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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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500 000 Jahren Menschen lebten : aus einer Höhle in Choukoutien bei Peking mit Skeletten und Werkzeugen des Homo erectus (»Peking-Mensch«) sowie Knochen zahlreicher Tiere und von zwei Fundstätten unter frei­em Himmel bei Torralba und Ambrona in Spanien mit Steinwerkzeugen und Knochen von Elefanten und an­deren Großtieren. Gewöhnlich wird angenommen, die Menschen, von denen die Werkzeuge stammten, hätten die Tiere erlegt, sie zum Fundort gebracht und dort ver­speist. An allen drei Orten wurden jedoch auch Kno­chen und Kotreste von Hyänen gefunden, die ebensogut die Jäger gewesen sein könnten. Besonders die Knochen an den Fundorten in Spanien sehen aus, als stammten sie von einer Sammlung aufgelesener, ausgewaschener und zertrampelter Kadaver, wie man sie heute rund um afrikanische Wasserlöcher finden kann, und nicht von einem Lager menschlicher Jäger.
    Somit wissen wir nur, daß die Frühmenschen zwar auch Fleisch aßen, aber nicht, wieviel, und ob sie Jä-ger oder Aassammler waren. Erst für einen viel späte­ren Zeitraum, vor etwa 100 000 Jahren, gibt es gute Be­lege für das menschliche Jagdgeschick, und auch damals waren die Ergebnisse der Großwildjagd noch keines­wegs imposant. Dies muß um so mehr für die Zeit vor 500 000 Jahren und davor gelten.
    Die geheimnisvolle Aura, die den Menschen als Jä-ger umgibt, hat so tiefe Wurzeln, daß wir uns von dem Glauben an seine uralte Bedeutung nur schwer trennen können. Heute wird das Erlegen eines Großwilds als höchster Ausdruck der Männlichkeit gewertet. Gefan­gen in dieser Vorstellungswelt, betonen auch männliche Anthropologen gern die Schlüsselrolle der Großwildjagd für die Evolution des Menschen. Angeblich war es die Großwildjagd, die männliche Urmenschen dazu veran­laßte, miteinander zu kooperieren, die Sprache und gro-ße Gehirne zu entwickeln, sich in Horden zusammen­zuschließen und Nahrung miteinander zu teilen. Selbst die Frauen seien durch die Großwildjagd der Männer geprägt worden: Sie unterdrückten die äußeren Zeichen des bei Schimpansen so auffälligen monatlichen Ei­sprungs, um die Männer nicht in sexuelle Erregung zu versetzen und zu Rivalenkämpfen zu verleiten, was die gemeinsame Jagd hätte stören können.
    Als Beispiel für die verklärende Sichtweise in manchen Schriften möchte ich eine Passage über die menschli­che Evolution aus dem Buch African Genesis von Robert Ardrey zitieren: »In einer kleinen Schar erbärmlicher Wesen, denen es noch nicht gebührt, Menschen genannt zu werden, trifft, irgendwo in einer verlorenen Hoch­ebene, ein Strahlenpartikel unbekannter Herkunft auf ein Gen und verändert dieses. Das neue, folgenschwere Gen markiert die Geburtsstunde des fleischfressenden Primaten. Ob zum Guten oder Bösen, ob Tragödie oder Triumph, ob Ruhm oder Verdammnis – Intelligenz und Tötungsinstinkt schließen einen Bund, und Kain betritt die Bühne der Savanne, mit seinen Stöcken und Steinen und flinken Füßen.« Welch blühende Fantasie!
    Doch männliche Autoren und Anthropologen sind nicht die einzigen mit einer übertriebenen Einstellung zur Jagd. In Neuguinea wohnte ich bei echten Jägern – Menschen, die noch vor kurzem in der Steinzeit ge­lebt hatten. An ihren Lagerfeuern kreisen die Gespräche stundenlang um jede einzelne Wildart, ihre Gewohn­heiten, und wie man sie am besten jagt. Lauscht man meinen Freunden in Neuguinea, so muß man glauben, sie würden jeden Abend frisches Känguruhfleisch es­sen und kaum einer anderen Beschäftigung als der Jagd nachgehen. Zur Antwort gedrängt, gaben die meisten jedoch zu, daß sie im ganzen Leben erst ein paar Kän­guruhs zur Strecke gebracht hatten.
    Ich erinnere mich noch genau an meinen ersten Mor­gen im Hochland von Neuguinea, als ich mit einem Dut­zend mit Pfeil und Bogen bewaffneten Männern in den Busch zog. Als wir an einem umgestürzten Baum vorbei­kamen, ertönten plötzlich aufgeregte Schreie, der Baum wurde umringt, und einige Männer spannten den Bo­gen, andere drangen in das Gestrüpp vor. Davon über­zeugt, mir würde im nächsten Moment ein aufgebrach­tes Wildschwein oder Känguruh entgegenstürmen, hielt ich nach einem Baum Ausschau, auf den ich mich not­falls retten könnte. Dann vernahm ich jedoch Triumph­geschrei und sah, wie aus dem Dickicht zwei der erfolg­reichen Jäger mit ihrer stolz emporgehaltenen Beute her­vorkamen: zwei Jungvögel, noch nicht ganz flügge, die je höchstens zehn Gramm wogen und prompt

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