Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
zahlreiche Felsen gekraxelt. Jetzt zahlte es sich aus. Er zog sich mit den Armen hoch, schwang ein Bein auf die Mauerkante und wälzte sich ganz hinauf. Auf der anderen Seite ließ er sich direkt über dem Rinnsal hinab, das gemütlich in Richtung Brunnen im Hof dahinplätscherte, und tatsächlich ertasteten seine Füße auch hier einen Zierbogen. Er nutzte ihn als Trittfläche und ließ sich ins Gras hinabsinken.
    Er wusste, dass Yirkhenbarg weder Hunde noch Wachdrachen besaß, trotzdem lauschte er, ob nicht irgendwo ein Wächter zu hören war. Das war nicht der Fall, doch irgendwo vor ihm erklangen wieder tiefes Schnauben und unruhiges Scharren. Lief der Drache in seinem Stall auf und ab? Es erschien Ben seltsam, dass er Feuerschuppe durch die Wände so deutlich vernehmen konnte.

    Moment! Was hatte Sidhy damals gesagt? Sie würden als Erstes eine breite Tür auf der Rückseite der Stallungen anbringen, damit Feuerschuppe rein und raus konnte, wie es ihm gefiel. Und das hier, wo Ben gerade stand, war die Rückseite des Anwesens, die an die Rückseite der Stallungen grenzte!
    Eine massige Gestalt kroch auf ihn zu, große Nüstern schnupperten geräuschvoll, als nähmen sie Witterung auf. Weshalb war er sich eigentlich immer so sicher gewesen, dass sich Feuerschuppe über ein erneutes Aufeinandertreffen ebenso freuen würde wie er?
    Wenn sich Ben nachts einschleichen würde, nicht in Begleitung von Sidhy oder Yirkhenbarg oder Nica, wäre er dem Drachen dann eigentlich willkommen? Oder erkannte Feuerschuppe in ihm nicht eher doch den Eindringling, der schon einmal rausgeschmissen worden war? Hatten Drachen ein derart gutes Gedächtnis?
    »Hallo Feuerschuppe?«, flüsterte Ben zaghaft und schluckte. Der Drache war groß genug, um seinen Kopf mit einem Haps zu verschlingen, ohne sich überhaupt die Mühe machen zu müssen, einmal zu kauen. Ganz schlau, hier einfach mal so über die Mauer zu steigen , dachte Ben.
    Feuerschuppe blies ihm warmen Atem ins Gesicht und schnüffelte, schob seinen Kopf mit dem leicht geöffneten Maul näher. Die handlangen spitzen Eckzähne konnte Ben sogar in der Dunkelheit erkennen, weil sie so nah waren und noch immer näher kamen.
    »Ich bin dein Freund, Feuerschuppe, ja, dein Freund. Ehrlich«, stopselte er herum, und der Drache stieß ihn mit seinen feuchten Nüstern gegen die nackte Brust, ganz sanft und spielerisch.
    Ben atmete tief durch und kraulte Feuerschuppe vorsichtig
an der Schnauze. Der Drache blieb ganz ruhig stehen und ließ es sich gefallen.
    »Du bist wunderschön«, flüsterte Ben. Die Schuppen zwischen den Nüstern waren warm und glatt, kein bisschen glitschig oder so rau wie die des Standbilds oder die des schwarzen Drachen.
    Feuerschuppe brummte leise vor sich hin. Viel tiefer als ein Katzenschnurren, doch es klang ähnlich zufrieden. Langsam wanderte Ben seitlich am Kopf vorbei zur Flanke des Drachen, dabei fuhr er mit seiner Hand weiter über die Drachenschuppen, bis er einen Schulterknubbel erreichte, der beinahe so groß war wie ein menschlicher Kopf.
    Feuerschuppe sah ihn über die Schulter hinweg mit großen, verdrehten Augen an, dann ließ er sich auf dem Boden nieder, und Ben setzte sich neben ihn. Er schmiegte sich an den Drachen und rubbelte mit der erhobenen Rechten weiter über den Schulterknubbel, der aus vernarbtem Gewebe bestand, nicht aus Schuppen. Bens Handfläche begann zu kribbeln wie Muskeln, wenn sie eingeschlafen waren und dann wieder erwachten.
    »Was ist das eigentlich für eine grausame Götteridee, dass jeder Drache eine solche Verwundung über sich ergehen lassen muss, bevor er frei von Samoths Bosheit sein kann?«, murmelte Ben und wunderte sich, woher dieser Gedanke kam. Hoffentlich strafte ihn Hellwah nicht dafür.
    Doch kein Flammenpfeil stieß vom Himmel herab, und Feuerschuppe brummte einfach weiter vor sich hin.
    Also rieb Ben mit kribbelnden Händen auch weiter sanft über den Knubbel, er spürte richtig das Blut darunter pulsieren. Es war, als würde ihr Pulsschlag sich angleichen, als würde etwas durch ihre Haut hin und her fließen. Konnte
es wirklich das Glück sein, das durch den Knubbel zu ihm herüberfloss?
    Ben erhob sich und lehnte sich über den Drachen, damit er beide Schulterknubbel zugleich berühren konnte. Sie pulsierten, so viel Leben regte sich unter ihren Narben. Ben war jetzt ganz sicher, dass Drachen Glück brachten, er konnte es regelrecht fühlen. Und Feuerschuppe brummte immer weiter, tief und wohlig und

Weitere Kostenlose Bücher