Der Drachenthron: Roman (German Edition)
besser, wenn Ihr in Bälde das Zeitliche segnet. Es wäre doch schrecklich, einen Sprecher zu haben, der überhaupt nicht sprechen kann. Und wie geht es eigentlich Eurem Gedächtnis? Werdet Ihr allmählich vergesslich?«
»Jehal.«
Jehal hielt inne, wandte sich jedoch nicht um. »Hoheit?«
»Königin Aliphera. Es heißt, sie sei v-von ihrem Drachen gef-fallen.«
»Das ist mir auch zu Ohren gekommen.« Jetzt endlich drehte er sich wieder um und sah Hyram an, um in seinem Gesicht lesen zu können.
»Ich kannte Aliphera. Sie l-liebte die Jagd und ritt so gut auf ihrem D-Drachen wie ein Mann. Diese Vorstellung – ist a-absurd.«
Jehal zuckte mit den Schultern. »Ja, das ist sie, nicht wahr? Aliphera hat sich allerdings absichtlich von ihrer Eskorte entfernt. Niemand hat gesehen, was anschließend geschehen ist, oder will es zugeben.« Er lachte. »Ihr könntet immer noch den Drachen fragen.«
»Ich frage aber Euch .«
»Was genau soll das heißen, Hoheit?«
»Steckt Z-Zafir dahinter?«
»Wenn Ihr das wissen wollt, dann solltet Ihr sie fragen, nicht mich.«
»D-Das habe ich. Es waren meine e-ersten Worte, nachdem ich ihr die Krone auf den Kopf ges-setzt habe: H-Habt Ihr Eure Mutter getötet, um die hier zu bekommen?«
Jehal feixte. »Sie muss entzückt gewesen sein. Aber wenn Ihr plötzlich auf meine Meinung Wert legt, so muss ich gestehen, dass mir ein ähnlicher Gedanke durch den Kopf geschossen ist. Auch wenn ich bezweifle, dass Zafir Königin Aliphera ermordet hat. Sie mag den Ehrgeiz besitzen und in der Vorstellung schwelgen, aber ihr fehlt der Mut.«
»E-Euch jedoch nicht.«
»Mir?«, knurrte Jehal. »Da ich anscheinend sogar dabei versagt habe, meinen eigenen Vater zu vergiften – trotz all der vielen Jahre und meiner verzweifelten Bemühungen -, bin ich womöglich kein so guter Mörder wie Ihr denkt. Eure Hoheit.«
»Ich werde W-Wahrheits-Finder in Euer Drachennest schicken. Ebenso wie z-zu Zafirs. B-Bellepheros wurde bereits angewiesen. Wenn Ihr i-irgendeinen Versuch unternehmt, ihren Auftrag zu boykottieren, werde ich w-wissen, dass Ihr schuldig seid.«
»Euer Vertrauen in meinen Charakter ist rührend, Hoheit. Gewiss, schickt wen auch immer Ihr wollt, und natürlich wird Bellepheros alles Notwendige vorfinden. Ich verlange, dass er so sorgfältig und genau arbeitet wie möglich, und wenn er nichts findet, erwarte ich, dass Ihr mir dennoch ebenso sehr misstraut wie bisher. Seid Ihr nun mit mir fertig, alter Mann?«
»D-Das hoffe ich sehr.«
Jehal beugte sich zu Hyram vor und hielt seinen Blick gefangen. »Was wäre, wenn Ihr falschliegt? Wenn ich die letzten Jahre nicht damit verbracht habe, meinen eigenen Vater langsam zu ermorden? Wenn ich stattdessen nach einem Heilmittel gesucht habe? Was wäre, wenn ich tatsächlich eines gefunden habe?«
Für den Bruchteil einer Sekunde war ein Zögern in Hyrams Augen zu lesen. Nur für eine Sekunde, aber Jehal konnte seinen Sieg förmlich schmecken. »Dann w-würde ich mich freuen, ihn bald wieder im S-Sattel zu sehen.«
»So wie ich, Hoheit. So wie ich.« Jehal machte auf dem Absatz kehrt und biss sich mit versteinertem Gesicht auf die Lippe. Als er sicher war, dass ihn niemand beobach – tete, wagte er einen Blick zum Turm der Lüfte.
»Also«, flüsterte er, als könne der Wind seine Worte zu Zafir tragen. »Denkst du, ich habe eine gute Vorstellung hingelegt?« Er begann zu kichern und dann zu lachen, bis er weinen musste, und anschließend wusste er nicht mehr, ob es das Gelächter oder die Tränen waren, denen er nicht mehr Einhalt gebieten konnte.
5
Shezira
D as Rudel Schnäpper stob bereits auseinander. Shezira suchte sich eines der Tiere aus und schrie Mistral einen Befehl zu. Gehorsam drehte der Drache ab und tauchte wie ein Falke, die Flügel eng angelegt, durch die Luft und schoss zur Erde hinab. Dennoch war der Schnäpper zu schnell. Er würde die Bäume erreichen, bevor Mistral nah genug an ihn herankam. Shezira fauchte enttäuscht auf. Das also war die Strafe, einen Kriegsdrachen auf die Jagd mitzunehmen. Sie waren zu stämmig, ihre Schultern zu breit und ihre Schwingen zu groß, sodass Shezira die Hälfte der Zeit nicht einmal sehen konnte, was sie gerade tat. Es sei denn, sie vollführte einen Sturzflug wie eben, wobei ihr dann aber der scharfe Wind die Sicht erschwerte. Mit zusammengekniffenen Augen suchte sie die vereinzelt stehenden Bäume tief unter ihr ab.
»Feuer!«, rief sie.
Mistral spannte die Flügel auf.
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