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Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
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stärker mit ihm verbunden. Zwar war er noch immer kein Ordensritter, aber doch immerhin eine Art Drachenreiter, sagte er sich. Und wenn der Drache die Wahrheit sagte, dann wollte er eigentlich auch kein Ordensritter mehr werden. Er dachte an die Wandmalereien und Friese mit berühmten Ordensrittern im Hellwahtempel, die er sich immer wieder angesehen hatte.
Männer wie der bärtige Torreghast, der vor über tausend Jahren die heilige Ordensburg Drakeneck errichtet und den mächtigen Sturmwanderer befreit hatte, ein Drache, der erst vierhundert Jahre später in den frühen Trollkriegen gefallen war, dabei jedoch die gesamte tirdische Königsfamilie gerettet hatte. Stundenlang hatte Ben diese Männer betrachtet, die Legende waren, die den Orden zu seinem Einfluss geführt und deren Taten seinen Wunsch, Ritter zu werden, genährt hatten. Im ganzen Großtirdischen Reich gab es keine mächtigere Organisation, nur der König und der oberste Hellwahpriester standen dem Rang nach über dem Großmeister des Ordens.
    Noch bis vorhin hatte Ben einer von ihnen werden wollen, doch jetzt wusste er es nicht mehr. Er wusste nicht, ob er einem Drachen noch immer die Flügel abschlagen wollte. Ihm war die Überzeugung abhanden gekommen, dass dies richtig war. Er saß hier auf einem Drachen, der ihn nach allem Wissen hätte angreifen müssen. Konnte es wirklich sein, dass die weisen Männer des Ordens irrten, was die Drachen und ihre Flügel anbelangte?
    Das konnte Ben nicht glauben. Irgendwer hätte das über die Jahrhunderte doch bemerken müssen. Oder war Aiphyron vielleicht eine Ausnahme, ein ungewöhnlicher Drache, der sich anders verhielt als seine Artgenossen? Mit einem Kopfschütteln schleuderte Ben diese Gedanken fort. Er würde den Drachen einfach beobachten, dann würde sich schon alles zeigen.
    Einmal hatte Ben versucht, Aiphyron anzusprechen, aber keine Antwort erhalten. Jetzt wagte er es nicht mehr. Er behielt den dunklen Waldsaum am Flussufer rechts und links im Auge, entdeckte jedoch keine Verfolger. Doch das bedeutete
nichts, er hatte den Weg ursprünglich ja auch selbst gewählt, weil man im dichten Laub nicht zu erkennen war. Sie hatten ihre Suche gewiss noch nicht aufgegeben, nicht, wenn es um Mord an einem Ritter ging. Sobald der Orden davon erfuhr, würde die Jagd erst richtig losgehen, und bis dahin musste er weit im Süden sein. Ben knurrte einen Fluch und griff wieder nach dem Schulterknubbel. Seine einzige Hoffnung war, dass Yanko den Mörder fand und sie dann die Jagd auf ihn abbliesen.
    Immer wieder flossen kleinere Bäche in den Sippa, der zwar mit jeder Meile breiter und tiefer wurde, von einem Zusammenfluss mit dem Dherrn war jedoch weit und breit nichts zu sehen. Manchmal tauchte ein Fisch an der Wasseroberfläche auf und schnappte nach Insekten, kleine Gruppen Roter Langhalsenten schwammen hin und wieder in Ufernähe herum und schnatterten, wenn Ben und Aiphyron herankamen. Manchmal flog eine Ente über sie hinweg, auch zahlreiche andere Vögel bevölkerten den nahen Wald und den Himmel über ihnen.
    »Verfluchter Ritter«, knurrte Aiphyron mit einem Mal in die plätschernden Wellen hinein. »Deinetwegen werde ich nie wieder fliegen können.«
    »Aiphyron?«, fragte Ben vorsichtig.
    »Du bist nie geflogen!« Das klang fast wie ein Vorwurf, und Ben wusste nicht, ob damit er oder der tote Ritter gemeint war. »Du weißt nicht, was es heißt, in eine Wolke zu tauchen und wieder hinaus. Die klare Kälte über den Wolken oder der scharfe Wind im Sturzflug, der Rausch, wenn man dem Erdboden entgegenfällt. Das Flattern der Flügel im Wind, der Kampf mit den Stürmen, von ihnen umhergeschleudert zu werden, ein Spielball, aber zugleich auch ein Spieler. Du
kannst es dir nicht vorstellen, Ben. Das kannst du nicht. Das ist vollkommenes Glück, glaub mir.«
    Ben wusste nicht, was er sagen sollte. Plötzlich dachte er an Nica, an ihr Lächeln, und bezweifelte sehr, dass von Winden gebeutelt zu werden ein größeres Glück wäre, als bei Nica zu sein, sie zu küssen und zu berühren. Doch das sagte er nicht.
    »Nie wieder werde ich fliegen, nie wieder! Mein Flügel treibt irgendwo vor mir diesen dämlichen Fluss hinab, und ich bin für immer an den Erdboden gekettet. Nur weil sich so ein hirnloser Ritter einbildet, ich würde Jungfrauen fressen! Verfluchter Höhlenschädel!« Blitzschnell wälzte sich Aiphyron um die eigene Achse und schnappte mit seiner Klaue nach einer fliegenden Roten Langhalsente. Ben wurde in

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