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Der Dschunken Doktor

Der Dschunken Doktor

Titel: Der Dschunken Doktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eingebaute Bar war geöffnet. Merker nahm ein Glas Champagner, und mit dem Glas in der Hand sah er hinaus auf das wimmelnde Leben in der Chinesenstadt, auf die zuckenden Neonreklamen, auf die bunten, bemalten langen Fahnen, die an den Hausfassaden herunterhingen, auf den Wald von Schildern und Spruchbändern, das Wogen der Menschen und Rikschas, die Stände der Straßenhändler und das Heer der Armen, das die Gassen überflutete.
    Das ist der Gipfel des Snobismus, dachte Merker. Angetan mit einem Seidensmoking, in einem Rolls-Royce fahrend, ein Champagnerglas in der Hand, betrachtet man das Elend der Massen.
    Er stellte das Glas auf die Ablage der Bar zurück, lehnte sich in die Polster und kam sich irgendwie schuldbewußt vor. Er hätte sich nicht gewundert, wenn man ihn mit Steinen, faulem Obst oder sonstwas beworfen hätte. Aber niemand kümmerte sich um ihn, um den Rolls, um den weißlivrierten Chauffeur … es war, als gehörten sie eng zusammen: unbeschreibliches Elend und unbeschreiblicher Reichtum. Ein rätselhaftes, schicksalhaftes Konglomerat. Leben, wie es nur in Hongkong möglich ist.
    Am Einfahrtstor zu dem Schloß McLindlays standen jetzt zehn Uniformierte aus James' Privatarmee. Die elektronische und röntgenologische Kontrolle reichte bei diesem Ansturm der Gäste nicht mehr aus. Daß jeder der Eingeladenen gründlich untersucht wurde, sich das protestlos gefallen ließ, bewies einmal mehr, welche Macht McLindlay haben mußte und wie gefahrvoll man als Milliardär lebte. Immerhin bewies er Geschmack … seine Leibgarde trug die Traditionsuniform der englischen Kolonialtruppen um 1900.
    Dr. Merker wurde nicht kontrolliert. Der Rolls-Royce durfte sofort passieren, aber er wurde oben im Haus angekündigt. Betty Harpers empfing den deutschen Arzt in der riesigen Eingangshalle und begrüßte ihn ungeniert mit einem herzhaften Kuß.
    »Du siehst zum Verlieben aus«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Neunzig Prozent der anwesenden Frauen werden feuchte Augen bekommen. Und die Männer werden Erkundigungen einziehen: Wer ist der blendend aussehende Knabe?«
    »Ich kann ja mein Kliniknamensschild an das Revers heften.« Merker sah sich um. »Was ist denn los? Welch ein Auftrieb! Überall Blumen. Da siehst du, welch ein Bauer ich bin. Nicht einmal einen Strauß habe ich der Dame des Hauses mitgebracht.«
    »Du bist da – das ist die Hauptsache. James wird sich sehr freuen.«
    Und wie er sich freute. Er umarmte Dr. Merker, klopfte ihm auf den Rücken, ließ Champagner bringen und benahm sich, als seien sie Freunde vom Sandkasten her und hätten gemeinsam auf der Schulbank gesessen. Auch McLindlay trug einen Seidensmoking, nur hatte er sich ans Revers eine große rote Orchidee gesteckt, was sehr verwegen aussah und ein wenig affektiert.
    »Nun lernst du mal die große Gesellschaft von Hongkong kennen«, sagte James und faßte Dr. Merker unter. »Aber versprich mir, daß du nicht aussprichst, was du denkst.«
    Irgendwo in Kowloon saßen in diesem Augenblick drei Männer um einen Lautsprecher. Ein vierter hatte einen Kopfhörer umgeklemmt und nickte den anderen zu:
    »Jetzt habe ich ihn! Es klappt. Perfekte Arbeit!«
    Er drehte an einem Knopf des Lautsprechers, und plötzlich war Dr. Merkers Stimme im Raum. Klar und deutlich, umwoben von den vielen Nebengeräuschen im großen Empfangssalon von McLindlay. Merker sagte gerade:
    »Ich werde mich zurückhalten, James. Was ist heute eigentlich los?«
    »Nichts.«
    »Für nichts so ein Aufwand?«
    »Über Kosten rede ich nicht, und außerdem werden an diesem Abend einige Geschäfte getätigt. Im Vorbeigehen, bei einem Gläschen Champagner. Ah, da kommt Tsching Hao-jih. Den muß ich dir vorstellen.« Man hörte ein Anschwellen der vielen Stimmen, Gläserklirren, helles Frauenlachen, und dann wieder McLindlays Stimme. »Mein lieber Tsching … das ist mein neuer Freund Dr. Fritz Merker. Und hier, Fritz, siehst du einen der wichtigsten Männer der Welt.«
    »Zuviel der Ehre«, sagte Tsching Hao-jih. »Ich bin nur ein kleiner Händler.«
    »Das ist typisch.« James lachte dröhnend. »Fritz, hast du mal in Hamburg ein großes Feuerwerk gesehen?«
    »Mehrmals.«
    »Wo noch?«
    »In Köln – Rhein in Flammen, hieß das –, in Berlin, in München beim Oktoberfest, in Baden-Baden bei der Rennwoche …«
    »Und überall war irgendwie Tsching dabei! Überall, wo Raketen in den Himmel steigen, wo es bunte Sterne vom Himmel regnet und goldene Kaskaden am Nachthimmel aufsteigen,

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