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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Tierarten, wenn es um die Verbesserung der me­dizinischen Behandlung von Menschen geht.
    Moralisch stellt sich hier ein noch schwierigeres Pro­blem als beim Einsperren von Menschenaffen in Zookä-fige. Denn schließlich werden ja auch Menschen, näm­lich Straftäter, in millionenfacher Zahl unter oft schlech­teren Bedingungen als denen in Zoos eingesperrt. Doch zu medizinischen Tierversuchen gibt es keine Paralle­le, obwohl Experimente an Menschen der Wissenschaft viel wertvollere Erkenntnisse liefern würden als solche an Schimpansen. Kommt die Rede auf die Menschenver­suche in den Nazi-KZs, so wird das Handeln der betei­ligten Ärzte zu Recht als eine der schlimmsten Scheuß-lichkeiten der Nazi-Barbarei verurteilt. Warum dürfen solche Experimente aber an Schimpansen durchgeführt werden ?
    Irgendwo auf der Skala zwischen Bakterien und Men­schen muß festgelegt werden, wo Töten zu Morden und Essen zu Kannibalismus wird. Für die meisten von uns liegt die Trennlinie zwischen dem Menschen und al­len anderen Arten. Nicht wenige haben sich jedoch ent­schlossen, als Vegetarier ganz auf Fleisch zu verzichten. Und eine immer lautstärkere Minderheit erhebt Ein­spruch gegen medizinische Versuche an Tieren – oder jedenfalls an bestimmten Tierarten. Dieser Bewegung für die Rechte von Tieren geht es vor allem um Katzen, Hunde und Primaten, weniger um Mäuse und wohl gar nicht um Insekten und Bakterien.
    Das Treffen einer willkürlichen Unterscheidung zwi­schen Menschen und allen übrigen Lebewesen wäre Ausdruck eines blanken Egoismus bar jedes höheren Prinzips. Eine Trennlinie, beruhend auf unserer höhe­ren Intelligenz, unseren sozialen Beziehungen und un­serer Fähigkeit, Schmerz zu empfinden, würde es dage­gen schwer machen, ein Entweder-Oder zu rechtfertigen, eine Trennlinie zwischen dem Menschen und allen Tie­ren. Vielmehr sollten für Experimente mit verschiede­nen Arten auch verschiedene Maßstäbe gelten. Die Ge­währung von Sonderrechten für unsere genetisch eng­sten Verwandten im Tierreich mag am Ende auch nur eine Form von Egoismus sein. Aber jedenfalls läßt sich aufgrund des eben Erwähnten (Intelligenz, soziale Be­ziehungen usw.) objektiv begründen, daß Schimpansen und Gorillas eine Sonderbehandlung vor Insekten und Bakterien verdienen. Wenn es derzeit überhaupt eine in der medizinischen Forschung verwendete Tierart gibt, für die ein völliges Verbot medizinischer Experimente gerechtfertigt wäre, so handelt es sich mit Sicherheit um Schimpansen.
    Zum moralischen Dilemma der Tierversuche tritt bei den beiden Schimpansen noch die Tatsache, daß sie als Spezies vom Aussterben bedroht sind. Die medizinische Forschung tötet also nicht nur einzelne Lebewesen, son­dern gefährdet zusätzlich das Überleben der ganzen Art. Damit soll nicht gesagt sein, daß die Nachfrage zu For­schungszwecken die einzige Bedrohung für wildlebende Schimpansen-Populationen darstellt; die Zerstörung der natürlichen Lebensräume und das Einfangen für Zoos spielen ebenfalls eine schlimme Rolle. Aber es genügt schon, daß von der medizinischen Forschung eine nicht unerhebliche Gefahr ausgeht. Das moralische Dilemma wird noch durch die Tatsache verschärft, daß in der Re­gel mehrere Schimpansen sterben müssen, um nur einen einzigen (oft ein Jungtier mit Mutter) zu fangen und zu einem Forschungslabor zu befördern ; und auch dadurch, daß die medizinische Forschung kaum eine Rolle bei dem Bemühen um den Schutz wilder Schimpansen-Populatio­nen gespielt hat, obwohl sie daran ein objektives Interesse haben müßte ; und nicht zuletzt dadurch, daß die zu For­schungszwecken gefangenen Schimpansen oft unter grau­samen Bedingungen gehalten werden. Dem ersten solcher Tiere, dem ich begegnete, war ein langsam wirkender, töd­licher Virus eingespritzt worden, und während der Jahre seines langsamen Sterbens wurde er einsam und allein in einem kleinen, kahlen Käfig im Inneren eines Gebäudes der U. S. National Institutes of Health gehalten.
    Werden Schimpansen eigens zu medizinischen Zwecken in Gefangenschaft gezüchtet, entkräftet dies zwar den Vorwurf der Ausrottung wilder Populationen. Doch das grundlegende Dilemma wird damit nicht gelöst, je­denfalls ebenso wenig, wie die fortgesetzte Versklavung der Nachkommen der in Amerika geborenen Schwar­zen nach dem Ende des afrikanischen Sklavenhandels im 19. Jahrhundert der Sklaverei in Amerika zur Aner­kennung verhalf. Warum ist es zulässig, Versuche

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