Der Dritte Zwilling.
wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Um sein Phantasiebild vollständig zu machen, mußte er nur noch dafür sorgen, daß die Mädchen sich halb zu Tode erschreckten.
Er zwang sich zur Ruhe. Er würde die Sache nicht vermasseln, indem er jetzt übereilt handelte. Er brauchte ein paar Minuten, sich einen Plan zurechtzulegen.
Als alle Studenten verschwunden waren, schlenderte der Mann den Flur hinunter
- auf dem Weg, den das Mädchen genommen hatte.
Drei Türen befanden sich auf dem Korridor, je eine zu beiden Seiten und eine dritte am Ende des Flurs. Durch die Tür zur Rechten war das Mädchen verschwunden. Der Fremde öffnete die Tür am Ende des Flurs und stellte fest, daß sich dahinter ein großer, staubiger Raum befand, in dem klobige Maschinen standen: Heißwasserbehälter und Filter für das Schwimmbecken, wie er vermutete. Er trat ein und schloß die Tür hinter sich. Ein tiefes, elektrisches Summen war zu vernehmen. Der Fremde stellte sich ein Mädchen vor, das halb verrückt war vor Angst. Sie trug nur Unterwäsche - vor seinem geistigen Auge sah er ihren Büstenhalter und ihren Slip mit Blumenmuster - und lag auf dem Boden; aus schreckgeweiteten Augen schaute sie zu ihm hinauf, während er seine Gürtelschnalle öffnete. Für einen Moment genoß er diese Vorstellung und lächelte. Das Mädchen aus dem Phantasiebild war nur wenige Meter von ihm entfernt. Vielleicht überlegte sie genau in diesem Moment, wie sie den Abend verbringen sollte; vielleicht hatte sie einen Freund und fragte sich, ob sie es in der Nacht mit ihm treiben sollte. Oder sie war ein Erstsemester, einsam und ein bißchen schüchtern, und wußte nicht, was sie mit dem Sonntagabend anfangen sollte, außer sich Columbo anzuschauen. Oder sie mußte morgen, am Montag, vielleicht eine Arbeit abgeben und würde die Nacht aufbleiben, um sie fertigzuschreiben. Nichts von alledem, Baby. Heute ist Alptraum-Abend.
Der Fremde tat so etwas nicht zum erstenmal; allerdings war es diesmal einige Nummern größer als je zuvor. Solange er sich erinnern konnte, hatte es ihm Lust verschafft, Mädchen in Furcht und Schrecken zu versetzen. Auf der High School hatte er nichts lieber getan, als ein Mädchen allein abzufangen, irgendwo in einer Ecke, und ihr soviel Angst einzujagen, daß sie weinte und um Gnade winselte.
Deshalb hatte er immer wieder von einer Schule zur anderen wechseln müssen.
Manchmal hatte er sich mit Mädchen verabredet; aber nur, um so zu sein wie die anderen Jungs und jemanden zu haben, mit dem er Arm in Arm in eine Bar gehen konnte. Falls die Mädchen erwarteten, von ihm gebumst zu werden, tat er ihnen den Gefallen, doch stets war es ihm irgendwie sinnlos erschienen.
Der Fremde war der Ansicht, daß jeder irgendeine Macke hatte: Manche Männer zogen gern Frauenkleider an; andere standen darauf, daß Mädchen in Ledersachen und mit hochhackigen Schuhen auf ihnen herumtrampelten. Er hatte mal einen Burschen gekannt, für den der erotischste Teil eines Frauenkörpers die Füße waren: Der Typ hatte einen Ständer bekommen, wenn er durch die Damenschuhabteilung eines Warenhauses geschlendert war und beobachtet hatte, wie die Kundinnen sich die Schuhe an- und auszogen.
Seine Macke war es, Angst zu verbreiten. Es törnte ihn an, wenn eine Frau vor Furcht zitterte. Ohne Angst keine Erregung.
Er schaute sich methodisch um und entdeckte eine Leiter, die an der Wand befestigt war und hinauf zu einer eisernen Luke führte, welche von unten mit Riegeln verschlossen war. Rasch stieg der Fremde die Leiter hinauf, zog die Riegel zurück, stieß die Luke auf-und starrte auf die Reifen eines Chrysler New Yorker, der auf einem Parkplatz stand. Er rief sich ins Gedächtnis, welchen Weg er genommen hatte. Ja, er mußte sich im hinteren Teil des Gebäudes befinden. Er schloß die Luke wieder und stieg die Leiter hinunter.
Er verließ den Maschinenraum des Schwimmbeckens. Als er über den Flur ging, kam ihm eine Frau entgegen und bedachte ihn mit einem feindseligen Blick. Für einen Moment stieg Furcht in ihm auf; vielleicht fragte die Frau ihn, weshalb er sich vor dem Damenumkleideraum herumtrieb. Eine solche Auseinandersetzung war in seinem Plan nicht vorgesehen. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Frau sein ganzes Vorhaben über den Haufen werfen. Doch ihre Augen richteten sich auf seine Mütze; sie sah das Wort SECURITY, wandte den Blick von ihm ab und verschwand im Umkleideraum.
Er grinste. Er hatte die Mütze für 8 Dollar und 99 Cents
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