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Der dritte Mond

Der dritte Mond

Titel: Der dritte Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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daß man diesmal viel mehr Einzelheiten erkennen konnte. Als der Moment kam, in dem das Cockpit des Rochenschiffes vom Urangeschoß der Railgun getroffen und zertrümmert wurde, schaltete Hartmann auf Zeitlupe um. Und jetzt sah Charity, was er meinte: Der Treffer zerfetzte nicht nur die Glaskanzel des Schiffes, sondern riß auch den Pilotensitz samt Pilot aus der Maschine und stanzte ein sauberes, medizinball-großes Loch in den Copiloten. Charity riß erstaunt die Augen auf. Sie hatte erlebt, wie unglaublich zäh und widerstandsfähig diese Männer waren, aber eine solche Verletzung hätte nicht einmal einer der legendären Megakrieger der Jared überstanden. Doch obwohl das Schiff keinen Piloten und nur noch einen toten Copiloten hatte, fing es seinen steuerlosen Sturz nach wenigen Sekunden ab und verschwand mit dem haarsträubenden Manöver, das Charity gerade schon einmal beobachtet hatte. »Das ist wirklich… erstaunlich«, sagte sie. Hartmann klappte das Gerät zusammen und verstaute es in der Brusttasche seines ölverschmierten Uniformhemdes. »Das kann man wohl sagen«, bestätigte er. »Augenscheinlich verfügen diese Schiffe über eine Art Rückholautomatik. Sobald der Computer registriert, daß der Pilot ausgefallen ist, bringt er das Schiff auf Heimatkurs.« »Konntet ihr es verfolgen?« fragte Charity mit einer Geste auf die Tasche, in die Hartmann das Gerät gesteckt hatte. Hartmann verneinte. »Bei dem Chaos, das hier am Himmel geherrscht hat? Kaum. Wir haben versucht, den Kurs hochzurechnen, aber das hatte auch wenig Sinn. Trotzdem… ich halte die Beobachtung für sehr wichtig. Möglicherweise haben wir jetzt eine Chance, herauszufinden, woher sie kommen. Es muß ein Mutterschiff geben. Es kann nicht allzu weit entfernt sein. Die Reichweite dieser Jäger ist begrenzt.« Er machte eine vage Geste. »Einige hunderttausend Meilen… geteilt durch zwei für den Rückflug und abzüglich der Treibstoffmenge, die sie während des Kampfes verbraucht haben. Sie waren nicht sehr sparsam mit dem Sprit.« »Das heißt«, sagte Skudder nachdenklich, »dieses Mutterschiff muß irgendwo zwischen uns und dem Mars oder der Venus sein.«  Es sei denn, dachte Charity, sie sind auf die gleiche, unheimliche Weise gekommen wie der Landungstrupp, den Gurk und ich beobachtet haben.  Doch aus irgendeinem Grund glaubte sie das nicht. Sie konnte auch die Euphorie nicht ganz teilen, die sie aus Skudders Stimme heraushörte. Selbst wenn sie den ungefähren Sektor kannten, in dem sich das vermutete Mutterschiff aufhielt, war das Gebiet, das in Frage kam, unvorstellbar groß. Sie würden Monate, wenn nicht Jahre brauchen, um es abzusuchen; Zeit, die ihnen ihr unbekannter Gegner ganz bestimmt nicht lassen würde. »Wenn deine Vermutung zutrifft«, sagte Charity nachdenklich, »und dieser Rückholmechanismus immer noch funktioniert…« »… dann haben wir vielleicht eine Möglichkeit, sie aufzuspüren, ja«, führte Hartmann den Satz zu Ende. »Wir haben mehr als zwei Dutzend Wracks erbeutet. Keines davon ist mehr flugfähig, aber ich denke, unsere Techniker könnten eines dieser Schiffe reparieren. Wenn wir die Triebwerke einschalten und es tatsächlich nach Hause fliegt, würde ein kleiner Peilsender reichen. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß es klappt, aber es ist eine Chance, die wir nutzen sollten.« »Worauf warten wir dann noch?« fragte Skudder. »Auf nichts«, antwortete Hartmann. »Und wir warten auch gar nicht. Ich habe bereits einige meiner besten Techniker auf das Problem angesetzt. Sie werden ein paar Tage brauchen, aber sie sind zuversichtlich, daß sie die Sache hinkriegen.« »Und was sagt unser über alles geschätzter Freund Drasko dazu?« erkundigte sich Skudder. »Nichts«, erwiderte Hartmann. »Ich habe es ihm nicht gesagt.« »Das wird ihn nicht sehr freuen«, sagte Charity. »Andererseits… vielleicht regt er sich ja so sehr darüber auf, daß ihn der Schlag trifft. Das würde einiges erheblich vereinfachen.« Skudder blickte sie nachdenklich an. »Wie kommt es nur, daß ich das Gefühl habe, daß du Drasko nicht leiden kannst?« Charity grinste, aber im stillen mußte sie eingestehen, daß Skudders Vermutung nicht stimmte. Sie hatte nichts gegen Drasko; ganz im Gegenteil. Der Mann war ein sehr fähiger Politiker, der sein Gebiet mit einer geschickten Mischung aus Fingerspitzengefühl und der notwendigen Entschlossenheit verwaltete – hundertmal besser, als sie es je gekonnt

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