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Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
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Jahre zuvor die absurdesten Gerüchte im Umlauf waren.
    »Die Mine in Trollfurt«, stotterte Ben weiter, »da haben sie damals gesagt, die Arbeiter wären auf eine Gesteinswand gestoßen, die geblutet hätte. Ganz dunkel und dickflüssig. Was, wenn das stimmt? Wenn sie sich nicht durch Fels, sondern durch eine wachsende Schuppe gegraben haben? Wenn die blutende Wand kein dummer Aberglaube gewesen ist, sondern die Flanke eines Drachen?«
    »Das ist...« Aiphyron schüttelte den Kopf, aber er sagte nicht Unsinn. Er setzte mehrmals an, aber er sagte es nicht. Verärgert und verwirrt starrte er Ben an. »Wann soll denn das gewesen sein?«
    »Vor zehn Jahren.«
    »Vor zehn Jahren?« Er sah nun gar nicht mehr belustigt aus. Und seine Stimme war plötzlich beinahe so leise wie die Bens. »Dann wäre dieser Drache wirklich gigantisch.«

EIN GROSSES OPFER
    N ica war nun den zweiten Tag hintereinander nicht in der Schule gewesen und ebenso nicht in der alten Hütte, die ihr geheimer Treffpunkt war. Doch weil ihre Beziehung zu Yanko ein Geheimnis war, konnte er nicht einfach zu ihren Eltern nach Hause laufen und sich nach ihr erkundigen. Er vermisste sie, das verborgene Hinüberschielen zu ihr, während der Schulmeister seinen langweiligen Sermon herunterbetete, und vor allem die zärtlichen Treffen am Abend. Schon gestern hatte ihr Fehlen ihn traurig und unruhig gemacht, doch heute hielt er es einfach nicht mehr aus, nicht zu wissen, wo sie war. Sie hatte ihm ihr Fernbleiben mit keiner Silbe angekündigt.
    »Was ist eigentlich mit deiner Schwester?«, fragte er also Sidhy nach dem Unterricht. Ganz beiläufig, auf dem Weg nach draußen, zwischen anderen Belanglosigkeiten.
    »Was geht dich meine Schwester an?«, fauchte Sidhy und trat in die Sonne.
    »Äh, gar nichts. War nur’ne Frage.« Yanko schlug ihm spielerisch mit der Faust gegen die Schulter. »Ich wollte das mit der Höflichkeit mal ausprobieren. Meine Mutter meint, ich hätte da noch viel zu lernen. Ich sag ihr nachher einfach, ich hab’s probiert und es hat nicht geklappt.«
    »Sie ist krank«, knurrte Sidhy und knuffte seinerseits Yanko.
    »Was hat sie denn?«
    »Bin ich Arzt, oder was? Sie ist eben krank.« Sidhy schlug
noch einmal auf Yankos Schulter, fester diesmal. »Und übertreib’s bloß nicht mit der Höflichkeit, das sieht sonst aus wie Neugier.«
    »Das soll es natürlich nicht, die Neugier überlasse ich gern meiner Mutter.« Yanko grinste, verzichtete aber darauf, Sidhy zu knuffen. Cirpas und Lugh kamen gerade heran und hätten sich sicher gerne beteiligt und gleich eine richtige Rangelei begonnen. Beide natürlich auf Sidhys Seite. Dieser lachte kurz auf und boxte Yanko ein letztes Mal, bevor er mit Cirpas und Lugh abzog.
    Krank war sie also. Hoffentlich war es nichts Schlimmes. Mit trüben Gedanken an eine schwache, bleiche, ausgezehrte, bettlägrige, hilflose Nica schlenderte Yanko nach Hause. Sein Vater hatte ihm befohlen, an diesem Nachmittag die Schmiede aufzuräumen, während er wieder einmal auf Mördersuche war. Oder - wie Yirkhenbarg es ausgedrückt hatte - dem Schutz der Gemeinschaft in den Bergen diente.
    Yanko hängte Werkzeug auf, sortierte alte Eisenreste, reinigte den schwarzen Blasebalg, fegte den Kohlestaub auf dem Boden zusammen und grübelte dabei. Mit einem einfachen Schnupfen oder Husten wäre Nica doch sicherlich zur Schule gekommen, hätte ihm wenigstens irgendwie Bescheid gegeben. Hatte Sidhy vielleicht sogar so schroff reagiert, weil sie im Sterben lag? Yanko wurde ganz übel bei dem Gedanken, und er versuchte schnell, sich zu beruhigen. So schlimm konnte es nicht sein, dafür hatte Sidhy zu viel gelacht - oder?
    »Elendiges Drecksloch!«, brüllte Yanko und schleuderte den Besen in die Ecke. Wen kümmerte es schon, wie eine Schmiede aussah, wenn gerade das schönste Mädchen der Welt mit dem Tode rang? Aber anscheinend war Sauberkeit in Trollfurt ja wichtiger als Nicas Leben. Kein Wort hatte der Schulmeister
über ihren Zustand verloren, und ihr eigener Bruder hatte mit Freunden gelacht.
    »Wolfsbruder«, knirschte Yanko, während er den Besen wieder aufhob und weiterfegte. Nica hatte ihm ja erzählt, dass sie und Sidhy sich eigentlich gar nicht so nah standen.
    Überhaupt hatte Nica vor drei Tagen noch völlig gesund ausgesehen. Sie hatte Yanko am nächsten Tag unbedingt wiedersehen wollen. Vielleicht war sie ja gar nicht krank, sondern hatte einen schlimmen Unfall gehabt. Vielleicht war sie von ihrem Balkon gefallen oder

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