Der Drachenthron: Roman (German Edition)
Vorliebe ganze Dörfer abschlachteten. Drachen waren bei Weitem das beste Gegenmittel, und König Valgar hatte die Herde für sie aufgespart, um ihnen eine echte Jagd zu ermöglichen.
Mistral stapfte auf Vidar zu und rempelte ihn fauchend an. Vidar zischte zornig. Die Drachen spürten die angespannte Stimmung ihrer Reiter. Mistral war wahrscheinlich noch dazu hungrig, und die anderen Drachen aßen bereits ihren ersten Fang. Der Geruch von Blut lag in der Luft und wurde untermalt vom Knacken der Knochen, dem Reißen von Fleisch und dem schweren Atmen der Drachen.
»Möchtest du tauschen, Mutter?«, fragte Almiri, die weiterhin laut schreien musste, damit die anderen sie verstanden. »Nimm doch ein richtiges Reittier für die Jagd!«
Das Angebot war verlockend, aber Shezira schüttelte den Kopf. »Die Abenddämmerung wird anbrechen, bevor ihr hier fertig seid, und ich muss zurück zu Valgars Nest. Ich sollte Lystra im Auge behalten, nur für den Fall, dass sie eine Dummheit begeht.«
»Du hättest sie mitnehmen können.«
»Eine Woche, bevor sie Jehal versprochen ist? Du kennst sie, insbesondere wenn Jaslyn sie anstachelt. Ich will sie vorführen, wie sie sein könnte , perfekt und wunderschön, und nicht, wie sie normalerweise aussieht , voller blauer Flecken und Schrammen. Nein. Es war nett, ein wenig mit euch zu fliegen, doch ich sollte mich auf den Weg machen.«
Almiri lächelte. »Es ist dennoch schade. Ich hätte es schön gefunden, wenn wir vier ein letztes Mal gemeinsam geflogen wären.«
Die Worte trafen Shezira mitten ins Herz, auch wenn Almiri ihre Mutter nicht absichtlich hatte kränken wollen. Es schien, als sei es erst gestern gewesen, als sie Almiri an König Valgar feilgeboten hatte. Dieser Schritt war ihr nicht leicht gefallen, aber wenigstens waren ihre Clans seit Jahrhunderten eng miteinander verbunden, und ihre Reiche lagen nah beieinander. Außerdem war Almiri die Älteste. Sie war die Thronerbin und würde einmal zur Königin des Sandes und Steins gekrönt werden, weshalb es die richtige und angemessene Entscheidung gewesen war, sie gehen zu lassen. Und Shezira hatte immer noch Jaslyn und die kleine Lystra für sich gehabt.
Im Laufe der Jahre hatte sie Jaslyn an ihre Drachen verloren, und jetzt würde sie die Letzte ihrer Töchter an einen Prinzen verlieren, den sie kaum kannte und der in einem mehr als tausend Meilen entfernten Palast wohnte. Ein notwendiges und zweifellos nützliches Arrangement, doch sobald die Hochzeit vonstattengegangen war, wäre Lystra eine Fremde für sie. Und an diesen bitteren Gedanken musste sie sich erst noch gewöhnen.
Almiri musste die Trauer in Sheziras Gesicht gesehen haben, denn sie fügte rasch hinzu: »Sobald du im Adamantpalast bist, kannst du uns alle so oft du willst zu dir rufen lassen. Du kannst so viele Jagden und Turniere veranstalten, wie du willst. Prinz Jehal wird Lystra mitbringen müssen , wenn du es ihm befiehlst.«
All das entsprach der Wahrheit, doch Shezira konnte das Gefühl nicht loswerden, dass sich alles von Grund auf ändern würde. Sie seufzte. »Eines Tages, Prinzessin. Eines Tages … Könntest du Mistral die Hälfte deines Fangs abgeben? Er wird allmählich unruhig.«
Die Hälfte eines Schnäppers war für ein Ungetüm wie Mistral nicht viel mehr als eine kleine Zwischenmahlzeit, aber sie genügte, um seinen Missmut zu besänftigen. Mit einem plötzlichen Anfall von Bedauern trennte sich Shezira von der Jagdgesellschaft und überließ sie ihrem vergnüglichen Schicksal. Sie wendete Mistral am Boden. Das Tier bewegte sich schwerfällig und langsam und begann dann, ungelenk zu laufen. Die anderen Drachen richteten sich neugierig auf und schauten hoch, denn die Schritte eines rennenden Kriegsdrachen konnten die Erde derart zum Erzittern bringen, dass ganze Häuser einstürzten, und ein Monstrum wie Mistral benötigte eine Weile, sich in die Lüfte zu erheben. Als er jedoch endlich die Flügel ausbreitete und in den Himmel stieg, war jegliche Plumpheit von ihm abgefallen. Shezira flog einen Kreis über den Jägern und gab Mistral das Kommando, kurz den Flügel zu neigen, um den anderen Glück zu wünschen. Dann ließ sie die Berge und Wälder hinter sich und schoss über die weite Ebene. Sie gestattete Mistral, sein eigenes Tempo zu finden, und genoss den sanften Wind in ihrem Haar und das wundervolle Gefühl, vollkommen allein zu sein. Es kam nicht oft vor, dass sie den Himmel mit niemandem teilen musste, obwohl sie schon vor
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