Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)
zum Drachenberg stand ein einsamer Wachtposten. Er sprach Hockster an. „Ich habe Nachricht für Euch von Meister Bohnthal. Das Portal zu den Dunklen Wegen liegt Richtung Südwesten hinter dem Weltentor.“
„Sie waren hier?“
„Sie sind hineingegangen, wieder heruasgekommen, haben mir diese Nachricht für Euch aufgegeben und sind wieder hineingegangen, es ist noch keine Stunde her.“ Der Posten kniff ein Auge zu und zählte an den Fingern ab. Schließlich fügte er hinzu: „Sie sind aber dann nicht noch einmal herausgekommen. Sie reisen durch das Talikon bis Zatkan, so haben sie es mir gesagt.“
„Wer begleitet sie?“
„Der Drache Wigget.“
„Wenn das ihre Frauen erfahren ...“, sagte Tippet.
„Denk an die Zeit!“, erinnerte Hockster.
Er bedankte sich bei dem Wächter und betrat den Drachenberg. Tippet eilte still und andächtig neben ihm dahin, ließ ihren Blick über die glatten Wände und die Höhlendecke schweifen.
„Hier komme ich her!“, sagte sie einmal ehrfürchtig.
„Ich dachte, du bist irgendwo in Zatkan geboren?“
„Alle Drachen kommen von hier. Hier liegt der Ursprung unserer Rasse. Ich weiß es. Ich fühle es.“
„Nicht alle Drachen haben hier ihren Ursprung“, widersprach Hockster. „Wiggets Frau Juwel ist aus Holz und reiner Magie entstanden. Sie ist die einzige Vertreterin deiner Rasse, die ihre Existenz allein der Kraft und der Kreativität zweier Menschen verdankt. Sie ist das Bindeglied zwischen zwei Rassen, zwischen uns und euch.“ Prüfend sah er zu Tippet herab. „Was ist mit dir, Drachendame Etiera. Wird es nicht Zeit, mir etwas von dir und deiner Herkunft zu erzählen? Naggit war immer überzeugt, dass er eine Drachendame in Zatkan würde finden und erobern können.“
„Nein!“, erwiderte Tippet.
Hockster zuckte die Schultern. Manche Dinge brauchten eben Zeit. „Wir sind da!“
Vor ihnen erhob sich das Tor zum Talikon. Hockster schritt hindurch wie durch einen Vorhang aus Wasser, wechselte von der realen Welt Artesians in die Parallelwelt des Talikons. Es war ein angenehmes Gefühl, das er während des Übergangs hatte, frisch und kühl, ein Gefühl des Willkommens.
Tippet folgte ihm und schrie auf.
Er sah sich nach ihr um. Sie steckte für einen kurzen Augenblick fest, schüttelte benommen den Kopf, zog und zerrte und setzte ihren Weg schließlich ungehindert fort. Schließlich stand sie neben ihm.
„Geht es dir gut?“, wollte Hockster wissen.
„Ja, sogar ausgezeichnet.“ Sie schaute zurück. „Hattet Ihr auch das Gefühl, dass das Portal Euch festhalten wollte?“
„Nein!“
Tippet sah sich um. „Wo ist die Stadt! Wo ist Hornburg? Hier ist doch auch der Königshügel, oder nicht?“
Das Talikon war ein perfektes Abbild Artesians, aber außer Pflanzen gab es dort kein Leben, es wehte kein Wind und selbst das Wasser floß schwer und träge wie Sirup. Auf den Meeren gab es keine Wellen, die Gezeiten wechselten einander kaum merklich ab. Es war der Ort, an dem die magischen Wesen Artesians nach ihrem Tod weiterlebten, als Baum, Strauch oder Farn.
„Hier ist alles so, wie es war, bevor die Tiere und dann die Menschen die Welt eroberten“, sagte Hockster. Er schaute sich um, sah Bäume in der Ferne, aber keine Vögel. Im Gras gab es keine Insekten. Es herrschte eine seltsam anmutende Stille, die der einer schlaflosen Nacht glich. Über ihnen spannte sich ein wolkenloser blauer Himmel.
„Sieht nicht sehr spektakulär aus!“, sagte Tippet nach eingehender Prüfung der Umgebung. „Ich hatte mehr erwartet.“
„Ich auch“, bestätigte Hockster. „Vor allen Dingen einen Laserbird.“
„Sie ist nicht da“, sagte Tippet.
Hockster atmete tief ein. Nein, sie war nicht da. „Lass uns einfach weitergehen.“
Sie wanderten mehrere Stunden und fanden die beiden Portale an dem Ort, den der Wächter ihnen genannt hatte.
Die Weltentore, die Hockster im Labyrinth von Tazkys gefunden hatte, waren Spiegel. Die Portale, vor denen er jetzt stand, waren zwei riesige aufrecht stehende ovale Scheiben, in deren Zentren sich Schleier aus Nebel in wilden Kreisen umeinanderwanden wie die Stränge unzähliger Zöpfe. Das wirre Spiel aus Farben und Formen taugte aber nicht dazu, den Zielort abzuleiten. Hockster untersuchte die Tore.
Das linke Portal hatte einen Rahmen aus grauem Stein. Hockster klopfte probeweise mit dem Knöchel dagegen und verzog schmerzhaft das Gesicht.
„Tatsächlich Stein“, sagte er. „So wie in Heetlands Traumfestung
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