Der dritte Berg
weiÃ.
»Fust hat Maettgen direkt kontaktiert«, fährt Schmithausen ein wenig verwirrt fort. Er lehnt sich vor, sieht uns an und spricht leiser. »Offenbar benötigt er Maettgens Expertise als Zellbiologe. Wozu, werden Sie fragen. Und ich weià darauf beim besten Willen keine Antwort. Die Tatsache, dass Fust einen Zellbiologen benötigt, stellt mich vor eine Menge Rätsel. Maettgen hat keine Ahnung von Botanik. Leute wie ihn braucht man, wenn die Sache laborreif geworden ist, wenn ein mögliches Medikament also getestet wird. Wenn man sie überhaupt braucht! Und wie Fust auf Maettgen gekommen ist, weià ich auch nicht. Maettgen hat dann mich als botanisches Gewissen empfohlen â das ist, wie Sie wissen, nicht gut ausgegangen und ich habe das Handtuch geworfen. Ihr Freund, Bernard, ist nicht nur ein faszinierender Träumer, sondern auch ein Tyrann.« Schmithausen macht eine Pause, damit die Stille Gelegenheit erhält, seinen letzten Satz zu umrahmen. »Ãbrigens ein genialer und zugleich naiver Mann, dieser Maettgen«, fährt er dann fort, als ich fortfahre zu schweigen. »Er ist die sensible, schwache Figur in diesem Spiel. In seinem Fach natürlich auÃergewöhnlich.« Schmithausen lehnt sich wieder zurück. »Und dann ist da noch dieser Mukherjee.«
»Der von der Aroga Corporation?« Das ist Sophia. Sie tut jetzt so, als wüsste sie das alles nicht schon.
» G.C . Mukherjee, ganz recht. Ein groÃer Mann in diesem seltsamen Land. Reich, mächtig, eindrucksvoll. Immerhin der Vorstandsvorsitzende des bedeutendsten Pharma-Unternehmens in Asien. Ein Mann, der sich selber einen Seher von Lösungen nennt. Bemerkenswert, finden Sie nicht?«
»Sie kennen Mukherjee?«
»Ich habe ihn einmal getroffen, in Heidelberg. Ist schon ein halbes Jahr her.«
Ich denke an Mukherjee und an die Fotografie von der Kongresseröffnung. Ich bin sicher, mir ist da noch ein Detail entgangen. Während Sophia sich mit Schmithausen über Aroga und die indische Pharmaindustrie unterhält, versuche ich, das Foto in meinem Kopf herbeizuzitieren. Bald weià ich, was es war. Zwei Details. Das eine ist eine dunkelrote Kleiderfalte neben Maettgen sowie sein verzückter Blick, der in Richtung des sich auÃerhalb des Bildes befindlichen Kleidinhaltes ging. Was bloà beweist, dass Rehauge nicht nur Grün trägt. Und das andere ist ein Buch. Christian hielt es in seiner Linken, halb lag es auf dem Tisch, ein mittelgroÃer Band, in welchem er einen Finger stecken hatte. Als hätte er eben daraus rezitiert oder in ihm gelesen. Christians Art, das Buch zu halten, hatte etwas Feierliches. Und das Buch erinnert mich an etwas. Weil ich aber nicht sofort weiÃ, woran, und ich soeben bemerke, wie Sophias Hand die Stuhllehne entlangkrabbelt, meine Stuhllehne entlang, wende ich mich wieder der Gesellschaft Schmithausens und Sophias zu.
Sophias, die inzwischen ihr zweites Glas Merlot geleert hat und die Fasson zu verlieren beginnt. Offenbar verträgt sie Alkohol nicht.
»Aroga ist börsennotiert, ein global player «, sagt Schmithausen gerade in meine Richtung. »Es gibt da kaum Spielraum für Abenteuer. Was immer Fust und Mukherjee finden wollen, sie müssen annehmen, dass es sich in ganz konkreten Ergebnissen niederschlagen wird. Welche Gründe sie für eine so weitreichende Hoffnung auf geschäftliche Verwertung von noch unbekannten Pflanzenspezies haben, weià ich beim besten Willen nicht zu sagen. Scheinen aber Ãberzeugungskraft zu besitzen. Mukherjee ist kein Freund nebliger Visionen. Und er kann sie sich nicht leisten. Wenn ich auch den Eindruck gewonnen hatte, Christian Fust habe ihn um den Finger gewickelt. Kunststück, bei dem Mann.«
»Und die Ergebnisse sind Medikamente, wie?«, sagt Sophia, deren Worte an Klarheit verloren haben. Ihre Hand ist inzwischen auf meinem Schenkel angelangt, und wer weiÃ, wo ihr Ziel liegt. Schmithausen sieht Sophia an und nickt, dabei zieht er die Schultern hoch.
Unser Essen kommt. Sophias Hand verschwindet. Wie ein scheues Tier, das jetzt gemerkt hat, an welcher unmöglichen Stelle es äst.
Ich habe Chettinad-Fischcurry bestellt, dem â so Schmithausen â ein besonderer Ruf vorauseilen soll. Sophia isst bloà Kürbissalat. Schmithausen macht sich über einen Hummer her. Gaslampen erleuchten inzwischen die abendliche Szene. Kleine Fontänen steigen
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