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Der dritte Berg

Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.F. Dam
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ich denke an Minnie (die ich niemals mehr anrühren werde, die mich aber reizt).
    Hier folgt ein kleiner Porno, er vertäut mich vollends mit der Wirklichkeit. Denn da war die Weihnachtsfeier – vor bloß dreieinhalb Monaten – und sie ging für Minnie und mich zu Ende, als wir über mehreren Drinks entdeckten, dass wir diesen späten Abend eigentlich zu zweit, und zwar in dem Bett, das dem Partyort am nächsten lag, verbringen wollten (es war weder Minnies Bett noch meines, sondern das von Marlies, die dann irgendwo anders schlief; wir wissen bis heute nicht, wo).
    Dann weiter zu Maggie. In San Felice del Benaco, an dem Abend mit dem Streit, ist Maggie, die damals ja noch verheiratet war, immer mehr zu mir herangekrochen, schließlich sitzt sie auf mir, und Christian, der das kaum bemerkt, spricht über die Schwierigkeiten mit den alten indischen Handschriften, da sich dort die Schrift der alten Brahmi-Schrift annähert und nicht der Devanagari-Schrift gleicht, wir reden über Maggies Vater Robert Chelseworth, da dieser zu jener Zeit mit einer gefährlichen Gallengangentzündung im Krankenhaus liegt, und endlich der Streit, der seinen Ausgang eigentlich bei Maggies Behauptung nimmt, Christian sei zwar ein bedeutender Südasienhistoriker, doch auf keinem Teilgebiet sei er alleinig führend in der Welt. Jan Rytter schlage ihn auf dem Gebiet des frühen Tantrismus, und dieser Karen Priser könne er, sie wette, bei dem schwierigen Thema der Modifikation der alten Tridosha- und Ashtadhatu-Lehren durch Vagbhata (ja, Maggie wusste tatsächlich, wovon hier die Rede war, es ist Herzstück der historischen, ayurvedischen Medizin) nicht das Wasser reichen, und was die Religionswissenschaft insgesamt anbetreffe, das wisse ja jeder, denn hier hätten … Das stimmt nicht alles, aber Maggie will Christian provozieren, und das schafft sie mit links. Und in allen diesen Gesprächsthemen weiter kein Hinweis.
    Ich bestelle nochmals ungarischen Weißwein, den ich jetzt gemeinsam mit der Dame aus Tel Aviv trinke.
    Die Israelin macht mir unverhohlen Avancen – ja doch, man stelle sich kongressgelangweilt allein in dieser Stadt vor, London!, was die Leute hier essen, doch dann, das Hotel sei immerhin extraordinary , und der Jacuzzi in der Suite … – offenbar beabsichtigt sie, ihrem Mann, einem vielreisenden Physiker, eins auszuwischen. Dennoch ziehe ich die Sache eine halbe Stunde lang in Betracht, einfach nur um mich abzulenken, ich könnte in London bleiben … Die Dame ist allerdings aufregend; was am Ende aber nicht ihr, sondern wieder Minnie zugutekommt. Sie will mir nicht aus dem Kopf. Jetzt, da das mit Gabriela … Ich schalte meinen Bordbildschirm ein und lasse das Gespräch mit der Onkologin dahinplätschern. Eine Dokumentation über die wegschmelzende Arktis läuft unterdessen.

    Unter uns beginnt es bald zu dämmern. London liegt schon vorne im Dunst. Die Kabinenatmosphäre summt monoton vor sich hin. Minnie ist wieder weg. Minnie ist eine Schnapsidee. Seit fast einer Stunde habe ich auch nicht mehr an Iskander gedacht. Und mein schönes Israel: Es ist inzwischen eingenickt.

Zweites Buch
    EAST

V steht für dieser Cabbala Verzeihliche Sünden,
    das Wort der Papisten zu verwenden,
    doch aber sind es Todsünden,
    und jetzt Vampyrische , wie die Völker im Banat sagen,
    denn jetzt saugen sie Blut, wo sie es zuvor vergossen haben.
    Asiaticus 2

    2 Das Zitat stammt aus Lawrence Norfolks Roman Lempriere’s Wörterbuch. Es wird Asiaticus, einem unbekannten Autor von Flugschriften im England des 17. Jahrhunderts in den Mund gelegt, welches dieser ganz ähnlich geschrieben haben könnte. Bei Lawrence Norfolk lebt (ein dann fiktiver) Asiaticus jedoch im 18. Jahrhundert. Asiaticus wandte sich in seinen Pamphleten gegen die britische East India Company.

VIERZEHN UHR SECHSUNDVIERZIG – die Menschheit ist im Augenblick wach und beschäftigt. Die weit entfernte Nacht döst träge über dem Pazifik, als wolle sie dort etwas länger verweilen (derart menschenleer wird sie die Erde ja so schnell nicht wieder vorfinden), und nur an den Rändern des Ozeans, dort, wo die Nacht in Dämmerung ausfranst – in Kalifornien, Seattle, Vancouver, Japan und Ostaustralien –, ergibt sich ein signifikanter Teil der Menschen dem Schlaf.
    Fast elftausend Meter über dem Boden schwebend nähern wir uns soeben Paris; Sophia sitzt neben mir und liest, und ich lehne meine Stirn gegen das Kabinenfenster. Sophia hat sich in London die Haare machen

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