Der Dritte Zwilling.
ihr Mango-Sorbet und dachte: Das ist eindeutig kein Geschäftsessen. Du mußt dir rasch darüber klarwerden, wie dein zukünftiges Verhältnis zu Berrington aussehen soll.
Seit anderthalb Jahren hatte sie keinen Mann mehr geküßt. Seit Will Temple sie hatte sitzenlassen, hatte sie sich bis zum heutigen Tag nicht einmal auf eine Verabredung eingelassen. Sie trauerte Will nicht nach; ihre Liebe war erloschen.
Doch sie war wachsam.
Andererseits machte es ihr immer mehr zu schaffen, wie eine Nonne zu leben. Sie vermißte das Gefühl von Männerhaar auf der Haut; sie vermißte die maskulinen Gerüche - Fahrradöl und verschwitzte Footballhemden und Whiskey -, und vor allem vermißte sie den Sex. Wenn radikale Feministinnen erklärten, der Penis sei ein Feind, hätte Jeannie am liebsten erwidert: »Für dich vielleicht, Schwester.«
Sie warf Berrington, der genüßlich Äpfel in Karamelsoße aß, einen verstohlenen Blick zu. Sie mochte diesen Mann, trotz seiner scheußlichen politischen Ansichten. Er war klug - Jeannies Männer mußten intelligent sein - und hatte eine einnehmende Art. Sie achtete ihn seiner wissenschaftlichen Arbeit wegen. Er war schlank und sah fit aus, und vermutlich war er ein sehr erfahrener und geschickter Liebhaber. Und er hatte schöne blaue Augen.
Trotzdem, er war zu alt. Jeannie stand zwar auf reife Männer, doch Berry war ein bißchen zu reif.
Wie konnte sie ihn zurückweisen, ohne ihre Karriere zu zerstören? Die beste Strategie bestand wahrscheinlich darin, so zu tun, als würde sie seine Aufmerksamkeiten als väterlich und freundlich auffassen. Dann konnte sie vielleicht vermeiden, ihm gerade heraus ins Gesicht sagen zu müssen, daß zwischen ihnen beiden nichts lief.
Jeannie nahm einen kleinen Schluck Champagner. Der Ober hatte ihr immer wieder nachgeschenkt, und sie wußte nicht mehr genau, wieviel sie getrunken hatte. Auf jeden Fall war sie froh, nicht mehr fahren zu müssen.
Sie bestellten Kaffee. Jeannie bat um einen doppelten Espresso, um wieder nüchtern zu werden. Nachdem Berrington die Rechnung bezahlt hatte, fuhren sie mit dem Aufzug zum Parkplatz und stiegen in seinen silbernen Lincoln Town Car.
Berrington fuhr am Rande des Hafenviertels entlang und bog dann auf den Jenes Falls Expressway ein. »Dort ist das Stadtgefängnis«, sagte er und wies auf ein festungsähnliches Gebäude, das einen ganzen Straßenzug einnahm. »Da drinnen sitzt der Abschaum der Menschheit.«
Vielleicht ist Steve dort, ging es Jeannie durch den Kopf.
Wie hatte sie auch nur daran denken können, mit Berrington ins Bett zu gehen?
Jeannie verspürte nicht den Hauch von Wärme und innerer Zuneigung für diesen Mann. Jetzt schämte sie sich dafür, auch nur mit dem Gedanken gespielt zu haben. Als Berrington den Wagen vor ihrem Apartmenthaus an den Bordstein lenkte, sagte Jeannie mit resoluter Stimme: »Tja, dann, Berry, danke für den reizenden Abend.« Ob er dir die Hand gibt? fragte sie sich. Oder wird er versuchen, dich zu küssen? In letzterem Fall würde sie ihm die Wange darbieten.
Doch er tat weder das eine noch das andere. »Das Telefon in meiner Wohnung funktioniert nicht«, sagte er. »Ich müßte aber noch einen Anruf machen, bevor ich zu Bett gehe. Dürfte ich Ihren Apparat benutzen?«
Jeannie konnte schwerlich sagen: Zum Teufel, nein, halten Sie an einem Münzfernsprecher! Es sah ganz so aus, als müßte sie nun mit einem entschlossenen Annäherungsversuch fertig werden. »Natürlich«, sagte sie und unterdrückte einen Seufzer. »Kommen Sie mit rauf.« Sie fragte sich, ob sie darauf verzichten konnte, ihm Kaffee anzubieten.
Jeannie stieg aus dem Wagen und führte Berrington über die Veranda vor dem Hauseingang. Durch die Tür gelangten sie in eine winzige Eingangshalle, von der zwei weitere Türen abgingen. Eine führte in das Apartment im Erdgeschoß, das Mr. Oliver bewohnte, ein pensionierter Schauermann. Durch die andere Tür gelangte man ins Treppenhaus, das hinauf zu Jeannies Wohnung im zweiten Stock führte.
Verwundert runzelte Jeannie die Stirn. Die Tür zum Treppenhaus stand offen.
Sie ging hindurch und stieg die Treppe hinauf, gefolgt von Berrington. Sie sah, daß oben sämtliche Lichter brannten. Seltsam. Sie hatte ihre Wohnung vor Einbruch der Dunkelheit verlassen.
Durch das Treppenhaus gelangte man direkt ins Wohnzimmer. Jeannie trat ein und schrie auf.
Er stand am Kühlschrank, eine Flasche Wodka in der Hand. Er war abgerissen und unrasiert und machte einen leicht
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