Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)
reichlich vorhanden. Allerdings gab es kein Obst und kein Gemüse. Brauchten Chetekken diese Lebensmittel nicht oder war Idenhal näher, als er bislang angenommen hatte?
Hockster setzte das einzige Segel. Es blähte sich im Wind und das kleine Boot nahm endlich Fahrt auf. Er griff nach einem Wasserschlauch. Das Leder war seltsam hell und weich. Er wollte lieber nicht darüber nachdenken, wer seine Haut dafür gegeben hatte, zog den Korken ab und setzte die Öffnung an die Lippen. Es schmeckte köstlich.
„Wasser?“, fragte er Tippet. Aber die kleine Drachin stand am Bug, schaute nach Norden und antwortete ihm nicht. Hockster zuckte die Schultern. Er nahm sich ein Stück Dörrfleisch, betrachtete es und roch dran. Es schien ganz hervorragend geeignet, jedweden Hunger, ob chetekkischer oder menschlicher Natur, zu vertreiben. Er wollte schon Tippet fragen, welche Sorte Fleisch er ihrer Meinung nach in der Hand hielt, ließ es aber dann und entschied, es gedörrtes Pouri-Pouri zu nennen. Er biss hinein. Es schmeckte gar nicht mal so schlecht.
Wenig später kam die Müdigkeit. Hockster vertrieb sie. Er durfte nicht schlafen, solange sie nicht in Sicherheit waren.
„Aufgewacht!“, forderte eine Stimme lautstark. „Wir driften nach Westen.“ Die Stimme, die ihn lautstark aus seinen Träumen riss, war direkt neben seinem Ohr „Los, los, Arbeit ruft.“
Hockster hatte Mühe, die Augen zu öffnen. Sie waren verklebt und die Lider schoben sich wie feiner Sand darüber. Es schmerzte und der Schmerz vertrieb das wohlige Gefühl des Erwachens. „Was?“, fragte er. „Warum weckst du... Oh, nein!“
„Korrigiert den Kurs, Reisender, rasch, sonst landen wir am Ende der Welt.“
Hockster sah zum Himmel hinauf. Es war immer noch Nacht, aber er sah nur trübe Schleier. Er rieb sich die Augen blank, schaute nach dem Nordstern und fand ihn zu seiner Rechten. Er verzog verärgert das Gesicht. Das hätte nicht passieren dürfen. „Wie lange fahren wir schon in die falsche Richtung?“ Er korrigierte den Kurs.
„Nicht lange. Es ist kein Schaden entstanden. Ich möchte etwas Wasser.“
Hockster band die Ruderpinne fest. Er schaute sich um, fand allerdings kein Trinkgefäß. Er zuckte die Schultern, entkorkte den Wasserschlauch, kniete sich neben Tippet und sagte: „Darf ich dir meine Hand als Trinkgefäß anbieten?“
Die Drachin nickte gnädig. Hockster ließ etwas Wasser in seine gewölbte Hand laufen, und ehe es ihm durch die Finger rinnen konnte, hatte sie es aufgesogen.
„Genug?“
Wieder nickte Tippet und kehrte an ihren Platz im Bug zurück.
Hockster kontrollierte noch einmal den Halt der Ruderpinne, zog das Seil, das sie festhielt, stramm und legte sich unter dem Aufbau zur Ruhe. Er hatte vom Schlaf probiert und er war köstlich. Jetzt wollte er mehr. „Weck mich, wenn wir Gefahr laufen, unterzugehen!“, sagte er. Ihre Antwort hörte er schon nicht mehr. Wahrscheinlich war es ohnehin eine Zurückweisung.
Hockster erwachte irgendwann gegen Mittag. Die Sonne stand hoch am Himmel und von Osten näherten sich rasch dunkle Wolken. Sein Kopf fühlte sich an wie ein Tonkrug, sein Mund schien mit bitteren Kieseln gefüllt. Wasser! Er griff nach dem Schlauch und trank.
Tippet lag auf der Ruderbank, wo sie sich zusammengerollt hatte. Sie beäugte ihn an einer Tatze vorbei, regte sich aber weiter nicht und gab auch nicht zu erkennen, ob sie wirklich wach war oder mit offenen Augen schlief.
Wie sie so dalag, ähnelte sie eher einem hellbraunen Wiesel. Aber da waren die unverwechselbaren Hörner und die wunderschönen Schuppen, die ihren Körper bedeckten und im Sonnenlicht funkelten wie Edelsteine. Er trank mehr Wasser und bot auch ihr davon an.
„Diese Wolken gefallen mir gar nicht“, sagte er, als er sich zu ihr auf die Bank setzte.
„Alle Schiffe aus Lomakk sind hochseetüchtig.“
„Wir haben ein Boot gestohlen.“
„Das macht keinen Unterschied. Chetekkenschiffe“, sie sah zu Hockster auf, „und –boote haben die Eigenheit, sich erfolgreich gegen drohenden Untergang zu stemmen.“
„Wie ihre Erbauer!“
„Ich bin sicher, dass auch dieses Schiff – Boot – mit jedem Sturm zurechtkommen wird.“
Hockster grinste die Drachin an. „Ich mache mir auch weit mehr Sorgen um mich. Meine Befähigungen, ein Boot auf dem offenen Meer zu steuern, sinken rapide mit der Zunahme von Wolken, Wind und Regen. Und Wellen natürlich.“
„Ihr habt keine Ahnung, was zu tun ist, wenn ein Sturm
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