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Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
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ausnahm.
    Seit Sonnenuntergang saß Ben auf dem Felsen vor der Höhle und starrte ins dunkle Tal. Es war beinahe Neumond, doch eine schmale Sichel und die Sterne erleuchteten den wolkenfreien Himmel. Er wartete darauf, dass in Trollfurt die letzten Lichter verloschen. Yankos Groschen würde ihm genug Glück bringen, um sich bis zu Feuerschuppe zu schleichen. Dann würde er die halbe Nacht lang die Schulterknubbel des Drachen reiben und sich dabei überlegen, wie er Sidhy eins auswischen konnte. Rache war wirklich etwas Wunderbares. Dennoch freute er sich tatsächlich noch mehr darauf, den Drachen wiederzusehen.
    Irgendwo weiter oben am Berg löste sich ein Stein und rollte hinab, und ein einsamer Felsenwolf heulte den Mond an. Ben holte den Dolch aus der Scheide. Angst hatte er keine, aber deshalb musste er ja nicht alle Vorsicht außer Acht lassen. Angestrengt lauschte er in die Nacht, doch das nächste Wolfsheulen erklang ein Stück weiter entfernt. Gut so. Er sah wieder nach unten.
    Nur noch eine Handvoll Lichter brannten in der Stadt, es wurde Zeit. Alles konnte er von hier oben natürlich auch nicht
überblicken, nicht die Rückseiten der Häuser, nicht jene im Schatten der Stadtmauer, aber bis er unten war, würde die Stadt schlafen.
    Ben steckte den Dolch kurz weg, sprang vom Felsen und zerrte einen frisch abgerissenen Ast mit vielen Verzweigungen und noch beinahe grünem Laub vor den Höhleneingang. So würden während seiner Abwesenheit keine großen Tiere hineingelangen.
    Danach nahm er den Dolch wieder in die Hand und stieg bedächtig zum Bergweg hinunter. Diesem folgte er bis ins Tal, dann schlich er querfeldein zu den Schleierfällen hinüber. Zum Stadttor würde man ihn jetzt nicht einlassen, nicht, nachdem er aus seinem Haus geworfen worden war. Nicht, wenn er keine plausible Geschichte vorzuweisen hatte. Doch wozu sollte er sich eine Geschichte zusammenschwindeln, wenn es einen viel einfacheren Weg in die Stadt gab? Grinsend ließ er sich unterhalb der Schleierfälle in den Dherrn gleiten.
    »Oh, verdammt«, zischte er. Der Weg war einfacher, aber auch deutlich kühler.
    Langsam ließ er sich von der Strömung mittreiben, nah am Ufer, wo er jederzeit mit den Füßen den Grund erreichen konnte. In Friedenszeiten patrouillierten nur wenige Nachtwächter auf der Stadtmauer, denn Trollfurt lag abseits der großen Handelsrouten, eigentlich abseits von allem. Fremde verirrten sich nur selten hierher. Die Tore wurden bewacht, doch über dem Fluss war schon lange kein fester Wächter mehr postiert.
    Die Stadtmauer war drei Mann hoch, und in der Nacht, von unten aus dem Fluss betrachtet, wirkte sie noch viel massiger, ein schwarzer, unüberwindlicher Block. Doch in der Mauer befand sich ein Durchgang für den Fluss, der jetzt im Frühsommer
bis etwa einen Schritt Raum zwischen dem Stein und dem Wasserspiegel ließ; zu Zeiten von Hochwasser schwappte die Flut gegen das Gemäuer, auch wenn das meiste Wasser dann in den beiden Überlaufgräben um die Stadt herumgeleitet wurde. Der einzige Haken an dem Durchlass war, dass er mit einem groben Gitter aus massiven Eisenstangen versehen war.
    Ben wurde von der Strömung gegen das Gitter gedrückt. Kleine Wellen plätscherten um ihn herum, das Wasser drang ihm in Nase und Ohren, den Mund hielt er fest geschlossen. Langsam zog er sich am Gitter entlang zur Flussmitte. Dort holte er tief Luft und tauchte hinab, zog sich im Dunkeln bis an den steinigen Grund und tastete dabei immer nach dem Gitter. Yanko hatte ihm erzählt, hier wäre eine Lücke, sein Vater hätte sich beim Ausbessern des Gitters vor ein paar Jahren verrechnet und wäre dann zu faul gewesen, es zu korrigieren. Welcher Feind würde schon davon wissen und so in die Stadt gelangen? Von außerhalb des Wassers wäre ja nichts zu erkennen. Doch auch für Ben, der davon wusste, war kein Durchkommen. Er tauchte wieder auf und holte möglichst leise Luft.
    Hatte Yanko ihn angelogen? Nein, sicher nicht. Wahrscheinlich war Ben nur nicht in der Flussmitte. Er taxierte die Ufer und zog sich dann am Gitter ein Stück weit nach links. Er füllte seine Lungen mit Luft und stieß wieder in die Tiefe hinab. Das Wasser schob ihn gegen das Eisen, er tastete nach dem Grund. Endlich war er unten, aber auch hier ließ das Gitter nur eine Handbreit Raum. Ben tastete nach rechts und links und noch weiter nach links, und da spürte er es - der Boden sackte noch einmal ab, das Gitter aber machte eine Art Bogen nach oben. Er

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