Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Drachenwald

Der Drachenwald

Titel: Der Drachenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anu Stohner
Vom Netzwerk:
links. Nach vorne rechts oder hinten links? Ich wusste es einfach nicht und stand wie festgewachsen auf der Stelle.
    »Hrrrrrghrrr   …!«
    Diesmal kam es von hinten links.
Von hinten links!
Ich hatte es genau gehört. Erst war es von vorne rechts gekommen und jetzt von hinten links.
    »Hrrrrrghrrr   …!«
    Jetzt war es wieder vorne rechts.
    »Hrrrrrghrrr   …!«
    Und jetzt wieder hinten links.
    Ein Mensch mit guten Nerven hätte sich jetzt überlegt, was er macht. Aber ich hab ja schon erzählt, dass ich nicht so der Nerven-wie-Drahtseile-Typ bin. Ich kriege von so was die Panik, und so war’s auch jetzt. Vorne rechts oder hinten links |84| war mir auf einmal vollkommen egal. Ich spürte nur ein Kribbeln in den Knetebeinen und rannte los, egal wohin, nur weg!

    »Knack-knack-knack!«, ging es durchs Unterholz. »Knack-knack-knack-knack-knack!«
    »Hrrrrrghrrr   …!«
    »Hrrrrrghrrr   …!«
    Ich rannte um mein Leben, und   – »doinggg!«   – auf einmal war es aus.

|85| Das zwölfte Kapitel
mit einer leibhaftigen Prinzessin (Und sie hat auch noch tiefe, dunkle Augen!)
    Soll ich euch sagen, wofür ein Fahrradhelm noch gut ist: für Panikanfälle in einem Drachenwald. »Doinggg!«, hatte es gemacht, als ich im Dunkeln gegen einen Baum knallte, dann war es ein Weilchen schwarz mit Glitzersternchen in der Luft, und dann wurde ich schön langsam und dösig wieder wach. Nur die Erde schwankte noch   … oder vielleicht nur der Wald   … der Wald   … der Drachenwald   … DER DRACHENWALD!!!
    Auf einmal ging alles ganz schnell. Kaum dachte ich an den Drachenwald, war ich voll da. Ich war im Drachenwald! Und ich hatte den Drachen gehört! Nein, zwei! Oder war einer davon Wuschel gewesen?
    Wuschel!
    Wo war Wuschel?
    Ich lag auf dem Rücken, und jetzt setzte ich mich auf. Ich wartete, bis die Erde (oder der Wald) ein bisschen zur Ruhe kam, dann öffnete ich langsam die Augen.   – Und dann war ich wahrscheinlich doch noch zu schwach, jedenfalls |86| für das, was ich sah. Ich sank wieder zurück und hörte, wie eine samtweiche Stimme sagte:
    »Er ist wieder ohnmächtig geworden.«
    Dabei war ich das gar nicht, sonst hätte ich ja wohl nichts gehört.
    »Gib ihm einen Klaps!«, hörte ich eine zweite, nicht so samtweiche Stimme, und bevor ich sagen konnte, dass ich keinen Klaps brauchte, haute mir jemand links und rechts eine auf die Wangen, aber zum Glück nicht fest. Oder nein: ganz federleicht und zart.
    »Fester!«, sagte die andere, nicht so samtweiche Stimme.
    Und soll ich euch was sagen: Heute denke ich, ich hätte die zwei nächsten Ohrfeigen noch abwarten sollen, dann könnte ich nämlich sagen, dass ich gleich zwei Mal federleicht und zart von einer Prinzessin abgewatscht worden bin. So war’s leider nur ein Mal, denn bevor die Prinzessin noch mal zuhauen konnte, setzte ich mich auf und sagte:
    »Danke, geht schon.«
    Und da sah ich sie. Und sie sah überhaupt kein bisschen wie eine Prinzessin aus. Und trotzdem sah man sofort, dass sie eine war. Was ich meine, ist: Sie hatte nur so ein einfaches braunes Kleid |87| mit einer weißen Schürze an und kein Krönchen auf und keine tolle Frisur, nur so lange, blonde, über die Schulter fallende Haare und so eine süße kleine Nase und dunkle Augen mit so einem ganz tiefen Blick wie Klara aus unserer Klasse, die nachmittags nie Zeit hat, weil sie immer reiten geht, nur dass die schwarze Haare hat   – also ganz normal sah die Prinzessin aus, nur war da eben so was ganz Besonderes an ihr, das spürte man.
    »Möchtest du dich vielleicht vorstellen?«, sagte die andere Stimme, also die, die der Prinzessin gesagt hatte, das sie fester zuhauen sollte. Sie gehörte einem jungen Mann mit langen, dunklen Haaren.
    Jetzt sah ich erst, wo wir waren: Auf der kleinen Lichtung im Drachenwald, wo wir bei unserem ersten Abenteuer in der Ritterzeit die Wilden Wölfe besiegt hatten. Darum war es jetzt auch so hell, dass ich alles sehen konnte. Ich saß im weichen Moos, neben mir lag mein Helm, und die Prinzessin und der Langhaarige knieten vor mir, wie man vor jemandem kniet, dem es nicht so gut geht. Mir ging es aber wieder gut, und der Langhaarige, der wollte, dass ich mich vorstellte, gefiel mir gar nicht.
    »Stell du dich doch vor!«, sagte ich pampig.
    |88| »Gern«, sagte er mit einem freundlichen Lächeln. »Hubert.«
    »Tim«, sagte ich, aber das Lächeln des Langhaarigen gefiel mir auch nicht. Es war so dieses affige Schönlinglächeln wie bei den Typen,

Weitere Kostenlose Bücher