Wir müssen uns entschuldigen. Es ist jedoch nicht gut, über solche Dinge zu reden, solange ihr nicht gegessen habt. Ihr seid unsere Gäste.« Simon, den bei diesen Worten eine Woge der Erleichterung überschwemmte, schwankte leicht. Seine Knie wurden plötzlich weich.
    Jiriki, der es bemerkte, winkte sie näher ans Feuer. »Setzt euch. Ihr müsst unser Misstrauen verzeihen. Seoman, verstehe auch du mich: Obwohl ich dir mein Blut schulde – du bist mein Hikka Staj’a –, haben eure Rassen der unseren wenig Freundlichkeit bezeigt.«
    »Ich muss Euch zum Teil widersprechen, Prinz Jiriki«, entgegnete Binabik und ließ sich auf einem flachen Stein am Feuer nieder. »Von allen Sithi sollte Eure Familie am besten wissen, dass wir Qanuc Euch niemals etwas Übles zugefügt haben.«
    Jiriki sah zu dem Kleinen hinunter, und seine angespannten Züge lockerten sich zu einem Ausdruck, in dem fast etwas Zärtliches auszumachen war. »Du hast mich bei einer Unhöflichkeit ertappt, Binbineqegabenik. Nach den Menschen des Westens, die uns am vertrautesten waren, haben wir einst die Qanuc sehr gern gehabt.«
    Binabik hob den Kopf, und sein rundes Gesicht war voller Verwunderung. »Woher kennt Ihr meinen vollen Namen? Ich habe ihn nicht erwähnt, noch haben meine Gefährten ihn verkündet.«
    Jiriki lachte, ein zischendes Geräusch, aber seltsam vergnügt, ohne jeden Anflug von Unaufrichtigkeit. In dieser Sekunde fasste Simon eine jähe, heftige Zuneigung zu ihm.
    »Ach, Troll«, sagte der Prinz, »jemand, der so weitgereist ist wie du, sollte sich nicht wundern, wenn man seinen Namen kennt. Wie viele Qanuc außer deinem Meister und dir trifft man denn südlich der Berge?«
    »Ihr kanntet meinen Meister? Er ist tot.« Binabik hockte sich hin, zog die Handschuhe aus und bewegte die Finger. Simon setzte sich neben ihn.
    »Er kannte uns«, erklärte Jiriki. »Hast du nicht unsere Sprache von ihm gelernt? An’nai, du hast doch gesagt, der Troll habe zu dir gesprochen?«
    »Das hat er, Prinz. Und fast ganz richtig.«
    Binabik errötete erfreut und verlegen zugleich. »Ookequk hat mir etwas davon beigebracht, mir aber nie verraten, wo er selbst es gelernt hatte. Ich besaß den Gedanken, dass es ihn vielleicht sein Meister gelehrt hätte.«
    »Setzt euch doch, setzt euch«, forderte Jiriki Haestan, Grimmric und Sludig auf, Simons und Binabiks Beispiel zu folgen. Sie näherten sich wie Hunde, die Angst vor Schlägen haben, und suchten sich Plätze am Feuer. Nun trugen mehrere Sithi Tabletts aus kunstvoll geschnitztem und poliertem Holz herbei, die mit allen möglichen guten Dingen schwer beladen waren: Butter und dunkles Brot, ein Rad würziger, salziger Käse, kleine rotgelbe Früchte, die Simon noch nie gesehen hatte. Es gab mehrere Schüsseln mit Beeren und sogar einen Stapel langsam vor sich hintropfender Honigwaben. Als Simon die Hand ausstreckte und sich zwei der klebrigen Waben nahm, lachte Jiriki wieder, ein leises Zischen wie von einem Häher auf einem Baum in der Ferne.
    »Überall ist Winter«, meinte er, »aber in den geschützten Festungen von Jao é-Tinukai’i wissen die Bienen das nicht. Nimm, soviel du magst.«
    Ihre Ergreifer, die nun ihre Gastgeber geworden waren, schenkten den Gefährten einen fremdartigen, aber starken Wein ein. Aus steinernen Kannen füllten sie ihnen die hölzernen Pokale. Nochwährend Simon überlegte, ob vorher nicht vielleicht ein Gebet gesprochen würde, hatten die Sithi schon zu essen begonnen. Haestan, Sludig und Grimmric blickten einander traurig an. Sie hätten auch gern gegessen, waren aber immer noch voller Furcht und Misstrauen. Aufmerksam beobachteten sie, wie Binabik das Brot brach und einen Bissen von der dick mit Butter bestrichenen Kruste abbiss. Ein Weilchen später, als er nicht nur noch am Leben war, sondern sogar munter weiteraß, hielten die Männer es für unbedenklich, sich über die Sithispeisen herzumachen, was sie dann auch mit dem Heißhunger begnadigter Gefangener taten. Simon tupfte sich den Honig vom Kinn und hielt inne, um den Sithi zuzusehen. Das

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