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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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Rücken gegen die Tempeltür.
    »Bleibt mir vom Leib«, drohte sie. »Ich werden euch sonst die Augen auskratzen.«
    Hams und Tune näherten sich ihr von zwei Seiten. Rubinia wollte ihr zu Hilfe eilen, doch ihr Bruder hielt sie zurück.
    »Du kannst sie nicht aufhalten«, flüsterte er ihr zu. »Sie würden dich zusammen mit ihr aus dem Tempel werfen.«
    »Du hast ein Messer, hilf ihr«, flehte Rubinia ihren Bruder an, doch Gunder schüttelte den Kopf.
    »Was denkst du, was ich tun soll? Meine Nachbarn ermorden, weil sie eine Diebin ausliefern wollen, um ihr eigenes Leben zu retten? Ich kenne Hams, seit wir kleine Jungen waren. Wir haben zusammen an der alten Eiche gespielt. Wir haben uns zusammen auf dem Kürbisfest volllaufen lassen, um genügend Mut zu haben, ein Mädchen anzusprechen. Ich bin Pate seines ersten Sohnes. Nili steht da vorn. Soll ich seinen Vater vor seinen Augen erstechen, um eine Fremde zu retten?«
    Oda schrie auf, als Tune mit dem Kerzenständer nach ihr stieß. Leichtfüßig wich sie zur Seite aus, hatte aber nicht bedacht, dass dort auch noch ein Gegner wartete. In diesem Moment sprang Hams auf sie zu und schlug ihr den Holzknüppel mit voller Wucht über den Schädel. Oda vollführte eine Pirouette, bei der ihre Füße aber an Ort und Stellen stehen blieben. Bevor sie auf den Boden stürzte, hatte Tune sie aufgefangen.
    »Seid ihr denn vollkommen wahnsinnig geworden?«, schrie Rubinia.
    Hams und Tune beachteten sie nicht, genau wie alle anderen. Hams zog den Riegel der Tempeltür zurück, während Tune versuchte, Oda auf einer der Bänke abzulegen. Knarrend öffnete sich die schwere Holztür. Die beiden Halblingsmänner packten Oda an den Armen und zogen sie hinaus ins Freie.
    Die Zwerge standen immer noch   – oder wieder   – regungslos am Brunnen und starrten zum Tempel herüber. Nichts wies darauf hin, dass sie Feuer gelegt hatten. Auch von dem Armbrustschützen war weit und breit nichts zu sehen.
    »Am besten, wir legen sie einfach hier vorne auf der Veranda ab«, sagte Tune, als er begriff, was Hams vorhatte. »Dann können sie sich diese Diebin selber abholen.«
    »Nichts da! Ich will, dass sie mir in die Hand versprechen, dass sie uns in Ruhe lassen, wenn sie haben, was sie wollen.«
    Tune gab sich geschlagen. Er und Hams schleiften Oda quer über den Platz. Die junge Halblingsfrau schien immer noch bewusstlos zu sein. Die von den Zwergen getöteten Halblinge lagendort, wo sie zusammengebrochen waren im Sand, auf den Pflastersteinen rund um den Brunnen oder auf dem grünen Rasenstück vor der alten Eiche. Aus einigen ragten Bolzenschäfte heraus, andere sahen nur aus, als wenn sie schliefen. Über der Gartenpforte der Grünblatts hing einer der Neffen von Vanilla. Nichts regte sich. Hams und Tune, die ebenfalls Freunde und Verwandte zu beklagen hatten, hielten den Blick starr auf die beiden Zwerge gerichtet.
    Einige Schritt vor den beiden Zwergenkriegern blieben sie stehen. Hams zog Oda am Zopf, um den Bärtigen ihr Gesicht zu zeigen. Er sagte etwas, es war jedoch zu weit weg, als dass Rubinia es verstehen konnte.
    Als die Zwerge nicht reagierten, zogen Hams und Tune Oda ein Stück weiter vor und legte sie direkt zu Füßen der Bärtigen ab.
    Einen Moment schien es so, als hätten sich Halblinge und Zwerge mittels Blicken geeinigt. Die beiden Brüder Furtfuß ließen Oda liegen und wandten sich ab. Bevor sie jedoch noch einen Schritt machen konnten, fielen die Zwergenkrieger über sie her. Der eine schlug Tune den schweren Streithammer gegen den Hinterkopf, der andere trieb Hams die Axt zwischen die Schulterblätter. Keiner der Halblinge hatte den Angriff kommen sehen. Schutzlos und ohne Gegenwehr wurden die beiden Brüder dahingemetzelt.
    Die Gemeinschaft im Tempel starrte fassungslos auf die Szenerie. Wende kreischte und weinte um ihren Mann und ihren Schwager. Nili klammerte sich heulend an seine Mutter. Auch die anderen Kinder fingen an zu schluchzen. Suse Findlings versuchte, sie zu beruhigen und von der Tür fortzuscheuchen. Sie nahm ein kleines Mädchen auf den Arm. Plötzlich versagten ihr die Beine den Dienst. Sie fiel auf die Knie. Das Kind rutschte aus ihrer Umarmung. Mira Butterblums konnte es gerade noch rechtzeitig auffangen.
    Suse Findlings kniete. Ihre Arme hingen schlaff herunter. Dann fiel sie vorn über, mitten in den Kreis aus Kindern. Ein Bolzenragte aus ihrem Rücken, eine Handbreit unter der Schulter. Der helle Stoff ihres Umhanges färbte sich um den Schaft

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