Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Titel: Der Drachenthron: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Deas
Vom Netzwerk:
weiße Seidenband unter seinem Kopfkissen hervor und knotete sie um seine Handgelenke. Die südlichen Ritter banden sich häufig Stoffstreifen um die Arme. Links getragen waren sie ein Zeichen des Sieges, rechts drückten sie eine Verpflichtung aus, was Jehal gestattete, die taiytakischen Seidenbänder in greifbarer Nähe zu haben, ohne einen Verdacht auf sich zu ziehen. Normalerweise trug Jehal das schwarze ums linke und das weiße ums rechte Handgelenk. Irgendwie schien das zu passen.
    Beinahe unbewusst band er den schwarzen Seidenschal noch einmal auf und legte ihn sich auf die Augen. Der kleine goldene Drache war immer noch in Lystras Zimmer, schwirrte wie verrückt von einer Ecke zur anderen und suchte verzweifelt nach einem Weg ins Freie.
    Jehal lächelte. Als er hinausging, begann er leise zu pfeifen.

41
     
    Kriegskünste
     
    J aslyn ließ Vidar eine scharfe Kurve nehmen und tauchte ab. Fünf von Königin Sheziras Reitern, die in einer geschlossenen Formation neben ihr flogen, stoben plötzlich und scheinbar zufällig auseinander. Der Boden lag nun direkt unter ihr und schoss auf sie zu. Genau in der Mitte ihres Blickfelds riss eine Traube von Soldaten ihre Schilde aus Drachenschuppen in die Höhe. Vidar spuckte Feuer auf sie hinab, breitete die Flügel aus und fing den Sturzflug ruckartig ab. Eine riesige Hand schien Jaslyn gegen den Hals des Drachen zu drücken und presste ihr die Luft aus den Lungen. Sie hatte keine Möglichkeit nachzusehen, ob das Feuer großen Schaden angerichtet hatte, aber sie bezweifelte es. Bei den Soldaten handelte es sich um eine halbe Legion der Adamantinischen Garde, und ihnen war genügend Zeit geblieben, um ihre Schilde ineinander zu verkanten. Andererseits war der Sinn des Abtauchens nicht der gewesen, sie zu verbrennen. Es war nur ein Ablenkungsmanöver gewesen, damit ihre Ritter ins Kampfgeschehen eingreifen konnten und sie dabei nicht getötet wurde.
    Hinter ihr nahmen die fünf Ritter die Soldaten aus fünf verschiedenen Richtungen gleichzeitig unter Beschuss, drehten ab und flogen davon. Sie hatten Jahre darauf verwendet, dieses Manöver zu vervollkommnen, und das alles für diesen einen Tag.
    Sobald sich Jaslyn vor den Soldaten am Boden und ihren gefährlichen Skorpionen in Sicherheit gebracht hatte, ließ sie Vidar ein wenig an Höhe gewinnen und warf einen Blick über die Schulter, um nach ihren Reitern zu sehen. Drei von ihnen folgten ihr, die anderen beiden waren bereits gelandet. Was bedeutete, dass es den Soldaten gelungen war, einen Treffer zu erzielen, nachdem die Ritter ihr Feuer versprüht und sich aus dem Staub gemacht hatten. Was bedeutete, dass sie nun tot wären, wäre dies ein echter Kampf gewesen.
    »Zwei?« Jaslyn tätschelte Vidar den Hals. »Sie haben zwei getroffen. Hast du das gesehen? Denkst du, Mutter wird verärgert sein?« Sie lächelte in sich hinein, während sie Vidar über die Soldaten schweben ließ und vor ihnen salutierte. »So viel zu unserem tollen Plan, hm? Glaubst du, wir haben welche von ihnen erwischt?« Von hier oben war es schwer zu sagen, ob einer der Soldaten verbrannt war. Doch selbst wenn ihr Schildwall sie im Stich gelassen hätte, hätte ihre Rüstung aus Drachenschuppen das Schlimmste verhindert.
    Die restlichen Legionen der Garde hatten sich um die Hungerberge verstreut angeordnet, damit alle Drachenkönige und -königinnen ihr Können in der Schlacht unter Beweis stellen konnten. Jaslyn zog eine Weile ihre Kreise und beobachtete die Umgebung, für den Fall, dass einer der Angreifer mit einer originellen Idee aufwartete, aber soweit sie das beurteilen konnte, war das niemandem gelungen. In weiter Ferne sah sie eine Gruppe Ritter, die genau denselben Trick versuchten, den sie angewendet hatte. Doch ihnen unterlief ein Schnitzer. Als der erste Ritter das Feuer eröffnete und seinen Drachen senkrecht nach oben steigen ließ, hätten die anderen fünf zur Stelle sein sollen, was sie jedoch nicht waren. Sie hatten sich nur um ein paar Sekunden vertan, aber das reichte aus, damit die Legion ihren Schildwall neu bilden und das Feuer abwehren konnte. Vor hundertsechzig Jahren, als Prinz Lai – der Meister des Krieges – diese Technik zum ersten Mal vorgeführt hatte, waren hundert tote oder verletzte Männer zu beklagen gewesen.
    Jaslyn seufzte. Für jede Angriffsformation hatten die Legionen einen passenden Konterschlag. Nichts veränderte sich je. Es glich beinahe einem rituellen Tanz, bei dem alle Anwesenden jede einzelne

Weitere Kostenlose Bücher