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Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)

Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)

Titel: Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
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seine gute Laune wieder. Er stellte sich aufrecht vor die Glastür und führte seinen ausgestreckten Zeigefinger ganz behutsam an das Glas heran. Als er dagegenstoßen sollte, tauchte die Fingerspitze ins Glas wie in kalte Hafergrütze. Sein Finger passierte das Glas und er spürte einen Luftzug auf der anderen Seite. Die Tür war ausgesprochen dünn, wenn man zugrunde legte, dass sie zwei Welten voneinander trennte. Hockster konzentrierte sich auf seine Bewegungen, er durfte nicht wanken, wenn er auf einem Bein stand und den Fuß durch das Glas führte. „Tippet?“
    „Ja, Reisender ... was tut Ihr denn jetzt schon wieder?“
    „Machs wie ich. Beweg dich ganz langsam. Komm!“
    Als Hockster Kopf und Brust durch das Glas schob, atmete er ein letztes Mal tief ein. Panik machte sich breit, als das zähe Glas sich um sein Gesicht schmiegte. Er wollte atmen, durfte es aber nicht, wollte rennen, durfte aber auch das nicht.
    Es war die schwerste Prüfung, der er sich jemals gestellt hatte. Sein Standbein erlahmte und fing zu zittern an. Er wünschte sich gleich vier Beine zu haben, so wie Tippet, und ihre lange Schnauze. Sie würde durch die Mundwinkel noch atmen können, wenn auf der anderen Seite die Spitze ihres Kopfes schon herausragte.
    Langsam, ermahnte er sich. Dann war sein Kopf endlich durch. Sein Gesicht frei. Erleichterung durchströmte ihn. Tief wollte er einatmen, tat es aber nicht. Solange sein Körper im Glas steckte, würde jeder Atemzug seinen Brustkorb oder das Zwerchfell ausdehnen und so das Glas im selben Augenblick wieder in eine undurchdringliche Masse verwandeln. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als den Atem weiter anzuhalten und sich behutsam vorzuarbeiten.
    Die Langsamkeit, zu der das Glas ihn verdammte, zehrte an seinen Nerven. Als Nächstes kam sein Fuß frei, vorsichtig setzte er ihn auf und hatte die Tür zur Hälfte passiert.
    Sein Herz begann zu pochen, sein Körper wollte Luft. Die Arme folgten so langsam, dass es kaum auszuhalten war. Hockster hielt es nicht mehr aus! Er spannte die Muskeln an Bauch und Brust, atmete aus und wieder ein und steckte augenblicklich fest. Er atmete probeweise ein weiteres Mal ein. Ja, da war genug Platz, um Luft in die Lungen zu pumpen und das tat er auch. Er fühlte sich sehr lebendig.
    Seine rechte Körperhälfte stand auf einem Bein in Tazkys, die linke schon in Trenadil.
    Tippet erreichte unversehrt und in einer anmutig langsamen, aber fließend schönen Bewegung die andere Seite. Manchmal war es wirklich von Vorteil, klein zu sein, dachte Hockster. Aber heute traf es nach zweieinhalb Jahrzehnten Leben zum ersten Mal nicht auf ihn zu. Not und Verderben! Konnte nicht einmal eine Sache einfach sein?
    Tippet sah zu Hockster auf und legte den Kopf schief. „Was tut Ihr da?“
    „Ich mache eine Pause.“
    „Gute Idee! Wenn Euch irgendwelche Nat Chatkas erwischen, können sie Euch nur zur Hälfte töten. Die andere Hälfte ist ja in Sicherheit.“
    Hockster atmete wieder tief ein, verharrte absolut bewegungslos, bis das harte Glas sich wieder in eine zähe Masse verwandelte. Behutsam, Stück für Stück, schob er sich weiter hindurch. Auch sein anderer Arm kam jetzt frei, sein Standbein trug fast das ganze Gewicht des Körpers und es wurde immer schwerer, stillzustehen. Langsam zog der das andere Bein durch das Glas. Schweiß sammelte sich auf seinem Gesicht, wieder wurde ihm die Luft knapp. Er sah Funken vor den Augen, kniff die Lider zusammen und machte verbissen weiter. Dann kam er endlich frei. Er atmete so tief und heftig ein, wie nie zuvor in seinem Leben, schnappte nach Luft und japste: „Endlich! – Das – mach – ich – nicht – noch – Mal.“
    „Ach was“, widersprach Tippet. „Das sagt Ihr immer und dann fangt Ihr wieder irgendeine seltsame Sache an. Ich muss gestehen, es ist ausgesprochen kurzweilig, mit Euch zu reisen!“
    „Danke!“, sagte Hockster. Die feurigen Kreise vor seinen Augen verschwanden langsam.
    „Seid Ihr sicher, dass wir hier in Trenadil sind?“
    Hockster wusste es nicht. „Weshalb fragst du?“
    „Weil es sich so anfühlt wie die Dunklen Wege zwischen dem Talikon und Tazkys.“
    „Ja, das könnte sein“, prüfend sah er sich um. „Dann lass uns mal eine Nebeltür suchen.“
    Sie fanden sie gleich hinter der nächsten Biegung und traten nebeneinander hindurch.
    „Das sieht gar nicht gut aus“, sagte Tippet, als sie auf der anderen Seite ankamen.
    Wieder standen sie inmitten tiefster

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