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Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
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Oberkörper waren nackt, und jeder trug irgendwo die Tätowierung eines gewundenen grünen Drachen. Über ein breites schwarzes Band und ineinandergreifende Zahnräder wurde der Schwung des Rads auf ein mehr als zwei Schritt durchmessendes Sägeblatt übertragen, dessen schimmernde Zähne aus hartem Blausilber gefertigt waren und das immer schneller kreiste und von drei weiteren muskulösen Männern mit Tätowierung auf den Flügelansatz des Drachen zugeschoben wurde.
    Erst jetzt bemerkte Ben, dass der hintere Flügel bereits durchtrennt war und nur noch vom Fels aufrecht gehalten wurde. Zähes Blut schimmerte im Schein des Blausilbers.
    Auch Yirkhenbarg hatte sein Hemd ausgezogen, das Abbild des gewundenen grünen Drachen schlängelte sich rings um seinen mächtigen Brustkasten. Er ritt auf Feuerschuppe vor der ganzen Szenerie auf und ab und brüllte Befehle.
    Die fenstergroßen Augen des gigantischen, felsgeborenen Drachen waren geöffnet. Ein milchiger Schleier lag wie Schlaf über ihnen, doch sie bewegten sich ruckartig in alle Richtungen, die nachtschwarzen Pupillen zuckten. Langsam schienen sie zu erwachen, doch noch spiegelte sich kein Leben oder Erkennen in ihnen, sondern nur tiefer Schmerz.

    Der Anblick dieser Augen stach Ben unerwartet in die Brust.
    Die Lefzen des Drachen hoben sich bebend und entblößten fast mannshohe, messerscharfe Zähne. Ein leichtes Grollen wie ferner, Unheil verkündender Donner drang zwischen ihnen hervor, Speichel troff von einer großen grauen Zunge zu Boden.
    Zwischen zwei übermannshohen stählernen Ölfackeln, direkt vor dem Drachenmaul, war ein mit grünen Schuppen bemalter Holzpfahl in den Boden gegraben worden. An diesen war Nica gefesselt, das Gesicht vom Weinen verquollen, die kunstvolle Frisur aufgelöst. Sie trug ein weißes Kleid und rief mit heiserer Stimme immer wieder: »Vater! Bitte!«
    Das alles nahm Ben wahr, während sie in die Höhle stürmten, und dann fraß sich die Säge in den zweiten Flügel, und dem Drachen entrang sich ein gurgelndes Stöhnen, so tief und grollend, dass die Erde bebte. Dabei riss er sein Maul weit auf, und Nica brüllte panisch, warf den Kopf hin und her und zerrte vergeblich an ihren Fesseln. Gigantische Wirbel knackten, es klang, als würde ein mächtiger gefällter Baum durch splitterndes Geäst stürzen. Sollte der Drache seinen Kopf nur ein Stück nach vorn recken, würde er Nica einfach aus Versehen zerquetschen.
    »Zu ihr!«, schrie Ben.
    »Ich bring die Säcke um«, knurrte Aiphyron und raste voll Wut auf die riesige Säge zu.
    Yanko sprang zu Boden, stürzte, rappelte sich auf und rannte zu Nica. Ohne nachzudenken, folgte ihm Ben. Unterwegs riss er seinen Dolch aus dem Gürtel.
    Yanko erreichte Nica zuerst und säbelte mit seinem Dolch an ihren Handfesseln herum. Ben warf sich neben Yanko zu
Boden, reckte seinen Dolch zwischen dessen Beinen nach dem Strick, der um Nicas Füße geschlungen war. Das Maul des Drachen stand noch immer offen, sein hervorquellender Atem stank nach Moder und verschimmeltem Moos.
    Endlich waren alle Seile durchtrennt, und sie zerrten Nica gemeinsam von dem Pfahl und dem drohenden Schlund fort. Ben hatte sein Messer fallen gelassen und lächelte, Nica heulte hemmungslos, zitterte und warf sich dann Yanko an den Hals.
    »Yanko!«, schluchzte sie und küsste ihn und umklammerte ihn verzweifelt, während Ben dastand und sein Lächeln zerbrach.
    Der Magen krampfte sich ihm zusammen, seine Hände begannen zu zittern, Ben starrte reglos auf die beiden und ins Nichts. So hatte er sich Nicas Rettung nicht vorgestellt. Wieso taten sie ihm das an? Yanko hatte doch gewusst, dass...
    »Dafür stirbst du!« Hasserfüllt gebrüllte Worte rissen Ben aus seinen trüben Gedanken, und er wirbelte herum.
    Yirkhenbarg stürmte mit erhobenem Schwert auf sie zu, aber es war unklar, wen er mit diesem du meinte. Die fleckige Klinge schimmerte von selbst wie mattes Sternenlicht, sie war aus Blausilber geschmiedet. Feuerschuppe kämpfte weiter hinten in der Höhle mit Aiphyron. Irgendein Arbeiter schrie anhaltend voll Schmerz.
    Ben brüllte auf und rannte Yirkhenbarg entgegen. Der wollte ihn also tot sehen? Ja und? Nica küsste gerade Yanko! Wegen Yirkhenbarg hatte er sein Haus verloren und fliehen müssen! Hatte Nica Yanko überlassen müssen! Und jetzt wollte der ihn auch noch töten?
    Mit heißer Wut riss Ben eine der hohen Stahlfackeln aus dem Boden, packte sie mit beiden Händen am unteren Ende
und wirbelte herum.

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