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Der Dritte Zwilling.

Der Dritte Zwilling.

Titel: Der Dritte Zwilling. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Steve«, sagte sie. »Aber Sie scheinen mir ein anständiger Bursche zu sein. Warum sagen Sie mir nicht einfach, wie es passiert ist?«
    »Das kann ich nicht«, erwiderte Steve. »Ich war’s nicht! Ich sehe dem Kerl wahrscheinlich nur ähnlich.«
    Die Frau lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander und bedachte Steve mit einem freundlichen Lächeln. »Ich kenne die Männer«, sagte sie in vertraulichem Tonfall. »Sie haben … Bedürfnisse.«
    Wenn ich es nicht besser wüßte, dachte Steve bei ihrem Anblick, würde ich ihre Körpersprache so deuten, daß sie scharf auf mich ist.
    Die Sergeantin fuhr fort: »Ich will Ihnen sagen, was ich glaube. Sie sind ein attraktiver Mann, und die Frau hat sich in Sie verguckt.«
    »Ich bin dieser Frau nie begegnet, Sergeant.«
    Sie beachtete ihn nicht. Sie beugte sich vor und legte eine Hand auf die seine.
    »Ich glaube, das Mädchen hat Sie angemacht.«
    Steve blickte auf ihre Hand. Sie hatte schöne Nägel, manikürt, nicht zu lang, und schimmernd von farblosem Nagellack. Doch die Hand war faltig. Die Frau war älter als vierzig. Vielleicht fünfundvierzig.
    Sie redete nun in verschwörerischem Tonfall, als wollte sie sagen: ›Das ist eine Sache nur zwischen uns beiden.‹ Leise sagte sie: »Die Frau wollte es, und Sie haben es ihr gegeben. Habe ich recht?«
    »Wie kommen Sie darauf?« entgegnete Steve zornig.
    »Ich weiß, wie Mädchen sind. Erst hat sie Sie heiß gemacht, und dann, im letzten Moment, hat sie sich’s anders überlegt. Aber es war zu spät. Ein Mann kann nicht einfach aufhören … so mir nichts, dir nichts. Kein richtiger Mann.«
    »Oh, hallo, so langsam kapiere ich«, sagte Steve. »Der Verdächtige sagt zu allem, was Sie von sich geben, ja und Amen, weil er glaubt, dadurch seine Lage zu verbessern. In Wirklichkeit aber gibt er zu, daß Geschlechtsverkehr stattgefunden hat – und schon haben Sie die halbe Miete in der Tasche.«
    Sergeant Delaware lehnte sich wieder zurück. Sie sah verärgert aus, und Steve vermutete, ins Schwarze getroffen zu haben.
    Sie erhob sich. »Also gut, Klugscheißer. Kommen Sie mit!«
    »Wohin gehen wir?«
    »Zu den Zellen.«
    »Moment mal. Wann ist die Gegenüberstellung?«
    »Sobald wir das Opfer erreichen konnten und hierhergebracht haben.«
    »Ohne einen Gerichtsbeschluß können Sie mich hier nicht ewig festhalten.«
    »Wir können Sie ohne jede gerichtliche Verfügung vierundzwanzig Stunden in Gewahrsam behalten. Also machen Sie jetzt das Maul zu, und kommen Sie mit!«
    Die Sergeantin stieg mit Steve in den Aufzug und führte ihn durch eine Tür in eine Halle, die in einem stumpfen Orangebraun gestrichen war. Ein Schild an einer Wand erinnerte die Beamten daran, Verdächtigen bei einer Durchsuchung nicht die Handschellen abzunehmen. Der Zellenwärter, ein schwarzer Polizist in den Fünfzigern, stand hinter einem hohen Schalter.
    »Hallo, Spike«, sagte Sergeant Delaware. »Ich habe hier einen unheimlich cleveren Collegeknaben für dich.«
    Der Zellenwärter grinste. »Wenn er so clever ist, warum ist er dann hier?«
    Die beiden lachten. In Zukunft, schwor sich Steve, wirst du die Klappe halten, wenn du einen Polizisten durchschaut hast. Aber das war einer seiner alten Fehler. Auf diese Weise hatte er sich schon seine Schullehrer zu Feinden gemacht. Einen Klugschwätzer konnte niemand leiden.
    Der Cop namens Spike war klein und drahtig, mit grauem Haar und kleinem Schnauzer. Er besaß eine muntere, kumpelhafte Ausstrahlung, doch in seinen Augen lag ein kalter Ausdruck. Er öffnete eine Stahltür. »Gehst du mit durch den Zellenblock, Mish?« fragte er. »Wenn ja, mußt du vorher deinen Ballermann überprüfen. Aber das weißt du ja.«
    »Fürs erste bin ich mit dem Jungen fertig«, sagte sie. »Ich hole ihn später für eine Gegenüberstellung ab.«
    »Hier entlang, Junge«, sagte der Zellenwärter. Steve ging durch die Tür.
    Und befand sich im Zellenblock. Wände und Decken wiesen die gleiche schmuddelige Farbe auf wie in der Vorhalle. Steve war der Meinung gewesen, der Aufzug hätte in der zweiten Etage gehalten, doch hier gab es keine Fenster.
    Er kam sich vor wie in einer Höhle, die tief unter der Erde lag, so daß er sehr lange brauchen würde, um wieder an die Oberfläche zu klettern.
    In einem kleinen Vorzimmer standen ein Tisch und ein Fotoapparat mit Stativ.
    Spike nahm einen Vordruck aus einem Fach. Obwohl Steve das Formular verkehrt herum lesen mußte, konnte er die Aufschrift erkennen: POLICE

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