Der Drachentoeter
praktisch überall zur Außenseiterin. Ein reinblütiger Elf würde sie trotz ihrer Jugend und Schönheit keines zweiten Blickes würdigen.
Mich selbst verlangt es nicht mehr nach irgendwelchen intimeren Kontakten, seit meine Gemahlin sich vor geraumer Zeit mit einem Zauberlehrling, der nur halb so alt war wie ich, zum Feenhain abgesetzt hat. Gegen einen Klienten hätte ich allerdings nichts einzuwenden. Im Moment herrscht gerade Ebbe in meiner Kasse, und Ghurd der Barbar, schätzt es gar nicht, wenn man mit der Miete in Rückstand gerät.
Der Palast sollte mich eigentlich engagieren, damit ich das verschwundene Rote Elfentuch finde. Das ist im Moment das vorherrschende Thema in Turai, obwohl die Regierung versucht hat, die Angelegenheit mit dem Mantel des Schweigens zu bedecken. Rotes Elfentuch ist wertvoller als Gold. Ich könnte eine fette Belohnung einstreichen, wenn ich es fände. Unglücklicherweise will keiner meine Dienste. Die Palastwache und die Zivilgarde sind beide an dem Fall dran und platzen geradezu vor Zuversicht, dass sie das Tuch bald aufgespürt haben werden. Ich dagegen bin sehr zuversichtlich, dass sie noch nicht mal den Hauch einer Spur haben. Wer gerissen genug war, sich eine schwerbewachte Fuhre Rotes Elfentuch für den König von Turai unter den Nagel zu reißen, der ist ganz bestimmt auch schlau genug, es vor der Zivilgarde zu verstecken.
2. Kapitel
Der Frühlingsanfang in Turai ist mild und angenehm, hält aber leider nicht lange an. Der lange Sommer und der Herbst dagegen sind unerträglich heiß. Und im Winter regnet es unfehlbar dreißig Tage und dreißig Nächte lang. Danach wird es so verdammt kalt, dass die Bettler auf den Straßen erfrieren. Damit hätten wir die Klimafrage fürs erste abgehakt. Der oben erwähnte Frühlingsanfang ist zu Ende und die Temperaturen klettern allmählich in die Höhe. Ich fühle mich bereits jetzt sehr unwohl und frage mich, ob es für das Bierchen des Tages noch zu früh ist. Höchstwahrscheinlich. Außerdem bin ich pleite. Ich hatte seit Wochen keinen einzigen Klienten. Man könnte meinen, dass die Verbrechensrate in Turai gesunken ist, nur leider hat das Verbrechen in Turai immer Hochkonjunktur. Es gibt einfach zu viele Gauner, die in Armut leben, und zu viele reiche Geschäftsleute, die nur darauf warten, von den Erstgenannten ausgeraubt zu werden oder gerade selbst versuchen, irgendein ungesetzliches Geschäft abzuwickeln. Aber rätselhafter Weise fließt dieser Geldstrom immer an mir vorbei. Meinen letzten Auftrag habe ich erfolgreich abgeschlossen. Ich habe ein magisches Amulett gefunden, das der alte Gorsius Sternengucker bei einer Sauftour in einem Bordell liegen gelassen hat. Ich habe es nicht nur wiederbeschafft, sondern die ganze Angelegenheit auch noch ohne großes Aufsehen erledigt. Der makellose Ruf, den er im Palast genießt, hätte vielleicht ein paar Schrammen bekommen, wenn sich seine kleine Schwäche für blutjunge Prostituierte in der ganzen Stadt herumgesprochen hätte.
Gorsius Sternengucker hat versprochen, mir als Ausgleich ein paar kleinere Aufträge zuzuschanzen, aber daraus ist nie was geworden. Man kann sich auch nicht wirklich darauf verlassen, dass ein Palastzauberer eine Gefälligkeit erwidert. Die sind viel zu sehr damit beschäftigt, die Karriereleiter hochzuklettern, Horoskope für junge Prinzessinnen zu ersinnen, also den üblichen Zauberschmu abzuziehen.
Ich bin gerade zu dem Schluss gekommen, dass es eigentlich keine andere Alternative für mich gibt, als hinunterzugehen und ein Bierchen zu zischen, ganz gleich wie früh es gerade sein mag, als jemand an meiner Wohnungstür klopft. Ich habe zwei Zimmer, und benutze das vordere als Büro. Von der Straße aus gibt es eine Hintertreppe, falls mich jemand aufsuchen will, ohne zuerst durch die Kaschemme gehen zu müssen.
»Herein!«
Meine Zimmer sehen aus wie ein Schweinestall. Ich bedauere es. Ich mache nichts dagegen.
Die junge Frau, die hereinkommt, sieht aus, als würde sie über alles die Nase rümpfen, das weniger feudal als eine Suite im Palast ist. Sie schlägt die Kapuze zurück und präsentiert mir eine goldblonde Mähne, tiefblaue Augen und ein perfekt geschnittenes Gesicht. Sie ist bildhübsch, wie wir Detektive immer sagen.
»Thraxas, Privatdetektiv?«
Ich nicke und fordere sie auf, sich zu setzen. Das macht sie auch, nachdem sie erst mal einen Stuhl freigeräumt hat. Wir sehen uns über den Tisch und die Reste eines Abendessens hinweg an. Es stammt
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