Der Dschunken Doktor
richtigen Geruch aufgenommen haben. Die Krankheit ist manipuliert! Mein lieber Flitz … wir werden weiter zusammenarbeiten. Sie untersuchen das Gehirn der Toten …«
»Völlig wertlos … es liegt in Formalin!«
»Mein Freund, wir bluffen! Sie untersuchen und geben dann, ganz Geheimsache Nr. 1, bekannt, daß Sie etwas gefunden haben. Ich wette: Man wird unruhig werden.«
»Oder man wird mich auslachen, weil man weiß, daß in einem Formalinhirn nichts mehr zu entdecken ist!«
»Genies sehen immer etwas … wir werden ein Genie aus Ihnen machen! Der Ruf deutscher Wissenschaft macht das sogar glaubhaft. Denken Sie sich etwas ganz Geheimnisvolles aus, was Sie aus diesem Gehirn analysiert haben!«
»Das ist ein verdammt gewagtes Spiel, Mister Ting.«
»Ich weiß.« Ting Tse-tung faltete die Hände. »Aber bedenken Sie immer, was aus der Sache entstehen kann: Ein Chaos. Ein Verbrechen an der Menschheit!«
»Und ausgerechnet ich soll es aufhalten«, sagte Dr. Merker bitter. »Das ist eine Super-Science-fiction!«
»Das ist Gegenwart, Flitz.« Es war Ting unmöglich, Fritz korrekt auszusprechen. »Einen trifft es immer … jetzt und hier sind wir dran …«
Sehr zum Erstaunen von Dr. Wang ließ Dr. Merker noch am gleichen Tag die Obduktionspräparate abholen und ins Queen Elizabeth Hospital bringen … einschließlich des wertlosen Gehirns. Dr. Wang reagierte darauf sehr verschlossen und beleidigt, rief Dr. Merker im Hospital an und sagte, diese Handlung erfülle nun bald den Tatbestand der persönlichen groben Beleidigung und sei in hohem Grade unkollegial. Er sei in seiner Ehre tief getroffen.
Dr. Merker ließ zwei Tage verstreichen, in denen die Präparate unberührt im Kühlraum lagen. Die Arbeit einer Untersuchung konnte er sich sparen … es war sicher, daß Dr. Wang gerade die völlig zerstörte Leber bis ins kleinste Detail erforscht hatte. Dann gab er seinen Bericht bei Kommissar Ting ab und streute bei seinen Hirnanalysen ein paar geheimnisvolle und unverständliche Sätze ein. Nach diesen Formulierungen schien es so zu sein, daß er etwas entdeckt hatte, was zu einem normalen Hirn nicht gehörte.
Kommissar Ting sorgte dafür, daß dieser Verdacht als großes Geheimnis aus dem Polizeihauptquartier hinausschlich.
»Der Gerüchte-Drache ist unterwegs«, sagte er fröhlich zu Dr. Merker am Telefon. »Nun warten wir mal ab.«
Es geschah nichts aus dem Dunkel … dafür meldete sich die Sonne: Betty Harpers rief bei Dr. Merker an.
»Wie geht es dir, Fritz?« fragte sie fröhlich. Im Hintergrund war ein Plätschern zu hören.
Merker schloß einen Moment die Augen. Sie sitzt am Pool, dachte er. Unter einem der großen Sonnenschirme. Der Butler hat gerade einen kühlen Drink serviert. Von der Terrasse aus geht der Blick weit über Kowloon, den Hafen, die Inseln, bis hinüber nach Hongkong, wo die Berge hinter Victoria das weite Meer abschließen. Das schönste Panorama der Welt … keiner kann das leugnen. Soviel Schönheit kann trunken machen.
»Mies!« sagte Merker mit wehleidiger Stimme. »Wer plätschert da bei dir herum?«
»Hörst du das?« Sie lachte glockenhell. »Das ist James. Er spielt gerade Walroß. Er winkt mir zu, weil er weiß, daß ich mit dir spreche. Du sollst kommen. Das ist eine Einladung. Morgen um 22 Uhr. Eine Party. Du wirst kennenlernen, was in Hongkong der ›goldene Boden‹ heißt. Hast du einen weißen Smoking?«
»Ich könnte ihn mir notfalls leihen …«, sagte Merker verblüfft. McLindlay gab eine seiner berühmten Gartenpartys. Was da zusammenkam, repräsentierte ein Milliardenvermögen in Dollars! Und dazu lud man den kleinen deutschen Arzt ein.
»Was heißt notfalls … du kommst!« bestimmte Betty. »Bei dir wird in einer Stunde einer der besten Schneider von Hongkong erscheinen und Maß nehmen. Morgen abend hast du den schönsten weißen Seidensmoking von allen Gästen an.«
»Bitte nicht, Betty! Das ist nicht meine Kragenweite … Ich komme mit einem Leihkostüm …«
»Ich habe dich umgefahren, Fritz, du hast durch mich blaue Flecken bekommen … laß mir die Freude der Wiedergutmachung. Übrigens: Du mußt in einem Smoking toll aussehen! Du hast eine ausgesprochene Abendanzugfigur.«
»Du lieber Himmel, das gibt es auch?« Merker lachte schallend. »Man lernt nie aus. Aber Kompliment zurück: Du hast eine herrliche Bikinifigur!« Er legte auf, rief sofort Kommissar Ting an und berichtete ihm die Neuigkeit.
»Gratuliere«, sagte Ting Tse-tung verhalten.
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