Der Druiden-Schatz
mein eigentlicher Körper nicht mehr existierte, sondern zu einer Geistererscheinung geworden war.
Das, was man Gehirn nennt und so ungeheuer kompliziert war, arbeitete noch. Meine Gedanken liefen, sie hatten freie Bahn bekommen, ich konnte sehen, aufnehmen, fühlen, und ich dachte nicht über die Gründe nach, die dazu geführt hatten, sondern hielt mich an die Tatsachen. Ich befand mich in der Kiste.
Ich konnte sehen, alles erkennen und sah auch die beerdigte Chilea inmitten des Schmucks.
Grünfahles Licht umgab uns, so daß ich auch Einzelheiten erkennen konnte. Der Schmuck interessierte mich nicht, für mich war die Druiden-Königin von großem Interesse. Als Tote hatte ich sie erlebt, nun aber lebte sie weiter.
Eine Untote!
Sie lag innerhlb der Kiste. Gekrümmt, mit angewinkelten Armen und Beinen. Der Mund stand offen. Über ihre Zunge war Speichel gelaufen und vom Kinn auf das Geschmeide getropft. Ich sah noch ihre Augen, die wie Kugeln wirkten, und ich erlebte einen weiteren Teil der Druidenmagie.
Guywano mußte eine unglaubliche Macht besitzen, die zudem noch in das Grab reichte. Er hatte sie getötet. Chilea stemmte ihre Kräfte dagegen, und es war ihr gelungen, den Druidentod zu überwinden, so daß sie jetzt ein Zombie war.
Guywano wollte sie auch nicht als Zombie. Ich sah ihn nicht, aber ich spürte die Kraft, die von ihm ausging, obwohl er sich nicht in der Nähe befand. Auch mich wollte die Kraft erfassen, geriet jedoch an einen Schutzwall, der von meinem Kreuz stammen konnte, eine andere Erklärung hatte ich dafür nicht.
Chilea wurde nicht geschützt. Sie bekam die Macht des Guywano voll zu spüren. So konnte ich miterleben, wie das Grauen allmählich von ihr Besitz ergriff.
Ein schrecklicher Vorgang bot sich meinen Augen. Ich erlebte ihre Vernichtung oder Umwandlung, denn die Magie des Guywano begann damit, ihr die Haut von den Knochen zu lösen.
Wenn eine Wachspuppe von den langen Hammen eines Feuerstrahls getroffen wurde, sah es ähnlich aus wie in diesem Fall. Es begann am Gesicht, wo sich die Haut spannte, dann riß und sich nach verschiedenen Seiten zusammenrollte, so daß die blanken Knochen freigelegt wurden.
Grüne Knochen.
Ein Druiden-Skelett!
Das gleiche geschah an den Händen. Auch an den Füßen spannte sich die Haut, bevor sie der anderen Kraft nichts mehr entgegensetzen konnte und zerriß. Auch dort sah ich das fleischlose, grünlich schimmernde Gebein der Druiden-Königin.
Hatte ich sie bei meiner makabren Reise in das Druidengrab noch schreien gehört, so starb sie nun stumm. Nicht ein Stöhnen oder Ächzen drang aus ihrem Mund, an dem die Lippen wie zwei alte Schnürsenkel zerrissen. Sie nahm es hin, und schon bald schauten aus den Ärmellöchern die skelettierten Hände, wobei die Finger fast doppelt so lang wirkten wie gewöhnlich.
An den Füßen sah ich das gleiche.
Der übrige Teil des Körpers wurde von der Kleidung verdeckt. Dennoch konnte ich mit hundertprozentiger Sicherheit davon ausgehen, daß er auch nicht anders aussah.
Vor meinen Augen erfüllte sich die Rache des Guy-wano. Chilea wurde zu einem Skelett.
Wenn ich über den Begriff Zeit hätte nachdenken sollen, ich hätte nur mehr lachen können, denn sie war so unbedeutend geworden, daß sie für mich nicht mehr existierte.
Die Macht der Druiden und ihre Magie hielten mich umklammert und hätten mich unter Umständen vernichtet, wäre ich nicht durch das Kreuz geschützt gewesen.
So lebte ich weiter und sah mit an, wie sich das Skelett bewegte. Es war nicht tot, denn diese Macht besaß Guywano wohl nicht. Das von der Haut gefallene Heisch war geronnen wie Fett. Es klebte zwischen dem Geschmeide, wo es Lachen und Flecken bildete.
Wenn sich Chilea bewegte, vernahm ich auch das Klirren der Perlen, hörte es knistern und glaubte auch, ein Stöhnen zu vernehmen. Das Skelett schrumpfte zusammen. Daran dachte ich im ersten Augenblick, bis ich genauer hinsah und mir klarwurde, daß nicht das Skelett kleiner wurde, sondern ich mich weiter von ihm entfernte. Eine unbekannte Kraft hatte die Regie übernommen und drückte mich fort von den schrecklichen Vorgängen. Irgendwo hinein in eine andere Welt, vielleicht auch andere Zeit.
Als ich die Stimme vernahm, wußte ich sofort, wer da geredet hatte. Es war Guywano.
»Du lebst, John Sinclair, du hast Glück gehabt, daß du eine starke Waffe bei dir trägst, die zwar nicht gegen uns agiert, dich aber schützt, so daß wir es schwer haben, dich zu töten. Dennoch
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