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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Funde. Da es bereits zahlreiche Veröffentlichungen mit sehr detail­lierten Beschreibungen von Skelettfunden gibt, wird es mir vor allem um die Folgerungen gehen, die sich aus Knochen und Werkzeugen ziehen lassen.
    Der Lebensraum unserer Vorfahren war für Millio­nen von Jahren auf Afrika beschränkt, wo sie sich vor sechs bis zehn Millionen Jahren von den Vorfahren der Schimpansen und Gorillas in ihrer Entwicklung trenn­ten. Zum Vergleich : Das Leben auf der Erde entstand vor mehreren Jahrmilliarden, und das Aussterben der Di­nosaurier liegt rund 65 Millionen Jahre zurück. Science­fiction-Filme, in denen Höhlenmenschen vor Dinosau­riern fliehen, haben also mit der Realität nichts gemein. Am Anfang wären unsere Vorfahren sicher als eine von mehreren Menschenaffenarten eingestuft worden, doch drei aufeinanderfolgende Veränderungen brachten uns auf den Weg zur modernen Menschheit. Die erste die­ser Veränderungen ereignete sich vor rund vier Millio­nen Jahren, als unsere Vorfahren, wie Skelettfunde be­legen, anfingen, auf den hinteren Gliedmaßen zu gehen. Im Unterschied dazu laufen Gorillas und Schimpansen nur gelegentlich aufrecht, sondern in der Regel auf allen vieren. Durch den aufrechten Gang wurden die vorde­ren Gliedmaßen unserer Vorfahren für andere Zwecke frei, von denen sich die Herstellung von Werkzeugen als der wichtigste erwies. Die zweite Veränderung erfolgte vor etwa drei Millionen Jahren mit der Aufspaltung der Menschenlinie in mindestens zwei verschiedene Arten. Zum besseren Verständnis sei daran erinnert, daß zwei Tierarten, die im gleichen Gebiet leben, unterschiedliche ökologische Rollen einnehmen müssen und sich in der Regel nicht untereinander paaren. So sind Kojoten und Wölfe offensichtlich enge Verwandte ; bis zur weitgehen­den Ausrottung der Wölfe in den USA lebten sie in vie­len Gegenden Nordamerikas nebeneinander. Wölfe sind jedoch von größerer Statur, jagen hauptsächlich Groß-säugetiere wie Rehe und Elche und leben oft in großen Rudeln, während Kojoten kleiner sind, vor allem Klein­säuger wie Kaninchen und Mäuse jagen und paarwei­se oder in kleinen Rudeln auftreten. In der Regel paaren sich Kojoten mit Kojoten und Wölfe mit Wölfen. In Eu­ropa sind Wildkatze und Luchs enge Verwandte, die oft im selben Gebiet leben, sich aber anders an ihre Umwelt angepaßt haben und sich nicht miteinander paaren.
    Im Gegensatz dazu kam es bei allen heutigen mensch­lichen Populationen zu Kreuzungen mit allen anderen, zu denen umfassender Kontakt bestand. Unterschiede in der Umweltspezialisierung sind gänzlich ein Produkt der Erziehung, da es sich ja nicht so verhält, daß einige von uns mit scharfen Zähnen und besonderer biologi­scher Ausstattung für die Rotwildjagd auf die Welt kom­men, während andere vielleicht Mahlzähne besitzen, Beeren sammeln und auf keinen Fall Rotwildjäger hei­raten würden. Deshalb sind auch alle modernen Men­schen Angehörige derselben Spezies.
    Ein- oder zweimal kam es in der Vergangenheit je­doch vor, daß sich unsere Vorfahren in verschiedene Ar­ten auseinanderentwickelten, die so unterschiedlich wa­ren wie Wölfe und Kojoten. Die jüngste dieser Trennun­gen, auf die ich später zurückkommen werde, mag sich zur Zeit des großen Sprungs vollzogen haben. Die ältere erfolgte vor rund drei Millionen Jahren, und zwar in ei­nen Affenmenschen mit robustem Schädel und sehr gro-ßen Backenknochen, der sich wahrscheinlich von ein­facher Pflanzenkost ernährte und oft als Australopithe­cus robustus (etwa »robuster südlicher Affe«) bezeichnet wird, und in einen Affenmenschen mit leichter gebau­tem Schädel und kleineren Zähnen, der sich vermutlich sowohl von Fleisch als auch von Pflanzen ernähr­te und Australopithecus africanus (»afrikanischer südli­cher Affe«) genannt wird. Aus letzterem entwickelte sich eine Form mit einem größeren Hirnvolumen, die den Namen Homo habilis (»der geschickte Mensch«) erhielt. Die Skelettfunde angeblicher männlicher und weiblicher Homo habilis unterscheiden sich jedoch in der Schädel- und Zahngröße so sehr voneinander, daß es in Wirk­lichkeit eine weitere Gabelung in unserer Entwicklung gegeben haben mag, mit dem Resultat zweier habilis- Arten:dem Homo habilis selbst und einem rätselhaften »Dritten«. Vor zwei Millionen Jahren gab es also minde­stens zwei, wenn nicht drei urmenschliche Arten.
    Die dritte und letzte der großen Veränderungen, die unsere Vorfahren allmählich

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