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Der Drachenbeinthron

Der Drachenbeinthron

Titel: Der Drachenbeinthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Tränen.
    Fengbalds Männer, von der Wildheit der Angreifer überrascht, schwenkten langsam herum, und die Naglimunder nutzten diesen Augenblick zum Durchbruch. Hinter ihnen befanden sich die Legionen von Nabban bereits in vollem Rückzug und flohen in ungeordneten Haufen dem Inniscrich zu. Guthwulf verfolgte sie nicht, sondern vereinigte seine Truppen mit denen Fengbalds, um Josuas ebenfalls fliehenden Rittern nachzusetzen.
    Deornoth umklammerte den Hals seines Schlachtrosses. Er konnte den rasselnden Atem des Tieres hören, als sie in vollem Galopp über Wiesen und brachliegendes Ackerland brausten. Langsam verstummte hinter ihnen der Lärm der Verfolger, und die Mauern von Naglimund ragten vor ihnen auf. Das Tor hob sich, ein schwarzer, offener Mund. Deornoth starrte es an, und sein Kopf dröhnte wieeine geschlagene Trommel. Plötzlich wünschte er sich nur noch, verschluckt zu werden – in tiefes, lichtloses Vergessen zu sinken und nie wieder aufzutauchen.

40
Das grüne Zelt

    ein, Prinz Josua. Eine solche Torheit können wir Euch nicht gestatten.« Isorn, der sein Bein schonte, setzte sich schwerfällig hin. »Gestatten?« Der Prinz hob den Blick vom Boden und sah dem Rimmersmann ins Gesicht. »Seid Ihr meine Bewacher? Bin ich ein unmündiges Kind auf dem Thron oder ein Schwachsinniger, dass man mir sagen muss, was ich zu tun habe?«
    »Mein Prinz«, begann Deornoth und legte Isorn die Hand aufs Knie, damit er schwieg, »natürlich seid Ihr es, der hier gebietet. Folgen wir nicht Eurem Befehl? Haben wir Euch nicht alle Bündnistreue geschworen?« Die Köpfe im Raum nickten düster. »Aber Ihr verlangt zu viel von uns, das müsst Ihr verstehen. Glaubt Ihr denn wirklich noch, Ihr könntet dem König trauen, nachdem man uns solchen Verrat angetan hat?«
    »Ich kenne ihn wie kein anderer von Euch.« Josua, als verbrenne ihn ein inneres Feuer, sprang vom Stuhl auf und trat zu seinem Tisch. »Er wünscht meinen Tod, das steht fest, aber nicht auf diese Weise. Nicht so ehrlos. Wenn er mir freies Geleit schwört – und wir offensichtliche Dummheiten vermeiden –, dann werde ich unverletzt zurückkehren. Er möchte immer noch wie ein Hochkönig auftreten, und ein Hochkönig erschlägt nicht seinen unbewaffneten Bruder, der unter der Parlamentärflagge zu ihm kommt.«
    »Und warum hat er Euch dann in eine Zelle geworfen, wie Ihr es uns erzählt habt?«, erkundigte sich Ethelferth von Tinsett mit finsterer Miene. »Haltet Ihr das für ein Zeichen seiner Ehrenhaftigkeit?«
    »Nein«, entgegnete Josua, »aber ich glaube nicht, dass dieser Einfall von Elias stammt. Pryrates steckte dahinter. Elias ist zumUngeheuer geworden – Gott helfe mir, denn er war einst mein Bruder, nicht nur dem Blute nach –, aber ich glaube, dass er noch immer eine Art von verquerem Ehrgefühl besitzt.«
    Deornoth stieß zischend die Luft aus. »So, wie er es Leobardis gegenüber bewies?«
    »Die Ehre des Wolfes, der die Schwachen tötet und vor den Starken ausreißt«, spottete Isorn.
    »Ich glaube nicht.« Josua konnte nur mühsam seinen geduldigen Gesichtsausdruck bewahren. »Benigaris’ Vatermord schmeckt mir nach altem Familienzwist. Ich habe den Verdacht, dass Elias …«
    »Prinz Josua, mit Verlaub«, unterbrach ihn Jarnauga. Im Zimmer hoben sich verschiedene Augenbrauen. »Meint Ihr nicht, dass Ihr Euch allzu sehr bemüht, Entschuldigungen für Euren Bruder zu finden? Die Sorgen Eurer Lehensleute sind nicht unberechtigt. Nur weil Elias eine Unterredung mit Euch wünscht, braucht Ihr noch lange nicht zu ihm zu gehen. Niemand wird an Eurer Ehre zweifeln, wenn Ihr es nicht tut.«
    »Ädon steh mir bei, Mann, ich schere mich nicht im geringsten darum, was andere von meiner Ehre denken!«, fuhr der Prinz ihn an. »Ich kenne meinen Bruder, und ich kenne ihn auf eine Art, die Ihr alle nicht verstehen könnt – und sag mir nicht, er hätte sich verändert, Alter«, kam er finster blickend Jarnaugas Worten zuvor, »denn auch das weiß niemand besser als ich. Aber dennoch will ich zu ihm gehen, und ich schulde Euch keine weiteren Erklärungen dafür. Und nun lasst mich allein. Es gibt eine Menge anderer Dinge, über die ich nachdenken muss.«
    Er kehrte dem Tisch den Rücken und winkte die Männer aus dem Zimmer.
    »Ist er verrückt geworden, Deornoth?«, fragte Isorn, offenbar beunruhigt. »Wie kann er dem König so in die blutigen Hände laufen?«
    »Starrköpfigkeit, Isorn – aber wer bin ich, dass ich das sagen darf? Vielleicht weiß er

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