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Der dritte Berg

Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.F. Dam
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neben Gabriela ins Bett. Ihr Atem verrät, dass sie nicht schläft. Keiner von uns sagt ein Wort. Gabrielas Haar liegt wie eine schwarze Lache neben ihr. Gabriela ist zweiunddreißig, doch sie scheint auf einmal gealtert. Die Kieferknochen treten hervor und die Wangenmuskeln sind zu stark akzentuiert.
    Ich wälze mich wieder aus dem Bett, gehe hinüber in den Wohnraum und setze mich in eines der orangefarbenen Sofas. Gabrielas Wohnung ist vollgestellt mit solchen Möbeln. Es ist Zeit zu verschwinden. Man verpasst mir Warnungen. Aufgeben kommt nicht in Frage; aber ich werde Haken schlagen. Und ich muss dabei verdammt achtgeben, andere Leute nicht noch mehr in Gefahr zu bringen.
    Meinem Vater schreibe ich eine Kurznachricht; er soll seine Augen offen halten. Dann rufe ich Sophia an.
    »Ich brauche dich«, sage ich.
    Stille.
    »Du musst mir sagen, was mit Christian los ist.« Ich erzähle Sophia von den Ereignissen am Schluchsee und in Gabrielas Wohnung. Ich sage auch, wer wohl dahintersteckt.
    Diesmal dauert die Stille eine halbe Minute lang. Sophia ist sauer, weil ich mit der Schwarzwaldgeschichte erst jetzt rausrücke.
    »Mann, Bernard, ich hab dir vertraut.« Sie sagt es ruhig, resigniert.
    »Du musst mir helfen«, sage ich.
    »Christian hat mir eine Mail geschrieben«, sagt Sophia dann. »Heute Morgen. Er ist auf dem Weg nach Kalonagar. Dort findet ein Kongress statt, organisiert von dieser Aroga Corporation. Kann mir aber nicht vorstellen, dass er selber daran teilnimmt. Das ist ein Pharmakonzern. Und so weit sind wir mit unseren Forschungen noch lange nicht.«
    »Lass uns hinfliegen«, sage ich. »Ich besorge die Flüge. Wir sehen uns das an.«
    »Wie? Du meinst …«
    »Ja.«
    »Du musst wissen, hör zu, Bernard, du musst wissen, du bist ok. Im Grunde ganz und gar ok. Ich meine … deshalb erzähle ich dir so was überhaupt. Wir ziehen das durch. Wir greifen Christian unter die Arme, und wenn er Mist baut, hauen wir ihn raus. Gut? Ok?«
    »Ok.« Erst jetzt bemerke ich, dass Sophia getrunken hat, und es ist noch nicht mal Abend. Wie kommt sie außerdem darauf, Christian könne Mist bauen?
    »Das klitzekleine Ding ist aber …«, sagt Sophia, »ich bin in London. Mutterseelenallein, übers Wochenende. Heute Morgen geflogen. Hänge gerade in einer Spelunke ab.«
    London. Ich überlege eine Sekunde lang. Und ich kann kein Problem entdecken.
    »Ich hole dich von London ab«, sage ich. »Ich gebe dir die Daten durch. Wir treffen uns in Heathrow. Sicher haben sie bei British Airways noch ein Plätzchen für uns beide.«
    »Ja dann«, sagt Sophia und kichert, als sie die Verbindung unterbricht.
    Ich mache mich sogleich daran, von meinem Notebook die Flüge zu buchen. Um neun Uhr fünf werde ich am nächsten Tag von Wien-Schwechat nach London fliegen. Am frühen Nachmittag fliegen Sophia und ich dann weiter nach New Delhi.
    Darauf statte ich der Website der Aroga Corporation einen Besuch ab. Laut einer nicht zu übersehenden Ankündigung wird unser Horst Maettgen abermals die wissenschaftliche Eröffnungsrede zu einem Kongress von Aroga halten. Morgen Abend. Und diesmal in Indien, wohin er, ich wette, gemeinsam mit Christian reist. Wir werden in Kalonagar alle eine hübsche Versammlung abgeben.
    Ich schreibe die versprochene Nachricht an Sophia.
    Ich muss hier weg. Ich sehe nach Gabriela, sie schläft inzwischen. Schon am ersten Abend, vor zwei Jahren in Hamburg, hat Gabriela mir eröffnet, Liebe sei für sie keine Option . Sie hatte damals eine kurze, unerfreuliche Ehe hinter sich. Also optierten wir für Sex und Freundschaft mit realistischem Ablaufdatum. Was mir sehr entgegenkommt. Es gibt Leute, die denken, eine solche Haltung entspringe der Angst. Dabei ist sie Weisheit. Nur einmal bin ich gewankt, wohl nur einmal, in diesem unergründlichen New York. Liebe ist doch bloß ein Mythos, welcher der Menschheit über all diese dunklen Zeitalter geholfen hat.
    Verzweiflung aber erfasst mich jetzt. Wie ein kopfloses Huhn laufe ich durch Gabrielas Wohnung; ich berühre Gegenstände, als müsste ich mich von ihnen verabschieden. Gabriela, Maggie, Sunita. Vielleicht ist das Universum ja nichts als ein minus zweihundertdreiundsiebzig Grad kaltes Jammertal aus Leere und subatomaren Teilchen, die froh sind, im grenzenlosen Nichts ein anderes Teilchen zu finden. Auf das sie einen Moment lang sinnlos prallen können.

    Nach dieser elenden halben Stunde fahre ich in meine Wohnung. Ich habe keine Angst mehr davor, dort

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