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Der dritte Berg

Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.F. Dam
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verliebt, aber wie weit reicht solch närrische Verliebtheit? Nirgendwohin. Eher ein Schwarm. Sie verstehen. Das Charisma des Fust’schen Wahnsinns. Da sie also auch nicht weiß, was Fust plant, willigt Sophia ein, mit mir zusammenzuarbeiten und mich auf dem Laufenden zu halten. Und irgendwie sind Sie, Bernard, da hineingeraten.«
    »Gegenleistung?«
    »Gegenleistung? Wir betreiben hier ja keinen Kuhhandel, was denken Sie. Höchstens der Eifer, Sophia bei der Dissertation zu helfen. Eine Leistung, die ich aber ohnehin erbringe. Es könnte ein revolutionäres Werk werden und manches, was der große Professor Fust bisher gemacht hat, in den Schatten stellen. Auch mit meiner Hilfe natürlich.«
    Ich beginne Respekt vor Sophia zu haben. Ich entdecke, dass mir dieser bisher gefehlt hat. Möglicherweise beginne ich sie auch zu fürchten. Sie hat langfristige Pläne. Sie scheut die Betten zum Erfolg nicht (oder tue ich ihr Unrecht, Sophia-der-Einsamen?). Und sie mag allemal klüger sein als wir alle.
    »Und was der Kuckuck ist heute Morgen geschehen?«
    »Ich fürchte, ich habe geplaudert«, sagt Schmithausen. »Heute Nacht habe ich Maettgen getroffen. Fust weiß inzwischen wohl, dass Sophia in der Stadt ist. Ich wette, sie ist bei ihm. Aber seien Sie unbesorgt, Bernard, von Ihnen habe ich kein Sterbenswörtchen gesagt.«
    Bevor ich Schmithausen ein paar Fragen stellen kann, die mehr Licht auf die nächtliche Begegnung auf der Promenade werfen könnten, kommt die Polizei. Die beiden Polizisten sind fast so müde wie wir und bemühen sich mit mäßigem Erfolg um freundliche Gesichter. Wir machen unsere langweiligen Angaben und werden nach zwei Unterschriften unter handgeschriebene Protokolle entlassen.
    Nach getaner Pflicht läuft Schmithausen sogleich zum Fahrstuhl und lässt mich grübelnd in der Lobby zurück. Christian hatte wohl ein wenig Überzeugungsarbeit zu leisten, bevor Sophia einwilligte, mit ihm zu kommen, daher der Notruf. Er könnte Teil eines Streits gewesen sein. Sophia scheint dieser Tage nicht gut auf Christian zu sprechen zu sein.
    Mein Gewissen und meine Sorge auf diese Weise ein wenig ruhiggestellt, denke ich an den Tag und seine übrigen Herausforderungen. Mittlerweile glaube ich Christians Aufenthaltsort zu kennen. Und da würde ich dann ja auch Frau Tanzner treffen.
    Was ich nicht weiß, ist, dass dieser gelbdunstige Sommermorgen nicht daran denkt, nach meiner Pfeife zu tanzen.

SEIT LANGEM FASZINIERT MICH der Gedanke, jeder Mensch auf diesem Himmelskörper stehe mit jedem anderen über nur fünf Stationen in Verbindung. Milliarden nebeneinanderherrinnende Lebensflüsse, die sich verbinden, dann und wann, die den einen berühren, der wiederum den anderen berührt.
    Daher haben auch Schmithausen und Maggie lange miteinander in Verbindung gestanden; und Rehauge sowie G.C . Mukherjee, sie stehen wiederum, ohne dass sie darum wissen, mit meinem Vater in Verbindung, Gabriela mit Horst Maettgen, Maettgen mit Major Sengupta, Constable Mitra mit Konrad Kanner, Dasgupta mit Chefinspektor Fiala, mein Vater mit Constable Mitra, und Xaver Schmithausen, Xaver Schmithausen mit Iskander Mahan. Und am Ende ist das Universum ein unentwirrbares Knäuel von Leben.

    Mein Gesicht klebt etwas unbequem auf der Tapete. Major Sengupta hält mir ein Schriftstück vor die Nase. »Verpisst euch«, hauche ich auf Englisch; es ist eine der Situation angemessene Äußerung. Man lässt mich los, ich kann wieder richtig sprechen. »Und wehe«, sage ich, »dieses Papier« – es handelt sich ja um einen Haftbefehl – »ist nicht vom Obersten Gerichtshof ausgestellt und vom Premierminister unterschrieben!«
    Ich habe Mumm, doch wird mir der nichts nützen.
    Als ich auf mein Zimmer zurückkomme, sind sie, in einem benachbarten Zimmer auf der Lauer liegend, auf mich losgestürmt, sie alle, Major Sengupta, Constable Mitra und noch zwei weitere, zwielichtige Komplizen in ganz legaler Polizeiuniform.
    Major Sengupta lächelt unverschämt. Aus dem Schriftstück geht hervor, dass der Grund für die Festnahme laute: Dringender Verdacht auf Hochstapelei . Darunter steht: Identität festzustellen .
    »Wissen Sie überhaupt«, so sagt Major Sengupta, »wer Dr. Bernard Rai ist? Und wer sein Großvater war? Zeigen Sie uns Ihre Papiere!«
    Jedem in Bengalen, ob gebildet oder nicht, ist Shivmangal Rai ein Begriff. Es hat Zeiten gegeben, da hat uns ein bengalischer Minister herumgeführt, wenn unsere Familie zu Besuch kam.
    Ich stiere Sengupta an,

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