Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Dreissigjaehrige Krieg

Der Dreissigjaehrige Krieg

Titel: Der Dreissigjaehrige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper Johannes Saltzwedel
Vom Netzwerk:
Planetenforscher also vom Pech verfolgt, nach einer Serie von Pleiten und Pannen, die schon mit seiner Geburt 1571 begann. Kepler kam wohl als Siebenmonatskind auf die Welt, litt zeitlebens unter einer kränkelnden Konstitution und war von frühester Kindheit an kurzsichtig. Trotz aller Begabung brachte der geniale Theoretiker einen Großteil seines beruflichen Lebens als schlechtbezahlter Lehrer zu. Zwischenzeitlich fand er am Hof des habsburgischen Kaisers Rudolf II. in Prag eine Anstellung, musste aber seinem Gehalt ständig hinterherrennen; deshalb klagte Kepler, der Kaiser lasse ihn »stramm hungern«.
    Auch sein Privatleben war arg überschattet: Drei der fünf Kinder, die er zusammen mit seiner ersten Ehefrau Barbara gezeugt hatte, starben früh. Dann wurde auch noch die Gattin selbst vom Fleckfieber hingerafft. Weil Kepler seine beiden verbliebenen Kinder nicht allein aufziehen konnte, begab er sich alsbald wieder auf Brautschau. Hierbei offenbarte der Witwer eine ähnlich analytische Schärfe, wie sie in etlichen seiner kosmologischen Schriften zu finden ist. Angesichts einer Kandidatin berichtete der Werbende: »Ich dünn, saftlos, zart, sie klein und fett, aus einer durch überflüssiges Fett ausgezeichneten Familie.«
    So kundig er als Astronom war: Gegen das allseits über dem eigenen Haupt dräuende Unheil setzte Kepler sein strenges Arbeitsethos. Ungeachtet aller Krisen um ihn herum schrieb er sich die Finger wund. Obwohl der junge Wissenschaftler zunächst als Mathematiklehrer in Graz wirken musste, bemerkte der berühmte Kollege Tycho Brahe den fleißig publizierenden Novizen aus der Provinz. Von 1600 an wurde Kepler dessen Assistent in Prag. Weil Brahe im Jahr darauf auf mysteriöse Weise verstarb, erbte Kepler unverhofft dessen Stellung als Mathematiker am Hofe Rudolfs II. Der Herrscher hielt den Himmelsforscher finanziell zwar an der kurzen Leine, ließ ihm ansonsten aber weitgehend freien Lauf.

    Quelle: IAM/AKG
    Keplers Diagramm zur Erklärung
    der elliptischen Bahn des Planeten Mars
    (Aus seiner »Astronomia Nova«, 1609)
    Während Europa auf eine Katastrophe zusteuerte, die den Kontinent stellenweise in barbarische Verhältnisse zurückkatapultierte, hatte sich Kepler erkenntnistheoretisch bereits weit in die Zukunft abgesetzt. Die wenigen fortschrittlichen Geister der Zeit hielten nämlich das von der Kirche gepredigte geozentrische Weltbild mit der ruhenden Erde im Mittelpunkt für längst überholt. Die Dissidenten suchten Zuflucht bei der heliozentrischen Sichtweise von Nikolaus Kopernikus: Demnach war die Sonne der Angelpunkt, um den die Planeten in konzentrischen Kreisen zogen.
    Kepler kannte allerdings auch die Schwierigkeiten des neuen Modells: Wie konnte man zum Beispiel rechnerisch die alles andere als kreisförmige Bahn des Mars nachvollziehen, die der Planet regelmäßig zog? Im Schatten der Prager Burg mühte sich Kepler um Erklärungen. Als Bruder im Geiste und Bündnisgenossen versuchte er den umtriebigen Toskaner Galileo Galilei zu gewinnen. Der Italiener war nicht nur ein beschlagener Wissenschaftler, sondern auch ein exzellenter Techniker und Geschäftsmann. Das Guckrohr, zunächst eine Art Jahrmarktssensation, baute er zum leistungsstarken Teleskop und wichtigsten Werkzeug der Astronomie aus.
    Weil Galilei seine Neuschöpfung selbst vermarktete, sprudelten alsbald erhebliche Einnahmen in seine Schatulle. Während Kepler mit seiner Familie in vergleichsweise bescheidenen Quartieren hauste und um seinen Lohn betteln musste, bewohnte der Kollege aus dem Süden eine prächtige Villa mit Blick auf das Zentrum von Florenz. Eine ähnliche Unwucht prägte auch das Verhältnis der beiden Pioniere untereinander. Der vor Selbstbewusstsein strotzende Galilei nutzte Keplers huldigende Briefe in der Fachwelt gern als Zeugnis für die Richtigkeit seiner Forschung, blieb selbst aber mit wohlmeinenden Worten an den Deutschen überaus sparsam.
    Kepler war von ganz anderem Naturell. Stets zweifelte er an sich und seiner Arbeit. Seinen eigenen Vortragsstil empfand er als »abstoßend oder jedenfalls verwickelt und schwer verständlich«. Über eines seiner Hauptwerke, die 1609 erschienene »Astronomia Nova«, urteilte er im Nachhinein: »Ich selber, der ich als Mathematiker gelte, ermüde beim Wiederlesen meines Werkes mit den Kräften meines Gehirns.« Bevor Kepler auf sein revolutionäres erstes Planetengesetz stieß, irrlichterte er auf der Suche nach der richtigen Lösung jahrelang

Weitere Kostenlose Bücher