Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dritte Mond

Der dritte Mond

Titel: Der dritte Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Gefährlicheres gab als Männer, die bewaffnet und nervös waren. Drasko schien auch in dieser Hinsicht weniger Erfahrung zu haben, denn er fuhr herum und trat den Soldaten so ungestüm entgegen, daß einer der Männer tatsächlich erschrocken seine Waffe hob und auf den Gouverneur anlegte, ehe ihm klar wurde, wem er gegenüberstand. Drasko bemerkte es nicht einmal. Ehe der unglückliche Soldat auch nur einen Laut herausbringen konnte, fuhr er ihn an: »Wo, zum Teufel, sind Sie gewesen? Wir sind überfallen worden! Wir hatten feindliche Eindringlinge hier! In der Kommandozentrale unserer stärksten Festung! Sie gehen hier nach Belieben ein und aus, und Sie –« »Gouverneur.« Hartmann sprach nicht einmal sehr laut, doch in seiner Stimme war plötzlich ein Beiklang, der selbst Drasko zu beeindrucken schien, denn statt seine Tirade fortzusetzen, drehte er sich zu Hartmann um und blinzelte verwirrt. Hartmann sah ihn eine Sekunde lang durchdringend an, dann wandte er sich an die Soldaten. »Es ist alles in Ordnung«, sagte er. »Sie können gehen. Und  stellen Sie diese verdammte Alarmanlage ab!« Drasko keuchte, als hätte ihm jemand in den Magen geboxt, und auch der Soldat starrte Hartmann für einen Moment an, als zweifelte er an seinem Verstand. Dann aber nickte er, drehte sich mit einer abrupten Bewegung herum und verschwand wieder im Aufzug. Seine Kameraden folgten ihm.  Erst als die Aufzugtüren sich hinter den Männern geschlossen hatten, fand Drasko seine Sprache wieder. »Sind… sind Sie verrückt geworden?« keuchte er. »Wieso schicken Sie die Soldaten weg?« »Weil sie uns nichts nutzen.« Charity antwortete an Hartmanns Stelle und wies mit einer eindeutig wütenden Kopfbewegung auf den Lift. »Sie haben es gerade selbst gesagt, Gouverneur: Sie gehen hier nach Belieben ein und aus. Ein halbes Dutzend Soldaten mehr oder weniger macht da keinen Unterschied.« »Außerdem wollten die Fremden uns nicht töten«, fügte Skudder hinzu. »Wie kommen Sie denn darauf?« fragte Drasko. »Weil wir anderenfalls bereits tot wären«, entgegnete Skudder ruhig. »Sie hätten nur die Tür noch ein paar Sekunden länger geöffnet lassen müssen.« Er fuhr sich mit dem Handrücken über das Gesicht. Als er den Arm wieder senkte, klebte Blut an seinen Fingern. »Ein paar Sekunden hätten gereicht.« Drasko funkelte ihn an. Aber er sagte nichts, sondern machte nur ein verächtliches Gesicht und wandte sich wieder an Charity. »Jedenfalls dürfte es jetzt keine Unklarheiten mehr geben, was die Loyalität ihrer außerirdischen Verbündeten angeht«, sagte er. Charity verstand im ersten Moment nicht einmal, was er meinte. »Was soll das heißen?« »Er hat schnell reagiert«, sagte Drasko. »Das meinen Sie nicht ernst, Drasko«, sagte Skudder. »Sie wollen andeuten, daß diese Kerle hier aufgetaucht sind, weil Gurk sie gerufen hat?« »Ich will gar nichts andeuten, Mr. Skudder«, sagte Drasko eisig. Daß Skudder in der Anrede Draskos Rang weggelassen hatte, war eine Provokation, die der Gouverneur sehr wohl verstand. »Ich finde es nur merkwürdig, daß diese Männer genau in dem Moment auftauchen, in dem ihrem Freund offensichtlich der Boden unter den Füßen zu heiß wird.« »Oder als er drauf und dran war, etwas Wichtiges zu erraten«, sagte Charity. Drasko bedachte sie nur mit einem geringschätzigen Lächeln. »Wieso überrascht es mich nicht, daß Sie immer noch seine Partei ergreifen, Miss Laird?« fragte er. Charity setzte zu einer wütenden Antwort an, fing aber im letzten Moment einen warnenden Blick Hartmanns auf und schluckte herunter, was ihr auf der Zunge lag. Es hatte keinen Sinn, sich zu streiten. Nicht jetzt, und schon gar nicht mit Drasko. Charity drehte sich auf dem Absatz herum und wandte sich an den überlebenden Techniker. Der Mann war bleich wie die sprichwörtliche Wand, blutete aus Nase, Augenwinkeln und Ohren und lehnte zitternd an einem Computertisch. »Könnten Sie mir helfen?« fragte Charity. Selbst in ihren eigenen Ohren klang diese Frage wie der blanke Hohn. Trotzdem erzielte sie die beabsichtigte Wirkung. Die flackernde Panik in den Augen des Mannes erlosch nicht ganz, ging aber ein wenig zurück, und der Techniker rang sich sogar zu einem angedeuteten Nicken durch. »Ich weiß, es ist viel verlangt«, sagte Charity, »aber trotzdem: Können Sie versuchen, die Übertragung wieder herzustellen?« Der Mann zögerte eine Sekunde; dann aber nickte er noch einmal,

Weitere Kostenlose Bücher