Der Drachenbeinthron
Skalis Kaldskrykern es nicht ertragen hätte, ihre Landsleute zu foltern, säßen wir immer noch dort – als hartgefrorene Leichen.«
»Isorn!«, rief seine Mutter ärgerlich. »Sprich nicht von solchen Dingen. Es ist ein Schlag ins Gesicht von Gottes Gnade.«
»Aber es ist wahr, Mutter. Skalis Raben selber gaben uns die Messer, mit deren Hilfe wir fliehen konnten.« Er wandte sich zu Josua. »Finstere Dinge gehen vor in Elvritshalla – in ganz Rimmersgard,Prinz Josua! Ihr müsst mir glauben! Skali ist nicht allein gekommen. Die Stadt war voll von Schwarzen Rimmersmännern aus der Gegend um Sturmspitze. Sie waren es auch, die Skali zu unserer Bewachung zurückließ. Und es waren diese gottverfluchten Unmenschen, die unsere Männer gefoltert haben – für nichts und wieder nichts, denn wir hatten ihnen ja gar nichts zu verschweigen. Sie taten es, kaum vorstellbar, aus Vergnügen. Nachts, wenn wir versuchten zu schlafen, hörten wir die Schreie unserer Kameraden und fragten uns, wen sie als Nächsten holen würden.«
Er stöhnte leise und zog die Hand aus Gutruns festem Griff, um sich die Schläfen zu reiben, als wollte er die Erinnerung fortwischen.
»Selbst Skalis eigene Leute erfüllte es mit Abscheu. Ich glaube, sie fragen sich langsam, in was ihr Than sie da hineingezogen hat.«
»Wir glauben dir«, antwortete Josua sanft, den Blick, den er dem danebenstehenden Isgrimnur zuwarf, voller Sorge.
»Aber es waren noch andere dort – sie kamen nachts und trugen schwarze Kapuzen. Nicht einmal unsere Bewacher bekamen ihre Gesichter zu sehen!« Isorns Stimme blieb ruhig, aber seine Augen weiteten sich bei der Erinnerung. »Sie bewegten sich nicht einmal wie Menschen, Ädon sei mein Zeuge ! Sie stammten aus den Eiswüsten jenseits des Gebirges. Wir konnten ihre Kälte fühlen, wenn sie an unserem Gefängnis vorübergingen. Vor ihrer Nähe hatten wir mehr Angst als vor allen glühenden Eisen der Schwarzen Rimmersmänner.« Isorn ließ sich kopfschüttelnd auf sein Kissen zurücksinken. »Es tut mir leid, Vater … Prinz Josua. Ich bin sehr müde.«
»Er ist ein starker Mann, Isgrimnur«, sagte der Prinz, als sie den mit Pfützen bedeckten Korridor entlanggingen. Das Dach war undicht, wie so oft in Naglimund nach einem harten Winter und einem ebenso schlechten Frühling und Sommer.
»Ich wünschte nur, ich hätte verhindert, dass er allein diesem Hurensohn Skali gegenübertreten musste. Verdammt!« Isgrimnur rutschte auf dem nassen Stein aus und verfluchte sein Alter und seine Tolpatschigkeit.
»Er hat alles getan, was man hätte tun können, Onkel. Ihr solltet stolz auf ihn sein.«
»Das bin ich auch.«
Eine Weile gingen sie weiter, bevor Josua erneut begann: »Ich muss gestehen, dass Isorns Anwesenheit es mir leichter macht, Euch um etwas zu bitten … etwas, um das ich Euch bitten muss.«
Isgrimnur zupfte an seinem Bart. »Nämlich?«
»Einen Gefallen. Um den ich nicht bitten würde, wenn nicht …« Er zögerte. »Nein. Wir wollen in meine Gemächer gehen. Es ist etwas, das man unter vier Augen besprechen sollte.« Er hakte den rechten Arm unter den Ellenbogen des Herzogs, und die Lederkappe über dem Stumpf an seinem rechten Arm war wie ein stummer, für den Fall der Ablehnung vorweggenommener Vorwurf.
Isgrimnur zupfte erneut an seinem Bart, bis es wehtat. Er hatte das Gefühl, dass ihm das, was er da zu hören gekommen sollte, nicht gefallen würde. »Beim Baum , nehmen wir doch einen Weinkrug mit, Josua. Ich habe ihn dringend nötig.«
»Um Usires’ Liebe willen! Bei Drors scharlachrotem Hammer! Bei Sankt Eahlstans und Sankt Skendis Knochen! Seid Ihr von Sinnen? Warum sollte ich Naglimund verlassen?«
Isgrimnur zitterte vor Schreck und Wut.
»Ich würde Euch nicht bitten, wenn es irgendeinen anderen Weg gäbe, Onkel.« Der Prinz sprach geduldig, aber selbst durch den Nebel seines Zornes konnte der Herzog Josuas Qual erkennen. »Zwei Nächte habe ich schlaflos im Bett gelegen und versucht, eine andere Lösung zu finden. Es gibt keine. Jemand muss die Prinzessin Miriamel suchen.«
Isgrimnur nahm einen tiefen Zug von dem Wein, merkte, dass ihm etwas davon in den Bart rann, achtete jedoch nicht darauf. »Warum?«, fragte er endlich und knallte den Krug auf den Tisch, dass es krachte. »Und warum gottverdammtnochmal ich? Warum ich?«
Der Prinz war die Geduld selber. »Sie muss gefunden werden, weil sie von entscheidender Wichtigkeit ist … und weil sie meine einzige Verwandte ist. Was wird, wenn ich
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