Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)
Trenadil.“
„Aber dieses hier ist nicht aus Sand und es ist nicht rot!“, bemerkte Tippet spöttisch, die Hocksters Bemühungen beobachtete und sich dabei ganz gut zu amüsieren schien.
„Schade, das würde das Ganze doch sehr vereinfachen“, sagte Hockster. „Aber der Rahmen hat die Farbe hellen Sandes, wie deine Schuppen und die Wüste. Aus welchem Material ist es wohl gemacht?“ Er tastete über die einander überlappenden Platten, die den Rahmen bildeten und im Licht des Tages grünlich schimmerten, und klopfte probeweise dagegen. Es gab ein dumpfes Geräusch. „Ich habe so etwas doch schon Mal gesehen!“ Er leckte und roch daran. „Schmeckt scheußlich und riecht fast so schlimm wie die Kutte, die ich auf der Flucht getragen habe.“ Die Erinnerung an Lomakk setzte weitere Erinnerungen frei. „Schlangen!“, rief Hockster. „Natürlich. Es sind miteinander verbundene Schuppen! Das ist das richtige Portal!“
„Ihr schließt von Schlangen auf Nat Chatkas? Wie wäre es mit Fischen, oder, wenn wir schon dabei sind, auf Drachen?“
„Drachen, ja, auch das wäre zutreffend wegen der Schuppen. Da es aber Drachen weder in Trenadil noch in Zatkan gibt, bleiben nach dem Ausschlussverfahren nur Schlangen übrig. Immerhin ähneln die Chetekken ihnen und werden vielerorts so genannt.“
„Von euch Menschen!“
„Ich kenne ein paar Hajadas, die dasselbe tun. Du siehst, dieses Portal ist eindeutig den Dunklen Wegen zuzuordnen, die uns nach Tazkys führen werden!“ Er atmete tief ein. „Also, die Strategie lautet ...“
„Es gibt eine Strategie?“, fragte Tippet. „Das ist eine Überraschung.“
„Es gibt sogar mehrere, also es gab sie. Jetzt ist nur noch eine übrig: Nach Tazkys gehen, ein paar Glasköpfe einsammeln und unversehrt zurückkehren.“
„Klingt einfach. Habt Ihr Euch schon mal gefragt, weshalb die Dunklen Wege gerade diesen Namen haben?
„Ich bin vorbereitet. Ich habe Fackeln dabei, für alle Fälle.“
„Ihr seid ein Fuchs, Reisender. Jetzt kann ich die Dunklen Wege gefahrlos bewandern. Ihr habt ja Fackeln dabei. Geht nur, ich folge Euch.“
Hockster schnürte sein Bündel fest und trat durch das Portal. Für einen kurzen Moment verlor er während des Übergangs die Orientierung. Auf der anderen Seite herrschte tiefste Finsternis.
Etwas stieß an sein Bein. „Tippet?“
„Wen habt Ihr erwartet? Zu kurz geratene Nat Chatkas?“
„Es ist dunkel hier!“
„Folgt mir, Reisender. Ich habe fast mein ganzes Leben in der Dunkelheit verbracht. Ich sehe auch da, wo Ihr nicht sehen könnt.“
Hockster stöhnte leise.
„Und ich kann fast alles hören. Ihr Menschen seid im Unterschied zu uns ganz schön eingeschränkt. Trotzdem wollt Ihr die Herrschaft über ganz Artesian. Wie soll das gelingen, wenn Ihr willenlos der Dunkelheit ausgeliefert seid?“
„Ich verlasse mich auf die Fähigkeiten anderer.“
„Weisheit gehört ebenfalls nicht zu Euren Stärken.“
„Und biete im Gegenzug meine an.“ Er öffnete seinen Geist, suchte und fand die magischen Energien, formte einen kleinen Teil zu einer Lichtkugel und schickte sie voraus. Geschäftig eilte sie davon und beleuchtete den Weg gerade weit genug, dass Tippet nicht geblendet wurde.
„Jetzt weißt du, weshalb ausgeprägte Sinne nicht taugen, die Welt zu erobern, während Macht, Gewalt und Magie viel besser dazu geeignet sind. Wir formen uns die Welt, wie wir sie gern hätten.“
„Ihr habt keine Ahnung, was Euch so alles entgeht“, sagte Tippet ernst.
Die ersten Schritte waren einfach. Hockster folgte Tippet, deren sandfarbener Körper im Schein des magischen Lichts gut auszumachen war und schon nach wenigen Minuten fühlte er sich zurückversetzt in die Zeit seiner Flucht aus dem Traumlabyrinth.
„Ist das eine Tür da vorne?“, fragte Hockster plötzlich.
Tippet blieb davor stehen und schnupperte daran. „Sie riecht nach Holz, tatsächlich. Aber da ist keine Klinke.“
Hockster ließ das Licht aufleuchten und suchte im hellen Schein nach einem Öffnungsmechanismus. Er klopfte dagegen. Seine Hand verschwand im Holz wie in einer Nebelwand.
„Das gefällt mir nicht“, urteilte Tippet.
Hockster fasste sich ein Herz und schritt durch die Tür, die sich bei seiner ersten Berührung in wabernden Rauch verwandelte.
Der einzigartige Anblick, der sich ihm jenseits der Nebeltür bot, hätte ihm früher wahrscheinlich den Atem verschlagen. Aber inzwischen hatte er auf seinen Reisen schon so viele einzigartige Orte
Weitere Kostenlose Bücher