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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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sterbe, Isgrimnur? Was ist, wenn wir Elias abwehren und die Belagerung brechen, mich aber ein Pfeil trifft oder ich von der Burgmauer stürze? Wem wird dasVolk folgen – nicht nur die Barone und die Kriegsführer, sondern das einfache Volk, das sich in den Schutz meiner Mauern geflüchtet hat? Es wird schwer genug für euch alle sein, mit mir als Anführer gegen Elias zu kämpfen, weil man mich für wunderlich und wankelmütig hält – aber was wird erst, wenn ich tot bin?«
    Isgrimnur starrte zu Boden. »Da ist noch Lluth. Oder Leobardis.«
    Josua schüttelte heftig den Kopf. »König Lluth ist verwundet und wird vielleicht sterben. Leobardis ist Herzog von Nabban – und es gibt noch genügend Leute, die sich daran erinnern, wie Nabban mit Erkynland im Krieg gelegen hat. Die Sancellanische Mahistrevis selbst ist das Denkmal einer Zeit, in der Nabban über alles andere herrschte. Sogar Ihr, Onkel, der Ihr ein guter und allseits geachteter Mann seid, könntet keine Streitmacht zusammenhalten, die Elias Widerstand zu leisten imstande wäre. Er ist ein Sohn von Johan Presbyter! Johan selbst hat ihn auf den Drachenbeinthron gesetzt. Trotz aller seiner Missetaten muss es ein Mitglied derselben Familie sein, das ihm diesen Thron wieder nimmt … und das wisst Ihr auch!«
    Isgrimnurs langes Schweigen war Antwort genug.
    »Aber warum ausgerechnet ich?«, fragte er dann.
    »Weil Miriamel keinem anderen Boten folgen würde. Deornoth? Er ist tapfer und treu wie ein Jagdfalke, aber er müsste die Prinzessin in einem Sack nach Naglimund schleppen. Außer mir seid Ihr der Einzige, der sie zurückbringen kann, ohne dass sie sich dagegen wehrt. Und freiwillig zurückkommen muss sie, denn es wäre verhängnisvoll, wenn man Euch entdeckte. Schon bald kann Elias erfahren, dass sie nicht mehr hier ist. Dann wird er den ganzen Süden in Brand setzen, um sie aufzuspüren.«
    Josua ging langsam zu seinem Schreibtisch hinüber und blätterte gedankenverloren in einem großen Pergamentstapel. »Denkt sorgfältig nach, Isgrimnur. Vergesst einen Augenblick, dass wir von Euch selber sprechen. Wer sonst ist so weit herumgekommen und hat Freunde an den merkwürdigsten Orten? Wer sonst, wenn Ihr mir verzeihen wollt, kennt das falsche Ende von so vielen dunklen Gassen in Ansis Pelippé und Nabban?«
    Wider Willen musste Isgrimnur mürrisch grinsen. »Aber trotzdem scheint es mir sinnlos, Josua. Wie kann ich meine Männer im Stich lassen, jetzt, wo Elias gegen uns marschiert? Und wie könnte ich hoffen, dass ein solcher Auftrag geheim bleibt, bekannt wie ich bin?«
    »Was das Erste betrifft: Gerade darum dünkt es mich ja ein Wink des Schicksals, dass Isorn jetzt hier ist. Einskaldir, da sind wir uns wohl einig, verfügt nicht über die Selbstbeherrschung eines Anführers. Bei Isorn ist das anders. Außerdem, Onkel, verdient er die Chance, sich jetzt auszuzeichnen. Der Fall von Elvritshalla hat seinem jugendlichen Stolz einen schweren Schlag versetzt.«
    »Gerade der Stolz, der einen Schlag erlitten hat, macht einen Knaben zum Mann«, knurrte der Herzog. »Fahrt fort.«
    »Und zum Zweiten: Jawohl, Ihr seid ein bekannter Mann, aber Ihr seid seit zwanzig Jahren kaum noch südlich über Erkynland hinausgekommen. Und außerdem werden wir Euch verkleiden.«
    »Verkleiden?« Isgrimnur betastete zerstreut die Flechten seines Bartes. Josua ging zur Tür und rief etwas. Dem Herzog war es seltsam schwer ums Herz. Er hatte sich vor dem kommenden Kampf gefürchtet, weniger seinetwegen als wegen seiner Männer, seiner Gutrun wegen, und nun war auch noch sein Sohn gekommen und legte ihm eine weitere Verantwortung auf. Jetzt fortzugehen, und sei es auch, um sich in eine Gefahr zu begeben, die ebenso groß war wie die, die er hinter sich zurückließ … das sah unerträglich nach Feigheit aus, nach Verrat.
    Aber ich habe Josuas Vater einen Eid geschworen – meinem lieben alten Johan – wie kann ich seinem Sohn eine Bitte abschlagen? Und seine Gründe sind so gottverdammt einleuchtend …
    »Hier«, sagte der Prinz und trat von der Tür zurück, um jemanden einzulassen. Es war Vater Strangyeard, auf dem rosigen Gesicht mit der Augenklappe ein schüchternes Lächeln, die lange Gestalt gebeugt unter der Last eines Bündels aus schwarzem Stoff.
    »Hoffentlich passt es«, meinte der Archivar. »Meistens passen sie nicht; ich weiß nicht, warum; vielleicht ist es nur eine weitere kleine Ermahnung, eine Schwierigkeit, die der Herr uns auferlegt.« Er verstummte,

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