Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)
so gefährlich wie in Lomakk. Sie suchen nach mir, wisst Ihr. Ich werde beschuldigt, Euch geholfen zu haben. Wenn sie mich erst einmal eingefangen haben, ist mein Leben entweder zu Ende oder es wird noch einmal für kurze Zeit sehr schmerzhaft. Die Aussichten, auf dem Meer zu scheitern sind momentan äußerst verlockend. Ich gehe und suche eine neue Heimat irgendwo. Könnt Ihr segeln?“
„Ich hatte eine gute Lehrerin“, erwiderte Hockster und dachte an Madigan. Er vermisste sie sehr. „Aber ich war damals wohl eher ein schlechter Schüler – zu viel Ablenkung. Entlang der Küste bin ich ganz gut, auf dem offenen Meer, sagen wir, bin ich gewillt, mein Bestes zu geben.“
„Dann brauchen wir ein Boot. Ich sehe keine Wachen. Die Chetekken sind sorglos in ihrer Heimat. Sie leben schon seit zweitausend Jahren hier und noch nie wurden sie angegriffen. Wenn wir schnell sind und einen Vorsprung herausholen, sind wir sicher.“
Hockster zuckte die Schultern. Er sah noch einmal zu den Stegen und den Schiffen hinab. „Du bist mit ihnen hergekommen?“
„Ja!“
„Welches hat Wasser und Proviant an Bord?“
„Alle!“
„Für eine Invasion sind es nicht genug Krieger!“
Tippets Kopf zuckte herum. „Sie suchen nach einem Himmelsboot.“
„Ich verstehe nicht.“
„Solltet Ihr aber. Goldhand Sternenreiter hat einen toten Krieger über dem See von Lomakk ins kalte Wasser gestoßen.
„Madigan?“
„Wenn das ihr Name ist. Ich habe ihre goldene Hand gesehen. Sehr eindrucksvoll. Zyrc war außer sich! Er will ihren Kopf. Dort unten sind die Verfolger, die er hinterher geschickt hat.“
Hockster zog sich zurück bis an den Fuß der Düne. Als Tippet neben ihm erschien sagte er: „Erzähl mir alles. Von Anfang an.“
Tippet berichtete ihrem staunenden Zuhörer vom ersten Erscheinen des Laserbirds, der aus der Tiefe des Bergsees aufgestiegen war, als Hockster über den Hals eines Pouri-Pouri geschleudert worden war. Der Laserbird hatte ohne ersichtlichen Grund ein Langboot gerammt und war dann wieder abgetaucht.
Hockster nickte: „Das habe ich auch gesehen!“
„Kurz darauf tauchte sie wie ein geflügelter Dämon ein weiteres Mal über dem Bergsee auf, diesmal aber mit einem toten Nat Chatka, der vorn auf der Spitze des Flugschiffs steckte wie ein Pouri-Pourischenkel auf einem Fleischspieß. Das war unglaublich. Das Flugschiff ...
„Laserbird.“
„... schwebte über dem See, dann erschien Eure Madigan mit der goldenen Hand, lief darüber hinweg bis nach vorne und beförderte den toten Krieger mit wilden Fußtritten ins Wasser. Dieser Auftritt hat ziemlich Eindruck bei den Nat Chatka gemacht. Jetzt gibt es keinen Zweifel mehr: Goldhand ist noch immer da, um die Länder des Nordens und seine menschlichen Bewohner zu verteidigen und sie hat keine Angst vor niemandem.“
Hockster sah die Box prüfend an. War sie das fehlende Glied zwischen Tippets Geschichte und seinen eigenen Erlebnissen im Fluss? Er hätte zu gern gewusst, was darinnen war, aber das musste warten. Auch wenn die Chetekken am Strand nicht nach ihm suchten, war der Platz hier alles andere als sicher.
Ein Boot zu klauen war tatsächlich nicht allzu schwierig. Hockster umging in weitem Bogen die Gruppen von Chetekken und schlich vorsichtig zu den entfernt liegenden Booten. Es war fast zu einfach. Niemand beachtete ihn und wer Tippet sehen wollte, musste schnell und aufmerksam sein. Die Chetekken waren an diesem Abend weder das eine noch das andere.
Hockster erreichte das Boot, schwang sich über die Bordwand und ging gleich in Deckung. Niemand hatte ihn gesehen. Er griff nach draußen, packte Tippet unter der Brust wie eine Katze und hievte die Drachin ins Innere.
Er löste das Halteseil und ließ es sanft ins Wasser gleiten. Schon die nächste Welle hob das Boot an und zog es im Zurücklaufen hinaus aufs Meer. Hockster lag ganz still. Die Anspannung brachte ihn fast um. Aber der erwartete Warnruf blieb aus. Das Boot entfernte sich immer weiter vom Strand, ungesehen und unbemerkt und bald war es in der Dunkelheit der Nacht und weit draußen auf See nur noch zu erkennen, wenn man wusste, wo man hinsehen musste.
Hockster setzte sich auf. Fürs Erste war er in Sicherheit. Er nahm auf der Ruderbank Platz, sah zum Nachthimmel auf, orientierte sich an den Sternen und setzte Kurs nach Norden.
Eine kurze Überprüfung der Vorräte ergab, dass es genug Wasser an Bord gab und auch Proviant, vornehmlich Dörrfleisch und eingelegte Pilze, waren
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