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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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und Bogen lagen noch Hundert­tausende von Jahren in der Zukunft . Die verwendeten Steinwerkzeuge blieben von der gleichen groben Mach­art, wie sie vom Homo erectus seit fast einer Million Jahre bekannt waren. Das zusätzliche Hirnvolumen je­nes frühen Homo sapiens hatte keinen drastischen Ein­fluß auf seine Lebensweise. Die gesamte Zeitspanne, in der sich Homo erectus und früher Homo sapiens außer­halb Afrikas ausbreiteten, war eine Zeit unendlich lang­samen kulturellen Wandels. Der einzige wichtige Fort­schritt war vermutlich die Beherrschung des Feuers, wo­für Höhlen des Peking-Menschen eines der frühesten Indizien in Form von Asche, Holzkohle und verbrann­ten Knochen liefern. Und selbst dieser Fortschritt – falls die Höhlenfeuer tatsächlich vom Menschen entfacht wa­ren und nicht von der Natur – wäre dem Homo erectus zuzuschreiben, nicht dem Homo sapiens .
    Somit veranschaulicht das Auftauchen des Homo sa­piens das in Kapitel 1 erörterte Paradoxon : daß unser Aufstieg aus dem Tierreich nicht direkt proportional zu Veränderungen in unserem Erbmaterial verlief. Der frü-he Homo sapiens hatte weitaus größere anatomische als kulturelle Fortschritte auf dem Weg vom Schimpansen­zum Menschentum gemacht. Es mußte noch Entschei­dendes hinzukommen, bis der dritte Schimpanse daran denken konnte, die Sixtinische Kapelle zu bemalen.
    Wie und wovon lebten unsere Vorfahren während der eineinhalb Millionen Jahre, in denen Homo erectus und Homo sapiens auf den Plan traten?
    Die einzigen erhaltenen Werkzeuge aus dieser Peri­ode sind Steinwerkzeuge, die bestenfalls als sehr klobig zu beschreiben sind, vergleicht man sie mit den schönen polierten Steinwerkzeugen, die bis vor kurzem von Po­lynesiern, Indianern und anderen modernen Steinzeit­völkern hergestellt wurden. Die frühen Steinwerkzeuge sind von unterschiedlicher Größe und Form, nach de­nen die Archäologen ihnen verschiedene Bezeichnun­gen wie »Handaxt«, »Hackmesser« und »Hackbeil« ge­geben haben. Diese Namen täuschen darüber hinweg, daß keines der frühen Werkzeuge eine genügend gleich­mäßige oder charakteristische Form besaß, um auf eine spezielle Funktion hinzudeuten, wie es viel später bei den Nadeln und Speerspitzen der Cro-Magnons der Fall war. Gebrauchsspuren an den Werkzeugen erlauben den Schluß, daß sie abwechselnd zum Schneiden von Fleisch, Knochen, Häuten, Holz und Pflanzenteilen ver­wendet wurden. Doch anscheinend dienten für die glei­chen Zwecke Werkzeuge der unterschiedlichsten Form und Größe, so daß die Bezeichnungen der Archäologen wenig mehr als pragmatische Einteilungen eines Konti­nuums von Steinformen darstellen.
    Viele Fortschritte, die durch Funde aus der Zeit nach dem »großen Sprung« belegt sind, waren dem Homo erectus und dem frühen Homo sapiens unbekannt. Es gab keine Knochenwerkzeuge, keine Taue zum Knüp­fen von Netzen und keine Angelhaken. Sämtliche frü-hen Steinwerkzeuge wurden vermutlich unmittelbar in der Hand gehalten ; es gibt kein Indiz dafür, daß sie, um Hebelwirkung zu erzielen, an Griffe aus anderem Mate­rial montiert wurden, so wie wir heute stählerne Axt­blätter mit Holzstielen versehen.
    Welche Nahrung sicherten sich die Frühmenschen mit diesen groben Werkzeugen, und wie taten sie das ? An dieser Stelle folgt in anthropologischen Lehrbüchern meist ein langes Kapitel, das etwa überschrieben ist mit »Der Mensch als Jäger«. Wichtig ist hierbei, daß Pavi­ane, Schimpansen und eine Reihe weiterer Primaten ge­legentlich kleinere Wirbeltiere jagen, heute noch leben­de Steinzeitmenschen (wie die Buschmänner) jedoch oft auf Großwildjagd gehen. Es gibt jede Menge archäolo­gische Indizien dafür, daß die Cro-Magnons das glei­che taten. Auch unsere frühen Vorfahren aßen zweifel­los Fleisch, was sich an Spuren ihrer Steinwerkzeuge an Tierknochen und den Gebrauchsspuren zeigt, die das Fleischschneiden an den Werkzeugen hinterließ. Die Frage lautet aber : Wie oft gingen die Frühmenschen auf Großwildjagd ? Verbesserte sich ihr Jagdgeschick wäh­rend der vergangenen Million bis einer halben Million Jahre Schritt um Schritt, oder begann die Jagd erst nach dem »großen Sprung«, einen wichtigen Beitrag zur Er­nährung zu leisten ?
    Auf diese Frage antworten Anthropologen regelmäßig, wir seien schon lange erfolgreiche Großwildjäger gewe­sen. Die vermeintlichen Beweise stammen hauptsäch­lich von drei archäologischen Stätten, an denen vor rund

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