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Der dritte Mond

Der dritte Mond

Titel: Der dritte Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Lebendigem umgeben zu sein, doch mit diesem Gefühl war es plötzlich wie mit dem roten Licht, das sie umgab: Es war fremdartig, bizarr und durch und durch unheimlich, aber kein bißchen feindselig. Sie warteten. Eine Minute. Zwei. Als sich auch nach Ablauf der dritten Minute nichts rührte, begann Charity allmählich wieder Mut zu schöpfen. Sie waren eben nicht auf einem irdischen Schiff. Die Versorgung verwundeter Piloten schien hier nicht unbedingt Priorität zu genießen. »Wartest du auf ein Begrüßungskommitee?« fragte Skudder. Charity blieb ernst. »Check die beiden Schiffe«, sagte sie knapp. »Ich habe… noch eine Kleinigkeit zu erledigen.« Sie fluchte innerlich, als sie das Stocken in ihrer eigenen Stimme registrierte. Skudder war nicht dumm. Sie konnte ihm genau so gut sagen, um welche Kleinigkeit es sich handelte. Zu ihrer Erleichterung stellte er jedoch keine weiteren Fragen mehr, sondern stemmte sich ächzend aus dem Sitz und lief geduckt den kurzen Gang zum Schott hinab. Charity fragte sich, ob er wohl wußte, warum der Sitz, in dem er die letzten Stunden zugebracht hatte, so eng geworden war. Vermutlich ja. Auf jeden Fall mußte er es ahnen. Schließlich hatte er gewußt, worauf er sich einließ. Charity wartete trotzdem, bis Skudder das Schiff verlassen hatte und in einem der beiden Wracks draußen verschwunden war. Erst dann drehte sie sich um, griff mit einiger Mühe nach der linken Armlehne des Sitzes und drückte den darin verborgenen Schalter. Die Sitzfläche klappte mit einem schnappenden Laut nach oben und gewährte Charity einen Blick auf das Innenleben des auf fast doppelte Größe anwachsenden Copilotensitzes. Sie zögerte. Im Moment lag vor ihr nichts als ein Haufen Drähte und vier Pfund schwach radioaktiv strahlendes Metall, aber die Eingabe eines simplen achtstelligen Codes und ein Druck auf einen harmlosen Schalter konnten etwas grundlegend anderes daraus machen. Charity gab die ersten fünf Ziffern ein, zog die Hand dann wieder zurück und zögerte wieder. Sie konnte nicht einmal mit Bestimmtheit sagen, warum. Es gab keinen logischen Grund. Und trotzdem hatte sie plötzlich das an festes Wissen grenzende Gefühl, etwas Falsches zu tun. Charity verscheuchte den Gedanken, hämmerte die letzten drei Ziffern in die Tastatur und drückte schon fast übertrieben heftig die darüber angebrachte Taste. Ein leises Summen erscholl, das war alles. Charity beugte sich noch weiter vor, nahm die winzige Fernbedienung aus dem Fach und schloß den Sitz wieder. Nicht hatte sich verändert. Nichts, außer der Tatsache, daß aus der erbeuteten Stingray nun eine fünfundsiebzig-Megatonnen-Kobaltbombe geworden war. Sie verließ das Schiff und wandte sich in die Richtung, in die Skudder gegangen war, blieb nach zwei Schritten jedoch wieder stehen, um sich ein zweites Mal und aufmerksam umzuschauen. Das Gefühl war nicht weniger unheimlich als beim erstenmal, ja, vielleicht sogar noch intensiver. Das rote Licht, das die Halle erfüllte, ließ alles verschwimmen, was weiter als zwanzig oder dreißig Meter entfernt war, als wäre die Luft nicht nur von Helligkeit, sondern auch noch von etwas anderem, Substanziellem erfüllt. Die Schiffswracks, die sie umgaben, wirkten sonderbar deplaciert, nicht nur wie Fremdkörper, sondern wie Eindringlinge, die hier nichts zu suchen hatten. Charity drehte sich einmal im Kreis, dann ließ sie sich in die Hocke sinken und tastete mit den Fingerspitzen über den Boden. Sie erlebte eine Überraschung. Die Sensoren in ihren Handschuhen vermittelten ihr das Gefühl, mit bloßen Händen über den Boden zu tasten. Farbe und Aussehen hatten sie erwarten lassen, etwas Weiches, Nachgiebiges und Warmes zu berühren, aber das genaue Gegenteil war der Fall: Der Boden war hart wie Stahl und so kalt, als hätte sie Eis berührt. Und er fühlte sich eindeutig nicht lebendig an. Charity registrierte eine Bewegung aus den Augenwinkeln, hob den Kopf und fuhr erschrocken zusammen, als sie sich unvermittelt einem zwei Meter großen, ganz in lichtschluckendes Schwarz gekleideten Riesen gegenübersah. Ihre Hand war bereits auf halbem Wege zur Waffe, bevor sie Skudder erkannte. »Ich freue mich auch, dich zu sehen«, sagte Skudder. »Hast du sie scharf gemacht?« »Was?« »Die Bombe.« Skudder machte eine wedelnde Geste. »Oder warum hast du mich sonst rausgeschickt?« »Spiel nicht den Überraschten«, sagte Charity. »Dir war doch wohl klar, daß wir eine

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